Pharmazeutische Zeitung online

Vor allem ältere Patienten lassen sich kaum beeinflussen

29.10.2001  00:00 Uhr
DIABETES-STUDIE (II)

Vor allem ältere Patienten lassen sich kaum beeinflussen

von Ulrike Kahmen und Marion Schaefer, Berlin

Über ein Jahr betreuten knapp 40 baden-württembergische Apotheken Diabetiker im Rahmen einer Studie der Landesapothekerkammer und der Humboldt-Universität Berlin. Über Studiendesign und -Planung informierte der Beitrag in PZ 43. Lesen Sie hier die wichtigsten Ergebnisse.

Die während der Studie erbrachten Leistungen zur Pharmazeutischen Betreuung wurden während des gesamten Studienverlaufs systematisch dokumentiert. Um die Auswirkungen des erweiterten Leistungsangebots darzustellen, wurden verschiedene Parameter erfasst, die sich sowohl auf patientensubjektive Faktoren wie Lebensqualität, Gesundheitsverhalten und Wissen als auch auf klinische Daten (Blutzucker, BMI) beziehen. Um Störgrößen bei der Evaluation möglichst auszuschließen, unterschied man zwischen insulinpflichtigen und nicht insulinpflichtigen Patienten, und versuchte anhand von Prozessindikatoren einen möglichen Zusammenhang zwischen der erbrachten Betreuungsleistung und den erreichten Effekten zu bewerten.

Die Eingabe der im Studienverlauf erhobenen Daten der Patientenfragebögen erfolgte mit Hilfe des Computerprogramms SPSS (Version 9.0). Die Betreuungsprotokolle wurden zunächst anhand des Apothekensoftware-Programms Prokas/2 beziehungsweise dem für die Studie entwickelten Zusatzprogramm "Pharmaceutical-Care für Diabetes-2-Patienten", auf einem von der Softwarefirma Promedisoft zur Verfügung gestellten Rechner eingegeben und mit Hilfe von MS-Excel ausgewertet.

Arzneimittelbezogene Probleme, die durch die Apotheker als Freitext dokumentiert wurden, konnten nach dem Klassifizierungssystem PI-Doc®-System, nach Schaefer (1) codiert werden. Jedem Code wird dabei auch eine entsprechende Ziffer der Problemlösungsintervention zugeordnet.

Die individuellen Betreuungsziele der Patienten sowie die Inhalte der Betreuungsgespräche, die ebenfalls als Freitext vorlagen, wurden einem eigenen Klassifizierungssystem zugeordnet.

Die Klassifikation der von den Studienpatienten angewendeten Arzneimittel wurde mit Hilfe des anatomisch-therapeutisch-chemischen Klassifikationssystems (ATC-System) vorgenommen (2). Ausschließlich Arzneimittel aus der Gruppe der Antidiabetika wurden gemäß ihres sechsstelligen ATC-Codes klassifiziert.

Bei der Auswertung der Patientenfragebögen wurde grundsätzlich auf statistische Signifikanz mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit von 5 Prozent durch zweiseitige Tests geprüft. Höchst signifikante Ergebnisse legen in diesem Zusammenhang eine Irrtumswahrscheinlichkeit von p = 0,001 zu Grunde.

Da es sich bei den verwendeten Bewertungsskalen hauptsächlich um Ordinalskalen handelte und damit nicht unbedingt von der Normalverteilung der Einstellungswerte ausgegangen werden konnte, wurden nicht parametrische (verteilungsfreie) Tests im Rahmen der Untersuchung angewendet.

Zum nicht parametrischen Vergleich zweier abhängiger Stichproben (Zeitvergleich) wurde der Wilcoxon-Test angewendet. Für den Vergleich von mehr als zwei abhängigen Stichproben wurde der Friedman-Test eingesetzt. Außerdem kam der Chi-Quadrat-Test nach McNemar zum Einsatz, der sich ausschließlich auf dichotome Variablen bezieht.

Für statistische Vergleiche zwischen zwei unabhängigen Stichproben (Gruppenvergleich) wurde der U-Test nach Mann und Whitney verwendet. Beim Vorliegen von mehr als zwei unabhängigen Stichproben wurde der H-Test nach Kruskal und Wallis eingesetzt.

Analyse der Beratungsgespräche

Die Inhalte der Beratungsgespräche waren auf jeden Patienten individuell abgestimmt und nahmen in vielen Fällen Bezug auf die Interessen, Fragen und die arzneimittelbezogenen Probleme der Patienten. Insgesamt fanden über den Betreuungszeitraum 949 Gespräche statt, die mit Hilfe der Betreuungsprotokolle dokumentiert wurden. Bezogen auf die Gesamtzahl der Studienpatienten (n=149) wurde jeder Patient etwa 6-mal beraten.

Während die durchschnittliche Beratungszeit zu Studienbeginn pro Patient und Gespräch noch 60 Minuten betrug, verringerte sich die Gesprächsdauer auf durchschnittlich 30 Minuten am Ende der Studie. Die Vor- und Nachbereitungszeit eines Beratungsgesprächs betrug jeweils durchschnittlich 30 Minuten. Damit ergab sich pro Patient für ein komplettes Beratungsgespräch ein durchschnittlicher Zeitaufwand von 90 Minuten, der vor allem den Vorgaben der Studie bezüglich Beratungsinhalte, Fragebögen und Dokumentation geschuldet war.

