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Antibiotika richtig einnehmen

21.03.2005  00:00 Uhr
Gyrasehemmer

Antibiotika richtig einnehmen

von Friederike Lewark und Egid Strehl, Freiburg

Auf Grund ihres breiten Wirkspektrums nehmen Chinolone eine wichtige Rolle in der Therapie zahlreicher Erkrankungen ein. Das Vorkommen spezieller, bei anderen Antibiotikaklassen nicht bekannten Wechselwirkungen erfordert jedoch bei der Anwendung Kenntnisse zur Vorerkrankung des Patienten und dessen Begleitmedikation.

Allen Fluorchinolonen gemeinsam ist die Interaktion mit zwei- und dreiwertigen Kationen, wie Magnesium, Calcium, Zink, Eisen und Aluminium. Sie bilden mit Antacida, Eisen- und Multivitaminpräparaten, Milchprodukten, Sucralfat und Didanosin, aber auch mit den für das Herz-Kreislauf-System wichtigen Mg-Ionen, stabile Chelatkomplexe, infolgedessen ihre Resorption erheblich gemindert wird.

Dadurch wird nicht nur die antibakterielle Wirkung abgeschwächt, sondern zugleich die kardiotoxische Nebenwirkung der Chinolone erhöht. Für die auftretenden Herzprobleme macht man zurzeit den chelatbildenden β-Ketocarbonsäure-Teil der Chinolone verantwortlich.

Da dieser jedoch für die antimikrobielle Wirkung essenziell ist, müssen vorbelastete Patienten unter einer Behandlung mit Fluorchinolonen ärztlich überwacht werden. Eine Kombination mit anderen herzwirksamen Medikamenten sollte deshalb vermieden werden. Damit ein optimaler Behandlungserfolg erzielt werden kann, empfiehlt sich die Einnahme des Antibiotikums entweder ein bis zwei Stunden vor oder mindestens vier Stunden nach der Einnahme eines weiteren Medikaments.

Das Herz beobachten

Alle Fluorchinolone führen über eine erhöhte Histamin-Freisetzung zu Hypotension und Tachykardie, da die dadurch ausgelöste Aktivierung von H2-Rezeptoren zu einer Erhöhung der Herzfrequenz und Zunahme der Kontraktilität des Herzens führt. Zusammen mit anderen Pharmaka, die ihrerseits die QT-Zeit verlängern, wie Antiarrhythmika der Klassen Ia (zum Beispiel Chinidin, Hydrochinidin, Disopyramid) und III (zum Beispiel Amiodaron, Sotalol), Calciumantagonisten (zum Beispiel Nifedipin, Verapamil), trizykische Antidepressiva (zum Beispiel Imipramin), Malariamittel (zum Beispiel Chinin, Halofantrin) und Antihistaminika (Terfenadin, Astemizol, Mizolastin) steigt das Risiko ventrikulärer Arrhythmien und lebensbedrohlicher »Torsades de Pointes«.

Auch bei gleichzeitiger Verabreichung nicht steroidaler Antirheumatika (NSAR) (ausgenommen Acetylsalicylsäure) zeigen sich ausgeprägte, klinisch relevante Interaktionen. NSARs verstärken die neurotoxischen Nebenwirkungen der Fluorchinolone bis um das 300fache. Es kommt zu einer verstärkten Krampfbereitschaft, die möglicherweise auf einer Verdrängung von GABA (Gammaaminobuttersäure) von dessen Rezeptor beruht und infolgedessen die dämpfende Wirkung dieses Neurotransmitters verhindern. Dabei hängt das Risiko der einzelnen Fluorchinolone von einem Strukturmerkmal ab: Je größer der Substituent an Position 7 im Molekül (zum Beispiel Sparfloxacin), desto geringer ist seine Affinität zum GABA-Rezeptor. Auch eine direkte Induktion des NMDA-Rezeptors (N-Methyl-D-Aspartat) wird postuliert. Der physiologische Rezeptor von Glutaminsäure und Asparaginsäure, der wichtigsten exzitatorisch wirkenden Neurotransmitter vom Aminosäuretyp im Zentralnervensystem. Daher ist es pathologisch von Bedeutung, dass eine Überstimulation von NMDA-Rezeptoren neurotoxische Komplikationen auslöst.

Auf »saure« Ernährung achten

Chinolone und andere tubulär sezernierte Arzneistoffe (zum Beispiel Probenecid, Cimetidin, Furosemid und Methotrexat) behindern sich gegenseitig in ihrer renalen Elimination, sodass die Serumspiegel dieser Präparate ansteigen. Der Patient muss hier sorgfältig überwacht werden, da besonders ein erhöhter Methotrexat-Spiegel zu toxischen Reaktionen führen kann. Diese Interaktion ist allerdings interindividuell variabel und der Mechanismus, über den sie zu Stande kommt, ist noch unklar.

Cephalosporine erhöhen die Nierentoxizität der Chinolone. Sie sollten nicht gemeinsam eingenommen werden. Auch andere Antibiotikaklassen, wie Chloramphenicol, Tetrazykline und Makrolide, zeigen antagonistische Effekte bei gleichzeitiger Gabe mit Chinolonen.

Einige Chinolone besitzen deutliche Hemmwirkung auf die Cytochrom-P450-abhängigen Monooxygenasen, besonders auf das Enzym CYP1A2. Zum Beispiel kann es durch Hemmung des Theophyllin-Metabolismus zu toxischen Wirkungen durch überhöhte Theophyllinspiegel kommen. Bei der geringen therapeutischen Breite von Theophyllin ist dies besonders gefährlich, weshalb die Theophyllin-Plasmaspiegel bei solchen Derivaten streng überwacht werden müssen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Chinolone bei Beachtung der beschriebenen Einschränkungen und Vorsichtsmaßnahmen eine sichere und effektive Therapieoption darstellen. Da bakterielle Infektionen je nach klinischer Situation ein hohes Risiko aufweisen können, sollte eine sinnvolle Nutzen-Risiko-Abschätzung durch den behandelnden Arzt im Vordergrund stehen und eine sorgfältige Anamnese der Krankengeschichte des betreffenden Patienten durchgeführt werden. Der Apotheker sollte im Beratungsgespräch mit dem Patient und seinem behandelnden Arzt die möglichen Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln erkennen und kommunizieren, um so Komplikationen verhindern zu helfen.

 

Literatur

  1. Strehl, Egid und Hofmann, Carsten. »Struktur-Wirkungs-Beziehungen und Nebenwirkungen von Chinolon-Derivaten«. Sonderdruck Krankenhauspharmazie 22. Jahrgang. Nr.8. 2001
  2. Mutschler, Ernst; Geisslinger, Gerd; Kroemer, Heyo K. und Monika Schäfer-Korting. Arzneimittelwirkungen. 8.Auflage. WVG Stuttgart, 2001
  3. Zeitschrift für Chemotherapie (19) 1998; Überarbeitung Stand 12.5.2004
  4. Fachinformation Avalox®. Bayer AG, Oktober 2003
  5. Fachinformation Barazan®. MSD, Februar 2003
  6. Fachinformation Ciprobay®. Bayer AG, Dezember 2003
  7. Fachinformation Tarivid®. Aventis Pharma, November 2003
  8. Fachinformation Tavanic®. Aventis Pharma, November 2003

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