Mehr Regeln für Nahrungsergänzungsmittel |
19.04.2004 00:00 Uhr |
Einer von vier Amerikanern nimmt regelmäßig Supplemente ein, von denen er sich Gesundheit und ein langes Leben verspricht. Dabei gehen die meisten Verbraucher davon aus, die Präparate seien von der amerikanischen Zulassungsbehörde FDA getestet und für sicher befunden. Diese Annahme ist jedoch falsch, denn seit 1994 gelten laut amerikanischem Gesetz alle Nahrungsergänzungsmittel grundsätzlich als sicher – bis die FDA das Gegenteil bewies.
Und hier liegt das Problem. Nebenwirkungen werden nicht systematisch erfasst, nur bei unerklärlichen Todesfällen oder schweren unerwünschten Wirkungen erhalten die Behörden entsprechende Meldungen. So kann es wie im Fall von Ephedra sieben Jahre dauern, bis die FDA ausreichend Daten gesammelt hat, entsprechende Produkte zu verbieten. Bis dahin, das heißt bis Januar dieses Jahres, hatte das vermeintliche Allheilmittel bereits 155 Tote gefordert und wurde mit 16.000 Meldungen zu Nebenwirkungen, einschließlich Tachykardien und erhöhtem Blutdruck, in Verbindung gebracht.
Mangelnde Daten
Der nun vorliegende Bericht des nationalen Medizininstituts (IoM) bestätigt, dass nahezu keine Daten zur Effektivität oder Toxizität der 29.000 in den USA verkauften Nahrungsergänzungsmittel vorliegen. Ursprünglich ging man bei diesen Präparaten davon aus, dass sie als natürliche, traditionelle und schon lange angewandte Mittel nicht getestet werden müssten. „Die Tatsache, dass eine Substanz über mehrere Jahre konsumiert wurde, zeigt nicht, dass sie ohne Nebenwirkungen konsumiert wurde“, kommentieren jedoch die Autoren des IoM-Berichts.
Schließlich sind viele, auch traditionelle Heilmittel so häufig verändert worden, dass niemand für ihre Sicherheit garantieren kann. Zudem variieren sie in ihrer Qualität, der Konzentration ihrer Inhaltsstoffe und nicht selten werden Pflanzenteile verwandt, die ursprünglich nicht als Droge eingesetzt wurden. Eine Untersuchung an 260 traditionellen asiatischen Heilmitteln ergab, dass ein Viertel davon hohe Konzentrationen toxischer Metalle wie Blei oder Quecksilber aufwiesen. In 7 Prozent der Fälle waren sogar nicht deklarierte Arzneistoffe beigemischt, um den Effekt zu erhöhen.
Der Bericht des IoM bestätigt viele der Gefahren, bezeichnet es jedoch für nahezu unmöglich, klinische Studien zur Sicherheit von Nahrungsergänzungsmitteln zu etablieren. Schließlich würden diese nicht wie Arzneimittel nach festen Schemata eingenommen.
Dennoch fordern die Autoren ein Überwachungsprogramm, dass der FDA helfen soll, entsprechende Risiken zu identifizieren. Dabei sollte das Erkennen eines signifikanten oder unzumutbaren Risikos künftig ausreichen, Produkte vom Markt zu nehmen. Hierzu könnten neben Verbraucherdaten auch solche aus Tierexperimenten zählen. Vor allem aber möchte das Institut die Hersteller verpflichten, die FDA über alle eingehenden Meldungen zu Nebenwirkungen zu informieren. Laut dem Bericht erfährt die Behörde derzeit nur von weniger als 0,5 Prozent. Zudem sollen künftig auch die Verbraucher helfen, gefährliche Produkte schneller aufzudecken. Die Autoren des IoM schlagen vor, auf allen Präparaten die Nummer einer kostenlosen Telefonhotline zu platzieren, über die Verbraucher von produktbedingten Problemen berichten können. Schließlich plädieren sie dafür, Hersteller gesetzlich zu verpflichten, Daten zur Sicherheit ihrer Produkte bei Änderungen der Zusammensetzung oder Neueinführungen vorzulegen. Ob dies jedoch beschlossen wird, bleibt vorerst offen.
Quellen:
© 2004 GOVI-Verlag
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