Hormone in der Menopause erhöhen Thromboserisiko |
17.07.2000 00:00 Uhr |
Frauen mit koronaren Herzkrankheiten, die in der Postmenopause Estrogen in Kombination mit Progestin einnehmen, erkranken häufiger an einer venösen Thrombose. Die behandelnden Ärzte sollten bei solchen Präparate auch unter diesem Gesichtspunkt den Nutzen gegen das Risiko abwägen, folgern Wissenschaftler aus einer Studie mit knapp 2800 Patientinnen.
Venöse Thromboembolien treten in der Bevölkerung mit einer jährlichen Inzidenz von 1 bis 4 pro 1000 Erwachsene relativ selten auf. Bei Personen mit vorheriger venöser Thromboembolie, nach chirurgischen Eingriffen, Immobilisierung, nach Frakturen der unteren Extremitäten, Krebserkrankungen und bei vererbten Gerinnungsstörungen ist das Risiko jedoch wesentlich höher. Auch perorale Kontrazeptiva gelten als Risikofaktor. Für diesen Effekt wird Estrogen verantwortlich gemacht; die Risikoerhöhung ist dosisabhängig.
Die biologische Aktivität der Estrogene als Teil einer postmenopausalen Hormonersatztherapie (HRT) beträgt nur ein Viertel bis ein Fünftel im Vergleich zu der der Wirkstoffe in modernen Kontrazeptiva. Bislang existiert kein überzeugender Beweis dafür, dass eine niedrig dosierte Estrogentherapie vermehrt zu venösen Thromboembolien führt. Neuere Untersuchungen lassen jedoch vermuten, dass die postmenopausale Hormontherapie mit einer zwei- bis vierfachen Risikozunahme für idiopathische, tiefe venöse Thrombosen und Lungenembolien einhergeht.
Um eine mögliche Risikosteigerung aufzuklären, verabreichten Wissenschaftler jetzt in einer randomisierten, blinden und placebokontrollierten Studie 2763 postmenopausalen Frauen mit nachgewiesener koronarer Herzkrankheit täglich 0,625 mg konjugiertes Estrogen kombiniert mit 2,5 mg Medroxyprogesteronacetat. Die Frauen waren im Schnitt 67 Jahre alt und hatten zuvor weder eine venöse Thromboembolie erlitten oder sich einer Hysterektomie unterzogen. Als Beurteilungskriterien einer möglichen Risikosteigerung bestimmten die Wissenschaftler die Anzahl tiefer, venöser Thrombosen oder Lungenembolien.
Während einer durchschnittlichen Beobachtungszeit von 4,1 Jahren traten bei 34 Frauen unter Verum und bei 13 Frauen in der Placebogruppe venöse, thromboembolische Ereignisse auf. Dies entspricht einer Risikosteigerung von 3,9 pro 1000 Frauenjahren. Die Unterschiede waren signifikant. Eine Multivarianzanalyse ergab, dass das Risiko, eine venöse Thrombose zu erleiden, besonders bei Patientinnen mit Frakturen der unteren Extremitäten (Faktor 18,1) oder Krebserkrankungen (Faktor 3,9), bei Patienten bis 90 Tage nach einem stationär durchgeführten Eingriff (Faktor 4,9) oder bei einem nicht-chirurgischem Krankenhausaufenthalt (Faktor 5.9) steigt. Das Thromboserisiko sank dagegen um die Hälfte, sofern die Patientinnen Acetylsalicylsäure oder einen CSE-Hemmer einnahmen.
Quelle: Grady, D., et al. Ann. Intern. Med. 132 (2000) 689 -
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