Homöopathie für Kinder |
05.09.2005 00:00 Uhr |
Viele Eltern äußern in der Apotheke den Wunsch, ihr krankes Kind mit alternativen Heilmethoden zu behandeln. Geeignet dafür sind homöopathische Arzneimittel. Richtig ausgewählt und dosiert helfen sie, Beschwerden der kleinen Patienten schnell zu lindern.
Homöopathische Arzneimittel eignen sich vor allem für die Behandlung leichterer Beschwerden von Säuglingen, Klein- und Schulkindern. Allerdings raten Homöopathie-Befürworter nicht in jedem Fall zum Einsatz dieser Arzneimittel. Eine leichte Erkältung des Kindes muss zum Beispiel nicht unbedingt behandelt werden. Hier können zunächst auch bewährte Hausmittel wie Lindenblütentee, Kamillendampf-Inhalation und Halswickel eingesetzt werden. Zudem müssen die angegebenen Grenzen der homöopathischen Selbstbehandlung beachtet werden. So ist zum Beispiel bei starken Schmerzen, hohem Fieber, Kreislaufproblemen oder Schwächegefühl unbedingt ein Besuch beim Kinderarzt anzuraten.
Schnupfen ist nicht gleich Schnupfen
Erkältungssymptome wie Husten, Schnupfen und Halsweh eignen sich für die homöopathische Behandlung, auch bei Kindern. Atmet der Säugling wegen verstopfter Nase ausschließlich durch den Mund und spuckt wiederholt seinen Schnuller aus, um Luft zu holen, ist Sambucus nigra (meist D2 oder D3) Mittel der Wahl.
Schnupfen, der vor allem abends und nachts schlimmer ist und sich an der frischen Luft bessert, kann bei den meist weinerlichen und anlehnungsbedürftigen Kindern mit Pulsatilla pratensis (Wiesen-Küchenschelle) behandelt werden. Pulsatilla wirkt zudem auch bei Kindern, die sich mit zu viel Süßem den Magen verdorben haben und an Bauchschmerzen leiden.
Beginnt die Nase zu laufen, wenn das Kind von draußen ins Warme kommt und ist der Schnupfen auf einen Wetterwechsel oder eine Durchnässung zurückzuführen, helfen Streukügelchen des Bittersüßen Nachtschattens (Solanum dulcamara).
Schulkindern mit verstopfter Nase und dickem, gelben, zähen Schleim, aber auch Säuglingen mit chronischem Schnupfen mit zähem Sekret kann mit Kalium bichromicum geholfen werden.
Husten lindern
Hat sich das Kind an kalter, trockener Luft erkältet und wenige Stunden danach setzt ein heftiger, trockener Husten ein, ist Aconitum napellus (Blauer Eisenhut) indiziert. Typisch sind ein brennendes und zusammenschnürendes Gefühl im Hals, Durst auf kalte Getränke, Unruhe und Angst. Der Blaue Eisenhut ist zudem bei plötzlich einsetzendem und rasch ansteigendem Fieber (»trockenes Fieber«) ein klassisches Erstmittel.
Bei einem bellenden, trockenen und krampfartigen Husten, dessen Auslöser feuchtkalte Witterung ist, ist Belladonna die richtige Empfehlung. Das Gesicht ist heiß und hochrot, das Kind hat hohes Fieber und schwitzt, klagt über starke Halsschmerzen und wird nachts oft vom Husten geweckt.
Bei schnell aufeinander folgenden, krampfartigen Hustenanfällen, die durch Brennen und Kitzeln im Hals, Essen und Trinken ausgelöst werden und in schlimmen Fällen mit Würgen und Erbrechen einhergehen, hilft Drosera (Rundblättriger Sonnentau). Charakteristisch sind Schmerzen in der seitlichen Brust beim Husten.
Hält sich das Kind beim Husten dagegen den Brustkorb, klagt über Kopfschmerzen und sind die Beschwerden vor allem in warmen Räumen und bei den Mahlzeiten stärker, kann Bryonia cretica (Zaunrübe) Abhilfe schaffen.
Zur Behandlung von Husten mit vermehrter Schleimbildung sind Ipecacuanha (bei krampfartigem, erschöpfenden Husten, der mit Würgen und Erbrechen endet) und Pulsatilla (bei einem tagsüber trockenen Husten, der nachts in einen produktiven Husten übergeht) geeignete homöopathische Mittel.
