Therapie von Erkrankungen des Mund- und Rachenraumes |
15.01.2001 00:00 Uhr |
Unter den Erkrankungen des Mund- und Rachenraumes spielen nach Meinung von Professor Dr. Gerhard Grevers von der Hals-Nasen-Ohrenklinik der Ludwig-Maximilians-Universität in München die Entzündungen die wichtigste Rolle, denn sie müssen konservativ medikamentös behandelt werden. Unterschieden werden viral und bakteriell bedingte Entzündungen, die unterschiedlich therapiert werden müssten. Was leider in der Praxis nicht immer geschehe, so die Kritik des Universitätsprofessors an seinen niedergelassenen Kollegen.
Als klassische Viruserkrankungen stellte Grevers die Infektion mit Herpes-simplex-Viren Typ 1 vor, die sich hauptsächlich als Herpes labialis manifestiert. Als Therapie habe sich neben der lokalen Anwendung von Aciclovir auch die lokale Behandlung mit Desinfizientien wie zum Beispiel Alkohol bewährt.
Als weitere häufige Erkrankung der Mundschleimhaut nannte der Referent die Aphthen, deren Virusgenese nicht bewiesen beziehunsgweise deren Ätiologie nach wie vor weitgehend ungeklärt sei. Wichtig sei die differenzialdiagnostische Abgrenzung zum Morbus Behzet. Bei der Behandlung habe sich in den letzten Jahrzehnten nichts geändert. Sie sei symptomatisch, indem Adstringentien wie Tinctura Myrrhae oder cortisonhaltige Gels aufgebracht würden.
Auch Herpes-zoster-Infektionen können sich im Mund- und Rachenraum abspielen, wenn der 2. und 3. Trigeminusast betroffen seien. Als Therapeutika böten sich die neueren Virustatika an.
Auch die Herpangina, die bevorzugt bei Kleinkindern auftrete, sei virusbedingt: durch Coxsackie-Viren vom Typ A. Neben allgemeinem Unwohlsein zeigen sich im Bereich der Mundschleimhaut bläschenförmige Veränderungen, die mit einem roten Hof umgeben sind. Als Therapie hätten sich Mundspülungen mit Kamillenextrakten bewährt. In der Regel heile allerdings die Herpangina ohne Komplikationen innerhalb von zwei Wochen aus.
Als Zeichen einer allgemeinen Abwehrschwäche charakterisierte Grevers die Candida-Mykose der Mundschleimhaut, die HIV-assoziiert auftritt oder bevorzugt bei Patienten nach einer Strahlen- oder Zytostatika-Therapie. Jede orale Candida-Mykose sei behandlungsbedürftig, da die Gefahr einer Ausbreitung in den Ösophagus bestehe.
Die akute Pharyngitis werde primär durch Influenza- oder Parainfluenza- oder Rhinoviren hervorgerufen, deshalb sei die Anwendung von Antibiotika falsch. In der Regel reiche eine symptomatische Behandlung mit Schmerzmitteln und physikalischen Maßnahmen wie Gurgeln.
Dagegen ist die Angina tonsillaris eine primär bakterielle Entzündung der Gaumenmandel und werde zumeist durch b-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A, seltener durch Staphylokokken, Haemophilus influenzae oder Pneumokokken verursacht. Sie ist grundsätzlich behandlungsbedürftig. Als Goldstandard hätten sich peroral applizierbare Penicilline bewährt. Bei Therapieresistenz solle man auf Cephalosporine oder Makrolid-Antibiotika ausweichen.
Differenzialdiagnostisch muss die infektiöse Mononukleose ausgeschlossen werden, die durch das Epstein-Barr-Virus hervorgerufen wird. Hier sei primär die symptomatische Behandlung mit Schmerz- und Fiebermitteln angezeigt. Nur bei Verdacht auf einen bakteriellen Superinfekt könnten auch Antibiotika gegeben werden, wobei Ampicillin oder Amoxicillin nicht verordnet werden dürften, weil bei Verabreichung dieser Präparate häufig ein pseudoallergisches Exanthem auftrete.
Als seltenere Erkrankungen des Mund- und Rachenraumes nannte Grevers abschließend die
Angina Plaut-Vincent, die durch einen einseitigen ulzerös-nekrotischen Befund auf den
Gaumenmandeln imponiert und mit lokaler Ätzung therapeutisch angegangen wird, und den
ebenfalls einseitig auftretenden Peritonsillarabszess, eine Mischinfektion durch
Anaerobier und Aerobier. Hier sei der operative Eingriff unter Antibiotikaschutz das
adäquate Mittel.
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