Neues COX-Isozym entdeckt |
09.12.2002 00:00 Uhr |
von Christina Hohmann, Eschborn
Eine neue Variante des Enzyms Cyclooxygenase entdeckten Forscher der US-amerikanischen Brigham Young University. Das als COX-3 bezeichnete Enzym ist vermutlich die Ansatzstelle des Analgetikums Paracetamol, dessen Wirkmechanismus bisher ungeklärt war.
Wie andere nicht-steroidale Analgetika unterdrückt auch Paracetamol die Prostaglandinsynthese und wirkt daher fiebersenkend und schmerzlindernd. Der antientzündliche Effekt der Substanz, der man hauptsächlich eine zentrale Wirkung zuschreibt, ist allerdings nur schwach ausgeprägt. Obwohl die Substanz schon lange in Gebrauch ist, galt ihr Wirkmechanismus bisher als ungeklärt. Denn zu den beiden bekannten Isoformen der Cyclooxygenase COX-1 und COX-2, die einen wichtigen Schritt in der Prostaglandinsynthese katalysieren, hat Paracetamol nur eine schwache Affinität.
Nun stießen Biochemiker um Dr. Daniel L. Simmons von der Brigham Young University in Provo, Utah, in Untersuchungen an Kaninchenhirnen auf eine neue Isoform der Cyclooxygenase, COX-3, sowie zwei verkürzte COX-Proteine. Alle drei Moleküle entstehen durch Ablesen des COX-1-Gens. Den beiden verkürzten Proteinen, die von den Wissenschaftlern als „partial COX-1“ (PCOX-1) bezeichnet werden, fehlt der von den Exons fünf bis acht codierte Teil der Aminosäurekette.
Die messenger-RNA (mRNA) eines der beiden verkürzten Proteine, PCOX-1a, besitzt allerdings - ebenso wie die mRNA von COX-3 - eine zusätzliche etwa 90 Basenpaar lange Sequenz, die vom Intron 1 des COX-1-Gens codiert wird. Dieser Genabschnitt wird wie alle Introns normalerweise im Reifungsprozess der messenger-RNA herausgeschnitten, bevor die mRNA in Protein „übersetzt“ wird. Bei PCOX-1a und COX-3 bleibt ein Teil des Introns allerdings erhalten, wodurch sich beide Proteine um 30 bis 34 Aminosäuren (je nach Tierart) verlängern.
Während die beiden verkürzten Proteine keine COX-1-Aktivität besitzen, ist COX-3 eine voll funktionsfähige verlängerte Version des Enzyms. Da sie sich pharmakologisch von COX-1 unterscheidet, zählt sie als dritte bekannte Isoform der Cyclooxygenase, obwohl sie ebenfalls vom COX-1-Gen stammt. Auch im Menschen konnten Simmons und seine Kollegen COX-3 nachweisen. Die höchsten Konzentrationen des Proteins werden in der Hirnrinde und im Herzen exprimiert.
Im Gegensatz zu COX1- und -2 wird die neu entdeckte Isoform durch Paracetamol inhibiert, wie die Arbeitsgruppe in In-vitro-Untersuchungen an Insektenzellen nachweisen konnte. Neben dieser Substanz besitzen auch weitere nicht-steroidale Anaphlogistika wie Ibuprofen und Diclofenac eine Affinität zu COX-3. Die Hemmung dieses Isozyms könnte daher einer der Hauptmechanismen sein, über die die antipyretischen und analgetischen Substanzen ihre Wirkung entfalten, schreiben die Wissenschaftler in ihrer in Nature Medicine veröffentlichten Arbeit.
Die Entdeckung der zweiten Isoform, der induzierbaren COX-2, Anfang der 90er-Jahre hatte die Forschungsaktivität auf diesem Gebiet verstärkt, was schließlich zur Entwicklung der zwei COX-2-spezifischen Inhibitoren Celecoxib und Rofecoxib führte.
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