Anhand der inhaltlichen Auswertung der Beratungsgespräche konnten Betreuungsschwerpunkte in Bezug auf die Themen Ernährung und allgemeine Lebensführung bei Diabetes, Bedeutung der regelmäßigen Kontrolle von Blutzucker und Blutdruck sowie Bedeutung und Interpretation von Messwerten identifiziert werden (Tabelle 1). In diesem Zusammenhang wurden die Beratungsthemen zu Selbstmanagement und Prävention am häufigsten und pro Patient mindestens einmal angesprochen.

 

Tabelle 1: Beratungsthemen im Studienverlauf

KategorienHäufigkeitProzentallgemeine Informationen         Information über den Ablauf der Studie 27 1,8 Grundsätzliche Fragen zu Diabetes 79 5,3 Vermittlung von Adressen und Literatur 22 1,5 Information über Selbsthilfegruppen 11 0,7 Information zu weiteren Erkrankungen, allgemeines Wohlbefinden 54 3,7 Arzneimittelberatung    allgemeine Beratung zu verordneten und selbst gekauften Arzneimitteln 51 3,4 Wirkung peroraler Antidiabetika 54 3,6 Bedeutung und Wirkung von Insulin 
(zum Beispiel Vorteile Insulintherapie) 56 3,7 Beratung über Insulin-Therapie 
(Dosierung, Einstellung, Handhabung) 39 2,6 Notfallsituation: Hypoglykämie 53 3,6 Diabetes und Reisen 10 0,6 Besprechung Dosierplan, Einnahmehinweise 10 0,6 Aufklärung über unerwünschte Arzneimittelwirkungen 25 1,7 Interaktionscheck 9 0,6 Hilfestellungen zur Förderung der Compliance 31 2,3 Selbstmanagement und Prävention    Bedeutung der regelmäßigen Kontrolle von Blutzucker und Blutdruck 109 7,4 Bedeutung und Interpretation von Messwerten: 
(HbA1C-Werte, Blutzucker, Blutdruck, Gesamtcholesterol, Triglyceride, Harnsäure, Blutbild) 134 9,1 Messgeräte, Messprinzipien, Applikationshilfen 49 3,2 Schulungshilfe zur Selbstkontrolle von Blutzucker und Blutdruck 23 1,5 Bedeutung von Körper- und Fußpflege 86 5,8 Bedeutung von Prävention, Spätschäden 90 6 Bedeutung Diabetes-Pass/Tagebuch 20 1,3 Gesundheitsverhalten         Beratung zur Ernährung und allgemeinen Lebensführung 289 19,4 Beratung zur Reduktion von Übergewicht 71 4,8 Bedeutung von Sport und Bewegung 78 5,4 Zusammenhang zwischen Diabetes und Alkohol 6 0,4 Beratungsthemen insgesamt 1486100,00

 

Neben der quantitativen Bewertung der Beratungstätigkeit konnten auf Grund der individuell formulierten Betreuungsziele durch die Patienten während des Studienverlaufs auch indirekt Rückschlüsse auf die fachliche Qualität und den angestrebten Effekt der Gespräche gezogen werden. So formulierten die Patienten als individuelle Betreuungsziele hauptsächlich solche, die in den Beratungsgesprächen von Bedeutung waren und sich auf eine Gewichtsreduktion, eine bewusstere Ernährung, mehr Sport und Bewegung sowie die Stabilisierung der Blutzuckerwerte bezogen.

Die Analyse der Beratungstätigkeit zeigte aber auch, dass nicht alle Patienten hinsichtlich der vorgegebenen Beratungsthemen beraten wurden. So konnten Defizite bezüglich der Beratung zu verordneten Arzneimitteln, zu Körper- und Fußpflege oder zu Maßnahmen bei Hypoglykämien beobachtet werden, was die Qualität einer umfassenden und strukturierten Beratung mindert und möglicherweise zu einseitigen Informationen geführt haben könnte. Auf der anderen Seite reflektieren die Gesprächsprotokolle das Interesse und den Beratungsbedarf zu Themen wie Ernährung und Selbstmanagement, die das Gesundheitsbewusstsein und die Eigenverantwortung der Patienten stärken und langfristig zu einer besseren Stoffwechselführung beitragen können.

Arzneimittelbezogene Probleme

Insgesamt wurden über den Studienverlauf 235 arzneimittelbezogene Probleme dokumentiert, die sich auf 103 (69 Prozent) Studienpatienten bezogen. Im Durchschnitt wurden bei dieser Gruppe während der Betreuung zwei Probleme pro Patient identifiziert.

Die detaillierte Häufigkeitsverteilung, dargestellt in Tabelle 2, zeigt drei Schwerpunkte von arzneimittelbezogenen Problemen bei Typ-2-Diabetikern. Die Gruppe C (Compliance) umfasst insgesamt 44 Probleme, von denen allein 29 so genannte Handhabungsprobleme des Patienten beschreiben, die im engeren Sinne Schwierigkeiten mit Applikationshilfen oder Messgeräten darstellten.

