Neurokininantagonist verhindert Brechreiz nach Zytostatika |
19.07.1999 00:00 Uhr |
Der Neurokinin-1-Rezeptorantagonist L-754,030 kann Erbrechen nach Behandlung mit Cisplatin verhindern. Seine Wirkung läßt sich durch Granisetron und Dexamethason sogar steigern, so die Ergebnisse einer Studie, die kürzlich im New England Journal of Medicine veröffentlicht wurden.
Erbrechen und Übelkeit zählen zu den schwerwiegendsten und unangenehmsten Nebenwirkungen einer Chemotherapie. Die Lebensqualität wird deutlich eingeschränkt, und einige Patienten lehnen möglicherweise eine kurative Zytostatikatherapie ab. Cisplatin wirkt ausgesprochen emetogen. Das durch Cisplatin ausgelöste Erbrechen wird in eine akute Phase (innerhalb von 24 Stunden nach der Chemotherapie) und eine verzögerte Phase (2 bis 5 Tage nach Therapie) eingeteilt. Schweres akutes Erbrechen tritt bei nahezu allen Patienten auf, die eine Dosis = 50 mg pro m² Körperoberfläche und kein Antiemetikum erhalten. Das verzögerte Erbrechen tritt bei 57 bis 89 Prozent der Behandelten auf.
Erbrechen wird prophylaktisch mit Dopamin- und Serotonin-(5HT)-Rezeptorblockern behandelt. Beide Rezeptoren befinden sich im Brechzentrum des Hirnstammes. In diesen Bereichen befinden sich außerdem Substanz-P-Rezeptoren. Die bislang erfolgreichste Prophylaxe akuten Erbrechens gelingt mit einer Kombination aus 5HT3-Antagonisten wie Granisetron oder Ondansetron mit Dexamethason. Die Erfolgsrate hierbei liegt bei 48 bis 91 Prozent.
Beim verzögerten Erbrechen sind diese Antagonisten weniger wirksam, der bislang günstigste Effekt läßt sich mit Kombination eines 5HT3-Antagonisten oder Metoclopramid und Dexamethason erzielen. Die Erfolgsrate hierbei liegt bei 52 bis 69 Prozent.
Substanz P ist eines von vier Tachykininen, die in Neuronen vorkommen, unter anderem in der Area postrema. Exogen zugeführte Substanz P führt zum Erbrechen. Die biologischen Wirkungen der Substanz P werden über einen Neurokinin-1-Rezeptor vermittelt.
L-754,030, ein Morpholinacetal, ist ein potenter und selektiver Neurokinin-1-Rezeptorantagonist. Mit den Substanzen konnte im Tierversuch beim Frettchen Cisplatin-induziertes Erbrechen verhindert werden. Zudem beobachteten Wissenschaftler in Kombination mit Dexamethason oder Ondansetron einen additiven Effekt. Erste Erfahrungsberichte am Menschen scheinen den positiven Effekt von L-754,030 zu bestätigen.
In einer multizentrischen placebokontrollierten Doppelblindstudie wurde jetzt der antiemetische Effekt bei 159 Probanden untersucht. Zudem untersuchten die Forscher die Verträglichkeit des neuen Arzneistoffes. Die Patienten, die noch nie mit Cisplatin behandelt worden waren, erhielten 70 mg/m² Cisplatin. Vor der Cisplatin-Dosis erhielten alle Patienten Granisetron (10 mg/kg KG intravenös) und Dexamethason (20 mg peroral). Die Patienten nahmen randomisiert zusätzlich bei einem von drei Behandlungszyklen
In der akuten Phase trat bei insgesamt 93 Prozent der Patienten in den Gruppen 1 und 2 und bei 67 Prozent der Patienten in Gruppe 3 kein Erbrechen auf. In der verzögerten Phase litten 82 Prozent in Gruppe 1, 78 Prozent in Gruppe 2 und 33 Prozent in Gruppe 3 nicht unter Erbrechen. Der mittlere Score in der verzögerten Phase war in Gruppe 1 signifikant niedriger als in Gruppe 3. L-754,030 wurde gut vertragen.
Quelle: Navari, R. M., et al., N. Engl. J. Med. 340 (1999) 190 -195.
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