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Sartane und Sport gegen Bluthochdruck

08.08.2005  00:00 Uhr
Telmisartan

Sartane und Sport gegen Bluthochdruck

von Sven Siebenand, Köln

Zur Behandlung des Bluthochdrucks gehört eine vermehrte körperliche Bewegung sowie eine medikamentöse Therapie. Für Patienten mit metabolischem Syndrom könnte der AT1-Blocker Telmisartan Vorteile haben. Die Substanz aktiviert den PPAR-γ-Rezeptor, der unter anderem an der Regulation der Insulinsensitivität beteiligt ist.

»Um Herz und Gefäße gesund zu halten, muss sich der Mensch regelmäßig mindestens zweimal pro Woche 30 min intensiv bewegen«, sagte Professor Dr. Walter Tokarski von der Deutschen Sporthochschule Köln bei einem Pressegespräch von Bayer Vital. Das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen könne dadurch um 15 Prozent gegenüber einem sportlich inaktivem gesenkt werden. Professor Dr. Hans-Georg Predel, ebenfalls Deutsche Sporthochschule Köln, fügte hinzu, dass knapp zwei Drittel aller Deutschen keinen Sport treiben. Gerade Hypertoniker müssten aber zu vermehrter Aktivität motiviert werden, da eine regelmäßige körperliche Betätigung den Blutdruck um durchschnittlich 6 bis 12 mmHg senke. Insofern sollten Hypertoniker dazu motiviert werden, mehr Bewegung in den Alltag zu integrieren.

Prävention von Kindesbeinen an

Am besten gelingt dies laut Dr. Dieter Lagerström, Deutsche Sporthochschule Köln, durch »Friluvtsliv«, eine Bewegung, die aus Norwegen stammt und frei übersetzt „das Leben an der freien Luft” bedeutet. «Friluvtsliv« steht für eine Lebensform, die von viel Aktivität in der Natur geprägt ist. »Raus aus dem Fernsehsessel und ab in die Natur«, so lautet Lagerströms Credo für eine gesunde Lebensweise. In Norwegen hat dieses Konzept im wahrsten Sinne des Wortes bereits Schule gemacht. »Friluvtsliv« ist als Schulfach fest im Lehrplan verankert. Schüler und Lehrer verbringen unabhängig vom Wetter einen Tag pro Woche mit Aktivitäten im Freien. So wird bereits von Kindesbeinen an den weit verbreiteten Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Übergewicht und Bewegungsmangel vorgebeugt. Dieses Projekt und auch die Einführung der täglichen Sportstunde in Norwegen macht Lagerström dafür verantwortlich, dass die Skandinavier in der Prävention kardiovaskulärer Ereignisse weltweit Spitzenreiter sind.

Antihypertensiva gezielt einsetzen

»Selbstverständlich brauchen Hypertoniker darüber hinaus eine adäquate medikamentöse Behandlung«, sagte Predel. In vielen Fällen werde gemäß aktueller Leitlinien der Deutschen Hochdruckliga mit einer Kombinationstherapie begonnen. Die Antihypertensiva sollten individuell entsprechend der jeweiligen Risikofaktoren des Patienten ausgewählt werden. Was das bedeutet, machte der Sportmediziner am Bespiel eines adipösen Hypertonikers deutlich, der nach neuesten Erkenntnissen vor allem durch viszerales Fettgewebe gefährdet ist. Denn dieses ist endokrin aktiv und setzt unter anderem das Renin-Angiotensin-System und mikroinflammatorische Prozesse des Gefäßsystems in Gang. Adipöse Hypertoniker sollten daher mit einem stoffwechselneutralen Mittel behandelt werden, welches zusätzlich das Renin-Angiotensin-System hemmt. Als Primärmedikation bieten sich ACE-Hemmer beziehungsweise Angiotensin-I-Hemmer eventuell in Kombination mit einem niedrig dosierten Diuretikum an, so Predel.

»Poly pill« würde Risiko senken

Theoretisch wäre laut Professor Dr. Thomas Unger vom Center for Cardiovascular Research in Berlin sogar das Konzept der „poly pill” sinnvoll. Mit einer einzigen Tablette werden dabei gleich mehrere Risikofaktoren günstig beeinflusst. Das Konzept wurde erstmals 2003 offiziell vorgestellt. Die britischen Autoren errechneten, dass sich die kardiovaskuläre Gefährdung deutlich reduzieren lässt durch die Einnahme einer Tablette, die LDL-Cholesterol, Blutdruck, Homocystein und Thrombozytenaggregation senkt. Vorgeschlagen wurde, dass die Tablette einen Betablocker, einen ACE-Hemmer, ein Thiazid, ein Statin, Acetylsalicylsäure und Folsäure enthalten solle. In einer Metaanalyse mit mehr als 400.000 Patienten wurde rechnerisch nachgewiesen, dass diese Tablette das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse um 88 Prozent senkt und durchschnittlich elf Lebensjahre »dazu gewonnen« werden. „Bei einer Befragung von 13.000 Patienten in den USA gaben 95 Prozent an, eine solche »poly pill« zur Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen einnehmen zu wollen” , informierte Unger. Die Alternative Sport finde leider weniger Akzeptanz.

Sartane mehr als nur Blutdrucksenker

Die »poly pill« ist zunächst nur ein theoretisches Konzept. Allerdings scheint es mit den verfügbaren Antihypertensiva Möglichkeiten zu geben, neben dem Blutdruck auch andere kardiovaskuläre Risikofaktoren günstig zu beeinflussen. So gibt es zahlreiche Hinweise auf pleiotrope Wirkungen der Angiotensin-I-Antagonisten. Sowohl tierexperimentell als auch in Untersuchungen beim Menschen wurde dokumentiert, dass zum Beispiel Telmisartan (Kinzalmono®) die Insulinempfindlichkeit steigert und somit die Insulinresistenz verbessert. Das Sartan habe zudem günstige Auswirkungen auf den Lipidstoffwechsel, indem es das Gesamtcholesterol und LDL senkt und gleichzeitig das HDL steigert. Vermittelt werden diese Effekte durch Aktivierung des PPAR-γ-Rezeptors (Peroxisome Proliferator-Activated Receptor). Allerdings wirken die Sartane nicht als reine Agonisten wie die Antidiabetika Pioglitazon und Rosiglitazon, sondern fungieren als selektive PPAR-γ-Modulatoren (SPPARMs). Das habe den Vorteil, dass es nicht zur Wassereinlagerung und Gewichtszunahme wie unter einer Glitazon-Therapie kommt. In klinischen Studien soll der Zusatznutzen der Sartane, der zu einer nachhaltigen Minderung des kardiovaskulären Risikos des Hypertonikers beitragen könnte, nun weiter untersucht werden. Top

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