 

Tabelle 2: Detaillierte Häufigkeitsverteilung aller arzneimittelbezogenen Probleme (n=235)

  unzweckmäßige Wahl eines Arzneimittels Anzahl A1 Arzneimittel für die Indikation ungeeignet 1 A4 Doppelverordnung des gleichen Wirkstoffs 1 A5  unbeabsichtigte Doppelverordnung aus der gleichen Wirkstoffgruppe 1 A7 falsche Stärke 1 A11 Arzneimittel ist außer Handel (Rückruf)  1 A13 unbeabsichtigte Verwechslung des Arzneimittelnamens 3 C unzweckmäßige Anwendung durch Patienten/Compliance    C2 Handhabungsprobleme des Patienten 4 C2a Probleme mit Applikationshilfen 5 C2b individuelle Handhabungsprobleme (Tablettengröße, Handzittern) 5 C2c Probleme mit Messgeräten 15 C4 Patient wendet empfohlenes Arzneimittel nicht bzw. nur gelegentlich an  5 C4a das Arzneimittel hat nicht geholfen 2 C5 selbständige Veränderung der empfohlenen Dosierung 2 C7 unzweckmäßiger Anwendungszeitpunkt 6 D unzweckmäßige Dosierung   D1  Patient kennt seine Dosierung nicht 1 D4 Unterdosierung 4 D5 unzweckmäßige Dosierungsintervalle 1 D6 Patient verändert Dosierung aufgrund von Nebenwirkungen 2 W Arzneimittelinteraktion     W1 Hinweis auf eine Arzneimittelinteraktion durch die Literatur 9 W2 Symptome einer Interaktion 9 U Unerwünschte Arzneimittelwirkungen    U1 Angst des Patienten vor unerwünschten Arzneimittelwirkungen 6 U2 Symptome einer unerwünschten Arzneimittelwirkung 56 U2a unspezifische Befindlichkeitsstörungen 10 S Sonstige Probleme    SP1 begrenztes Wissen über die Art der Erkrankung/Arzneimittel 4 SP2 unspezifische Angst vor der Anwendung von Arzneimitteln (z.B. Insulin) 3 SP3 Unzufriedenheit mit der gegenwärtigen Behandlung 5 SP4 unzweckmäßiger Lebensstil des Patienten 1 SP5a Patient hat Bedenken, dass sein Arzneimittel aus Kostengründen abgesetzt wird 1 SP7 Patient erhält ein neues Arzneimittel 1 SP7a Patient erhält ohne Information ein neues Arzneimittel 1 SP8 Patient möchte Prävention betreiben 1 K Krankheitsbezogene Probleme "Diabetes"    K2 erhöhte Blutzuckerwerte (z.B. nüchtern) 32 K3 Blutzucker-Schwankungen 12 K3a Blutzucker-Schwankungen aufgrund unterschiedlicher Messmethoden 1 K4 Hypoglykämie 18 K5 Hyperglykämien (Stoffwechselentgleisungen) 1 K6 Beschwerden aufgrund von Folgeerkrankungen 4

 

Ebenso klagten viele Patienten über unerwünschte Arzneimittelwirkungen, besonders im Zusammenhang mit der Einnahme peroraler Antidiabetika. Erwartungsgemäß führten vor allem die Arzneistoffe Acarbose und Metformin zu Magen-Darm-Problemen (3-5). Hervorzuheben ist auch die Kategorie "krankheitsbezogene Probleme des Diabetes" (K), die im Klassifizierungssystem ergänzt wurde und spezielle Probleme im Zusammenhang mit dem Krankheitsbild codiert. Die insgesamt 68 Nennungen bezogen sich in 32 Fällen auf erhöhte Nüchternblutzuckerwerte, in 12 Fällen auf Blutzuckerschwankungen und nur in 18 Fällen auf Hypoglykämien.

Insgesamt wurden 18 Arzneimittelinteraktionen identifiziert, von denen neun durch Hinweise aus der Literatur beschrieben wurden. In weiteren neun Fällen wurden Interaktionen auf Grund von Beschwerden oder Beschreibungen von Symptomen durch die Patienten als solche erkannt.

17 Fälle, die man als "Sonstige Probleme" codierte, berührten ausschließlich die Patientenebene und beschrieben Probleme wie Angst, begrenztes Wissen oder Unsicherheiten der Patienten im Umgang mit der Erkrankung und mit Arzneimitteln. Probleme der Kategorie "unzweckmäßige Wahl eines Arzneimittels (A)" mit insgesamt acht Nennungen sowie der Kategorie "unzweckmäßige Dosierung (D)" mit acht Nennungen, sind während des Studienverlaufs vergleichsweise selten identifiziert worden.

Interventionsmaßnahmen

Tabelle 3 stellt die sieben Problemkategorien den unterschiedlichen Interventionsmaßnahmen der Apotheke, bezogen auf die Problemlösung wie Beratungsgespräch, Empfehlung zum Arztbesuch oder Gespräch mit dem Arzt gegenüber. Jede dieser drei Interventionen durch die Apotheke wurde die Anzahl der insgesamt dokumentierten Probleme sowie die Anzahl der gelösten Probleme zugeordnet.