Gegen einen dicken Hals
Bei vergrößerten Mandeln, Schluckbeschwerden, Hitze und Brennen im Hals und wenig Durst kann Belladonna eingesetzt werden. Wenn vor allem eine akut-entzündliche Rachenschleimhaut und geschwollene Lymphknoten im Vordergrund stehen, kann den Eltern zu Phytolacca-Globuli (Kermesbeere) geraten werden.
Bei Schmerzen, die links im Hals beginnen und ein starkes Engegefühl verursachen, hilft auch Lachesis (getrocknetes Gift der Buschmeisterschlange). Lycopodium (Bärlapp) wirkt dagegen, wenn die rechte Mandel zuerst angeschwollen ist und beim Schlucken auch die Ohren schmerzen.
Vorsicht bei Ohrenschmerzen
Dringen Erreger aus dem Nasen-Rachen-Bereich oder über das Blut ins Mittelohr vor, kann sich dort eine schmerzhafte Entzündung (Otitis media), von der häufig Kleinkinder betroffen sind, entwickeln. Wegen der Gefahr einer Hirnhautentzündung ist bei Säuglingen und Kleinkindern mit Ohrenschmerzen immer ein Arztbesuch anzuraten, besonders dann, wenn Fieber hinzukommt, das Hörvermögen nachlässt oder das Ohr berührungsempfindlich und gerötet ist. Begleitend kann eine beginnende Mittelohrentzündung mit Belladonna (bei plötzlich einsetzenden, klopfenden Schmerzen) und Ferrum phosphoricum (bei einer sich langsam entwickelnden Entzündung mit leichtem Fieber) behandelt werden. Die beiden Mittel können auch abwechselnd eingenommen werden, wenn sich die Symptome nicht eindeutig dem einen oder anderen Mittel zuordnen lassen.
Berichten Eltern über Ohrenschmerzen des Kindes, das zudem unruhig und gereizt ist und an Durchfall leidet, können auch Zahnungsbeschwerden die Ursache sein. Mit Chamomilla-Globuli, einem typischen Kindermittel, können Zahnfleischentzündung, Schmerzen und Unruhe erfolgreich gebessert werden.
Auf Reisen gewappnet
Eine gute Wirkung bei Reiseübelkeit haben Cocculus und Borax bewiesen, Letzteres ist besonders geeignet bei Unwohlsein durch Luftlöcher beim Fliegen. Die beiden Mittel sollten in einer homöopathischen Reiseapotheke genauso wenig fehlen wie Okoubaka zur Vorbeugung und Behandlung von Reisedurchfall und Arnica zur Behandlung von Prellungen, Blutergüssen und kleineren Verletzungen.
Faustregeln für die Praxis In der Selbstmedikation sollten ausschließlich tiefe D-Potenzen verwendet werden. C-Potenzen gehören in die Hand eines Homöopathen und Heilpraktikers. Bei Akutzuständen gilt meist die D6-Potenz, im Fall toxikologisch wirksamer Substanzen wie Mercurius solubilis besser D12, als geeignet.
Schulkinder nehmen zu Beginn stündlich fünf Globuli (entspricht einer Tablette beziehungsweise 5 Tropfen), Kleinkinder drei und Säuglinge ein Globuli. Bessern sich die Symptome, werden Einnahmehäufigkeit und Dosis reduziert. Die D12-Potenz sollten auch im Akutfall nicht häufiger als viermal pro Tag eingenommen werden.
Wichtig für die Beratung: Der Patient sollte darüber aufgeklärt werden, dass es zu Beginn der Behandlung zur Verschlimmerung der Symptome kommen kann. Diese homöopathische Erstverschlechterung ist ein Zeichen dafür, dass die Therapie anschlägt und das richtige Mittel ausgewählt wurde. Experten raten, die Zuckerkügelchen vor der Einnahme nicht auf die Handfläche zu nehmen, sondern sie mittels eines Plastiklöffels (niemals Metalllöffel) einzunehmen. Eine homöopathische Zubereitung wirkt am besten, wenn der Patient 15 Minuten vor und nach der Einnahme nichts isst.
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