 

Tabelle 3: Häufigkeiten von Interventionen durch die Apotheke

Code

Problemkategorie

Apotheke führt Beratungsgespräch

... empfiehlt Arztbesuch

... nimmt Kontakt zum Arzt auf

 

  

Anzahl Probleme gesamt

Anzahl gelöster Probleme

Anzahl Probleme gesamt

Anzahl gelöster Probleme

Anzahl Probleme gesamt

Anzahl gelöster Probleme

A

unzweckmäßige Wahl eines Arzneimittels (n = 8)

3

3

1

0

4

4

C

unzweckmäßige Anwendung 
(n = 44)

35

26

4

1

5

3

D

unzweckmäßige Dosierung 
(n = 8)

2

2

1

0

5

3

W

Arzneimittelinteraktionen 
(n = 18)

9

4

0

0

9

8

U

unerwünschte Arzneimittelnebenwirkungen 
(n = 72)

33

21

21

11

18

13

S

sonstige Probleme (n = 17)

8

1

4

1

5

3

K

Krankheitsspezifische Probleme (n = 68)

29

14

22

11

17

15

 

Gesamt (n = 235)

119

71

53

24

63

49

 

Von den insgesamt 235 dokumentierten arzneimittelbezogenen Problemen fand in 119 Fällen ein Beratungsgespräch in der Apotheke statt, in 53 Fällen wurde den Patienten ein Arztbesuch empfohlen und bei 63 Problemen nahm die Apotheke Kontakt zu dem behandelnden Arzt auf.

Die Problembereiche "unzweckmäßige Anwendung (C)" und "unerwünschte Arzneimittelnebenwirkungen (U)" konnten im Beratungsgespräch thematisiert und in den meisten Fällen auch gelöst werden. Besonders in diesen Bereichen wurde der Apotheker als Vertrauensperson und fachkundiger Berater gefordert, da die Handhabung von Geräten und Applikationshilfen an Ort und Stelle überprüft oder mit Hilfe von Demonstrationshilfen geübt werden konnte. Auch die Ursachen unerwünschter Arzneimittelwirkungen und daraus resultierende Beschwerden wurden häufig in einem Gespräch geklärt. Auf Wunsch wurde in vielen Fällen eine Arzneimittelempfehlung im Rahmen der Selbstmedikation gegeben. Demnach intervenierten die Apotheker primär in Bereichen, in denen eine intensive und patientennahe Aufklärung ohne Arztkontakt möglich war.

"Krankheitsbezogene Probleme (K)" konnten nur zur Hälfte durch die Apotheke gelöst werden. Da in diesen Bereichen oftmals therapierelevante Entscheidungen fallen müssen, empfahlen die Apotheker den Arztbesuch oder nahmen direkt Kontakt mit dem Arzt auf. Es zeigte sich allerdings, dass bei einer bloßen Empfehlung zum Arztbesuch nur ein Teil der aufgetretenen Probleme gelöst werden konnte, während im direkten Gespräch zwischen Arzt und Apotheker in den meisten Fällen eine gemeinsame Lösung gefunden wurde.

Bei unzweckmäßiger Wahl eines Arzneimittels, unzweckmäßiger Dosierung sowie Arzneimittelinteraktionen informierte der Apotheker meist direkt den Arzt.

Von den 235 dokumentierten arzneimittelbezogenen Problemen konnten insgesamt 144 Probleme durch Interventionsmaßnahmen der Apotheke gelöst werden. Das entspricht einem Lösungsgrad von 60 Prozent.

Patientencluster zur Bewertung der Prozessqualität

Um die Studienpatienten hinsichtlich ihrer erhaltenen Betreuungsleistung zu klassifizieren, wurden die anhand der Protokolle dokumentierten Betreuungsleistungen durch vier Indikatoren definiert:

  • Beratungshäufigkeit (Anzahl dokumentierter Beratungsprotokolle)
  • Dokumentationsgrad (Anzahl dokumentierter Beratungsinhalte)
  • Detektion von arzneimittelbezogenen Problemen und
  • Problemlösung

Die Indikatoren wurden jeweils in einem Wertebereich von eins bis vier codiert, wobei höhere Zahlenwerte eine jeweils stärkere Intensität der pharmazeutischen Betreuungsleistung beschreiben.

Zunächst wurde eine hierarchische Clusteranalyse durchgeführt, um die optimale Clusteranzahl zu ermitteln. Daraus ergaben sich vier Patienten-Cluster, die hinsichtlich der Ausprägung der vier Indikatoren, nach Intensität und Schwerpunkten der Betreuung differenziert, folgendermaßen beschrieben werden können.

Cluster Nr. 1: Die Patienten wurden, gemessen an der Beratungshäufigkeit, regelmäßig (durchschnittlich vier bis sechs Gespräche) betreut. Die Dokumentation im Rahmen der Pharmazeutischen Betreuung wurde nach den definierten und vorgegebenen Kriterien des Beratungsprotokolls ausgeführt. Der Detektionsgrad von arzneimittelbezogenen Problemen ordnete sich bei durchschnittlich ein bis zwei Problemen ein, die entsprechend bearbeitet und auch gelöst werden konnten. Patienten dieser Gruppe erhielten eine dem Gesamtdurchschnitt entsprechende Pharmazeutische Betreuung.

Cluster Nr. 2: Patienten dieser Gruppe wurden regelmäßig in der Apotheke beraten (durchschnittlich vier bis sechs Gespräche). Die Dokumentation der Betreuungsleistung umfasste lediglich vier Themenbereiche und wurde als "mäßig" eingestuft. Da bei diesen Patienten so gut wie keine Interventionen stattfanden, wurden sie durch die Apotheke lediglich "pharmazeutisch begleitet".

Cluster Nr. 3: Innerhalb dieser Gruppe zeigte sich ein ausgeprägter Detektions- und Lösungsgrad, der bei einer durchschnittlichen Anzahl von drei bis vier arzneimittelbezogenen Problemen lag. Neben der ausgeprägten Interventionshäufigkeit wurden auch diese Patienten regelmäßig betreut und die besprochenen Themenbereiche in der Dokumentation vollständig erfasst. Es handelte sich bei der Gruppe um Patienten, die eine stark "interventionsorientierte Pharmazeutische Betreuung" erhielten.

Cluster Nr. 4: Patienten, die sich in dieser Gruppe befanden, wurden überdurchschnittlich häufig beraten (mehr als neun Gespräche), bei ausführlicher Dokumentation und einem Detektionsgrad von ein bis zwei arzneimittelbezogenen Problemen, die zwar erkannt, aber nicht vollständig gelöst werden konnten. Wegen der hohen Anzahl von Beratungsgesprächen erhielten diese Patienten eine starke Zuwendung von Seiten der Apotheke, die daher als "gesprächsorientierte Pharmazeutische Betreuung" bezeichnet wird.

In diesem Zusammenhang wurden die Cluster hinsichtlich des Durchschnittsalters, der Erkrankungsdauer an Diabetes, der Behandlungsform, Folgeschäden und Problemen mit der Arzneimitteltherapie charakterisiert. Vor allem bei älteren Patienten (Cluster 3) mit einer bereits langen Krankheitsdauer und einer Reihe von Folgeerkrankungen lag der Schwerpunkt der Betreuung in der Erkennung und Lösung einer größeren Anzahl von arzneimittelbezogenen Problemen. Insulinpflichtige Diabetiker und Patienten, die auf Insulin umgestellt wurden (Cluster 4), nutzten dagegen stärker die Möglichkeit, sich zu informieren und beraten zu lassen. Die weitere Differenzierung der Cluster nach ausgewählten Merkmalen bietet demnach einen plausiblen Erklärungsansatz für die ermittelten Unterschiede im Betreuungsgrad und belegt gleichzeitig, dass die Studienapotheker individuell auf die Betreuungsbedürfnisse der Patienten eingegangen sind.

Gesundheitsbezogene Lebensqualität

Neben unterschiedlichen Behandlungsmethoden wird die Lebensqualität von Diabetikern durch verschiedene Faktoren wie Alter, Geschlecht, soziale Schicht und Schulbildung, Persönlichkeit und Lebensgeschichte, Gesundheitsüberzeugungen und Diabeteswissen, die soziale Unterstützung und die Belastung durch bereits vorhandene Spätfolgen beeinflusst (6-8). Außerdem muss bei älteren Typ-2-Diabetikern berücksichtigt werden, dass nicht unbedingt der Diabetes, sondern auch weitere Erkrankungen, soziale Bedingungen oder der materielle Lebensstandard vorrangig Auswirkungen auf die Lebensqualität haben, was gegen den Einsatz ausschließlich von allgemeinen Messinstrumenten spricht (9). Daher wird die Kombination genereller Fragen zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität zusammen mit diabetesspezifischen Fragen empfohlen (10).

Auf Grund einer begrenzten Anzahl an deutschsprachigen und vor allem für Typ-2-Diabetiker geeigneten validierten Fragebögen zum Zeitpunkt der Studienplanung wurde ein eigener Ansatz entwickelt, in dem die Bereiche "Wohlbefinden" und "Therapiezufriedenheit" hinsichtlich der Lebensqualitätsmessung berücksichtigt wurden. Als Grundlage für die Entwicklung der Fragen diente der Fragebogen zur Messung der globalen Lebensqualität SF-36 (11) und der Belastungsfragebogen (FBD) nach Waadt (12). Insgesamt wurden sieben Fragen aus Kategorien der "allgemeinen Gesundheitswahrnehmung", "sozialen Funktion", "physischen Funktion" sowie der "Therapiezufriedenheit" ausgewählt, deren Einzelwerte sich zu einem Gesamtindexwert von 28 Punkten addieren ließen.

Des weiteren wurden jeweils zwei Items zur Dimension "allgemeine Gesundheitswahrnehmung", zur "sozialen Funktionsfähigkeit", zur "Therapiezufriedenheit" und ein Item zur "physischen Funktionsfähigkeit" zusammengefasst. Höhere Itemwerte entsprachen einer jeweils besseren Lebensqualität. Die Einzelwerte der Items wurden zu einem rohen Skalenwert summiert und durch die Anzahl der Werte geteilt. Mit Hilfe einer linearen Transformation wurden die "rohen Skalenwerte" auf eine Skala von 0 bis 100 bezogen, wobei ein Wert von 100 eine maximale Lebensqualität darstellt.

Während die gesundheitsbezogene Lebensqualität in ihrer Gesamtanalyse über den Studienverlauf keine Veränderungen aufzeigte, haben sich innerhalb der Dimensionen Unterschiede ergeben, die auf eine Verschlechterung der physischen Funktion (p = 0,01, Wilcoxon-Test) sowie eine Steigerung der Therapiezufriedenheit (p<0,001; Wilcoxon-Test) zurückzuführen waren (Tabelle 4 - aus technischen Gründen nur in der Druckausgabe).

Die differenzierte Analyse nach der entsprechenden Therapieform zeigte, dass die Ausgangsbedingungen zwischen Patienten mit Insulintherapie und ohne Insulintherapie unterschiedlich waren. So wiesen Patienten ohne Insulintherapie bereits zu Beginn einen höheren Ausgangswert auf, der sich im Studienverlauf sogar steigerte und zu einem signifikanten Unterschied im Gruppenvergleich führte (p = 0,003 U-Test nach Mann-Whitney). Während sich die Therapiezufriedenheit zwar in beiden Gruppen steigerte und Patienten mit Insulintherapie im Gruppenvergleich eine Steigerung der sozialen Funktion erlebten, kam es bei diesen Patienten jedoch zugleich zu einer Verschlechterung der physischen Funktion.

Offensichtlich erlebten Patienten mit Insulintherapie bei ihrer körperlichen Leistungsfähigkeit Einschränkungen, obwohl man grundsätzlich davon ausgeht, dass Patienten unter einer Insulintherapie ihr körperliches Wohlbefinden und die kognitive Funktionsfähigkeit verbessern können. Eine Verschlechterung der Lebensqualität hinsichtlich der physischen Funktion wird beispielsweise damit begründet, dass sich Patienten unter einer Insulintherapie häufig körperlich kränker fühlen und zudem unter Hypoglykämieangst leiden (13). Ebenso kann es im Rahmen von Therapieumstellungen zu dynamischen Veränderungen der Lebensqualität kommen, da Befürchtungen der Patienten bezüglich potenzieller Nachteile einer Insulintherapie zunächst groß sind (13).

Diese Phänomene bieten einen möglichen Erklärungsansatz für eine schlechtere körperliche Verfassung der analysierten insulinpflichtigen Patienten, auch vor dem Hintergrund, dass immerhin 21 Patienten im Studienverlauf eine Umstellung auf Insulin erfuhren.

Die Analyse der Lebensqualität anhand der Differenzierung nach unterschiedlichen Betreuungsintensitäten ergab im Gruppenvergleich der vier gebildeten Cluster keine Unterschiede. Demnach wurde die Lebensqualität der Patienten nicht durch unterschiedliche Betreuungsintensitäten, sondern vielmehr durch krankheitsbedingte Faktoren beeinflusst. So verschlechterte sich die Lebensqualität in der Dimension "allgemeine Gesundheit" vor allem für ältere Patienten des Clusters 3, während für jüngere Patienten des Clusters 4 neben einer Verbesserung der "allgemeinen Gesundheit" außerdem eine Zunahme der "Therapiezufriedenheit" zu beobachten war. Ebenso verbesserte sich auch die "Therapiezufriedenheit" für Patienten im Cluster 1.

Auch andere Studien bestätigen, dass der allgemeine und körperliche Gesundheitsstatus von Typ-2-Diabetikern beispielsweise durch die Behandlungsform, das Patientenalter, Folgeerkrankungen oder psychologische Faktoren beeinflusst werden kann (8, 13-17). Auf Grund der kurzen Studiendauer und der fehlenden Kontrollgruppe waren längerfristige Effekte der Pharmazeutischen Betreuung hinsichtlich einer Verbesserung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität jedoch nicht messbar.

Die Ergebnisse lassen dennoch vermuten, dass Pharmazeutische Betreuung einen Effekt auf einzelne Dimensionen wie die "Therapiezufriedenheit", die "allgemeine Gesundheit" oder der "sozialen Funktion" gehabt haben könnte. Demnach profitierten vor allem jüngere Patienten mit kurzer Erkrankungsdauer und weniger Folgeerkrankungen oder einer Umstellung auf Insulin (Cluster 4) am stärksten von der intensiven Betreuung.

Allgemeines Gesundheitsverhalten

Die Items zum allgemeinen Gesundheitsverhalten charakterisieren grob die Einstellung der Patienten zu Ernährung, Rauchen, Alkohol, sportlichen Aktivitäten und allgemeiner Bewegung. Die Einzelwerte der Items wurden zu einem rohen Skalenwert summiert und nach der linearen Transformation der Werte auf eine Skala von 0 bis 100 bezogen. Ein Wert von 100 stellt somit ein theoretisch maximales Gesundheitsbewusstsein dar.

Bereits zu Studienbeginn erschienen die meisten Patienten relativ gesundheitsbewusst, da fast keiner angab, zu rauchen oder Alkohol zu trinken. Immerhin verbesserte sich das Gesundheitsverhalten der Patienten im Studienverlauf signifikant, wobei vor allem die Einstellung der Patienten hinsichtlich einer bewussteren Ernährung und sportlicher Aktivitäten beeinflusst werden konnte.

Das Gesundheitsverhalten war zu Studienbeginn vor allem bei Patienten ohne Insulintherapie geringer ausgeprägt als bei Patienten mit Insulintherapie und konnte über den Studienverlauf signifikant gesteigert werden. Ein Gruppenunterschied war allerdings zu beiden Erhebungszeitpunkten nicht nachweisbar.

Demnach bestand vor allem bei Patienten, die erst seit kurzem von der Erkrankung betroffen waren oder nur perorale Antidiabetika erhielten, ein verstärktes Interesse hinsichtlich eines angemessenen Gesundheitsverhaltens, was auch durch die hohe Anzahl von Beratungsgesprächen zum Ernährungsverhalten oder zur Gewichtsreduktion verdeutlicht wurde.

Bestätigt wird diese Annahme durch die Analyse der vier Patientencluster zum allgemeinen Gesundheitsverhalten, nach der nur eine statistisch signifikante Veränderung für Cluster 4 (jüngere Patienten, mit kurzer Erkrankungsdauer, insulinpflichtig) über den Studienverlauf nachgewiesen wurde. Eine Assoziation zwischen der erhöhten Beratungsfrequenz bei Patienten des Clusters 4 und einem veränderten Gesundheitsverhalten bestand jedoch nicht, was sich letztendlich durch die durchschnittliche Gewichtszunahme innerhalb dieser Gruppe bestätigte.

Obwohl insgesamt 52 Patienten eine Gewichtsreduktion von durchschnittlich vier Kilogramm über den Studienzeitraum erreichten, war ein Zusammenhang zwischen einem verbesserten Gesundheitsverhalten und einer Gewichtsreduktion nicht nachweisbar, da einige Patienten trotz einer verbesserten Einstellung zu Ernährung und Sport dennoch an Gewicht zunahmen.

Krankheitsbezogenes Wissen

Das krankheitsbezogene Wissen verbesserte sich über den Studienverlauf bei allen Patienten signifikant, vor allem hinsichtlich der Kenntnisse über Blutzuckerwerte, die angemessene Lebensweise für Diabetiker und die Bedeutung von Alkohol bei Diabetes. Es waren jedoch keine Zusammenhänge zwischen dem Wissen und einer verbesserten Stoffwechsellage, bezogen auf die Blutzuckermesswerte sowie den Gewichtsverlauf, nachweisbar. Auf Grund eines verbesserten Wissens konnten die Patienten möglicherweise zur Einstellungsänderung motiviert werden, waren aber nicht in der Lage, diese in entsprechendes Verhalten umzusetzen.

Die Analyse des krankheitsbezogenen Wissens ergab zudem, dass Patienten mit Insulintherapie grundsätzlich einen besseren Wissensstand aufwiesen, als Patienten ohne Insulintherapie. Ein Gruppenunterschied war allerdings nicht nachweisbar.

Auch die differenzierte Betrachtung nach der Betereuungsintensität der Studienteilnehmer ergab keine Unterschiede. Immerhin konnten vor allem ältere Patienten ihr Wissen, das zu Studienbeginn vergleichsweise schlecht war, über den Studienverlauf am stärksten verbessern, was aber keinen Einfluss auf ihre Stoffwechsellage hatte.

Blutzuckermesswerte

Im Rahmen der intensiven Beratungsgespräche wurden regelmäßige Blutzuckermessungen mit dem Blutzuckermessgerät Accutrend sensor durchgeführt. Regelmäßige Bestimmungen von HbA1C-Werten wären wünschenswert gewesen, konnten jedoch auf Grund berufspolitischer Meinungsverschiedenheiten während der Studienplanungsphase nicht durchgeführt werden.

Die sporadischen Bestimmungen zur Blutglucose stellen damit nicht den tatsächlichen Verlauf der Stoffwechselsituation der Patienten über den Studienzeitraum dar, da es sich nur um spontane Messungen handelte.

Auf Grund der dokumentierten Werte wurden aber vier Messzeitpunkte miteinander verglichen, die auf Grund der dokumentierten Angaben zur Tageszeit oder in Verbindung mit einer Mahlzeit grob klassifiziert werden konnten.

Die Gesamtanalyse der Stoffwechselsituation ergab für alle Patienten zu Studienbeginn einen Blutzucker von 168,5 mg/dl (Median), der im Studienverlauf auf 150 mg/dl (Median) sank. Eine statistisch signifikante Veränderung über die vier Messzeitpunkte war nicht nachweisbar. Die Analyse der Blutzuckermesswerte ergab bei Patienten mit Insulintherapie durchschnittlich höhere Werte als bei Patienten ohne Insulin. Der Unterschied zwischen beiden Gruppen war statistisch signifikant. Über den Studienverlauf konnten Patienten mit Insulintherapie ihre Blutzuckerwerte zu allen Tageszeiten signifikant verbessern, während Patienten ohne Insulintherapie lediglich verbesserte postprandiale Blutzuckerwerte aufwiesen.

Die Detailanalyse der vier Patientencluster hinsichtlich ihrer Stoffwechselsituation zeigte, dass vor allem ältere Patienten mit einer längeren Krankheitsdauer und entsprechenden Folgeerkrankungen, wie bereits für Cluster 3 beschrieben, eine relativ schlechte Stoffwechselsituation mit maximalen Werten bis zu 390 mg/dl und einem durchschnittlichen Blutzucker von 205 mg/dl (Median) aufwiesen.

Die Cluster 1, 2 und 4 ordneten sich dagegen zwischen 160 und 140 mg/dl ein. Obwohl gerade bei diesen Patienten überdurchschnittlich viele arzneimittelbezogene Probleme identifiziert wurden, reichten die Interventionsmaßnahmen der Apotheker offensichtlich nicht aus, die Therapie langfristig zu optimieren. Damit blieb die Stoffwechsellage hauptsächlich für ältere Typ-2-Diabetiker über den Studienverlauf größtenteils unverändert. Ebenso ließen sich auf Grund des kurzen Betreuungszeitraums keine Aussagen treffen, inwieweit die Interventionsmaßnahmen hinsichtlich der Stoffwechsellage Einfluss auf die Entwicklung von Folgeerkrankungen gehabt haben könnten.

Langfristig gesehen müsste daher vor allem die Betreuung von älteren Patienten mit Folgeschäden intensiviert werden, die eine besonders enge Kooperation von Arzt und Apotheker erfordert.

Blutzucker und Blutdruck

Das Angebot regelmäßiger Blutzucker- und Blutdruckmessungen konnte offensichtlich zu einer Unterstützung des Selbstmanagements beitragen, da signifikante Veränderungen im Prä-Post-Vergleich nachgewiesen wurden. Während Patienten ohne Insulintherapie zur regelmäßige Selbstkontrollen des Blutdrucks motiviert wurden, gaben vor allem auf Insulin umgestellte Patienten an, ihren Blutzucker selber zu bestimmen (Tabelle 5 - aus technischen Gründen nur in der Druckausgabe). Es liegen jedoch keine Angaben zu Häufigkeiten von Blutzucker- oder Blutdruckmessungen vor, auf deren Grundlage die Abschätzung der Compliance sowie die tatsächliche Umsetzung eines konsequenten Selbstmanagements möglich gewesen wäre.

Im Rahmen der Studie wurden Patienten mit der Selbstkontrolle an sich vertraut gemacht und auch über die Bedeutung der Messwerte und Selbstkontrollen aufgeklärt. Es wurde allerdings nicht untersucht, inwieweit die konkrete Umsetzung der Selbstkontrollen in ein aktives Selbstmanagement durch die Patienten erfolgte. Die unbefriedigende Stoffwechsellage, vor allem bei Patienten mit Insulintherapie sowie bei älteren Patienten mit einer großen Anzahl von arzneimittelbezogenen Problemen, deutet darauf hin, dass die Umsetzung eines ergebnisbezogenen Selbstmanagements verbesserungsbedürftig ist.

Die Bedeutung der Ergebnisse

Vor dem Hintergrund einer hohen Variationsbreite der individuellen Patientenmerkmale erwies sich die Methode, Patienten hinsichtlich ihrer unterschiedlich erfahrenen Betreuungsintensität zu clustern als nützlich. Damit wurde es nicht nur möglich, die Pharmazeutische Betreuung in ihrer unterschiedlichen, den individuellen Bedürfnissen der Patienten angepassten Betreuungsintensität, darzustellen, sondern auch Zusammenhänge zwischen der Betreuungsintensität und patientenbezogenen Ergebnisparametern zu analysieren. Mit der methodischen Weiterentwicklung von Vorschlägen, Patienten nach ihrer Betreuungsintensität zu differenzieren, wurde versucht, betreuungsbezogene Einflussgrößen zu identifizieren, und damit die Aussagekraft der Studienergebnisse zu untermauern sowie den Ansprüchen der internen Validität an Studien zur Pharmazeutischen Betreuung gerecht zu werden.

Die Ergebnisse zeigen, dass Lebensstilerkrankungen wie Diabetes mellitus insbesondere im höheren Lebensalter nur bedingt beeinflussbar sind, was sich vor allem in den Domänen der Lebensqualität und dem Gesundheitsverhalten widerspiegelt. Dennoch weisen verschiedene Einzelfälle darauf hin, dass durch die pharmazeutische Intervention Erfolge erzielt werden können, die sich bei der Betrachtung der gesamten Studiengruppe jedoch nivellieren. Die Ergebnisse konstatieren, dass Typ-2-Diabetiker sowohl einer frühzeitigen als auch einer nachhaltigen und konsequenten Betreuung bedürfen und die Erfolge einer Intervention sich an den individuellen Zielstellungen der Patienten orientieren sollten.

Außerdem wurden detaillierte Informationen über den Betreuungsverlauf und seine Ergebnisse abgebildet, die eine realistische Einschätzung von Studienzielen erlauben und eine gezielte Schwerpunktsetzung für Folgestudien ermöglichen. Der persönliche Nutzen, den die Studienpatienten während der Studienteilnahme erkannten, wird in der nächsten Ausgabe der PZ dargestellt.

 

Literatur

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Für die Verfasser:
Professor Dr. Marion Schaefer
Institut für Pharmazie der Humboldt-Universität
Goethestraße 54
13086 Berlin
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