Neutralisierende Antikörper schwächen Wirkung von Interferon-Therapie |
01.10.2001 00:00 Uhr |
Immer mehr Studien weisen darauf hin, dass neutralisierende Antikörper (NAK) die Wirksamkeit einer b-Interferon-Therapie bei Multipler Sklerose herabsetzen. Dies zeigte auch eine neue Untersuchung einer italienischen Forschergruppe an 76 remittierenden MS-Patienten.
Die am San Luigi Hospital in Orbassano durchgeführte Studie ergab, dass eine Interferon-Behandlung bei NAK-positiv getesteten Patienten nur zu einem relativ geringen Rückgang der Rückfallrate (20 Prozent) führte. Dagegen gingen bei Personen mit relativ niedrigen Antikörperzahlen im Blut die Schübe um fast 60 Prozent zurück, berichteten die Mediziner auf dem European Congress on Treatment and Research in Multiple Sclerosis, der vom 12. bis 15. September in Dublin stattfand.
"Meiner Ansicht nach kann es keine Zweifel mehr daran geben, dass hohe Mengen an neutralisierenden Antikörpern die positiven Auswirkungen von b-Interferon bei MS sabotieren", erklärte der Studienleiter Dr. Antonio Bertolotto. "Unsere Studie ist nur die letzte in einer wachsenden Reihe von Beweisen."
Neutralisierende Antikörper bilden sich nach Interferon-Gabe, weil das Immunsystem die rekombinanten Polypeptide als körperfremd erkennt. Bei allen drei auf dem Markt befindlichen Interferon-b-Präparaten treten nach 12 bis 24 Monaten NAK auf. Allerdings unterscheidet sich der prozentuale Anteil der Patienten, die NAK entwickeln, von Produkt zu Produkt. Die Fachinformationen für das von Biogen vertriebene Avonex® beziffern den Anteil auf 15 Prozent. Bei dem Präparat Rebif® von Serono liegen die Angaben bei 24 Prozent und bei Betaferon® von der Berliner Schering AG bei 45 Prozent. Allerdings lassen sich diese Daten kaum vergleichen, da bei den Untersuchungen verschiedene Testverfahren verwendet wurden und unterschiedlich hohe Grenzwerte galten.
Bisher war umstritten, ob neutralisierende Antikörper die Wirksamkeit von Interferon-b-Präparaten beeinflussen. Aber derzeit weisen eine "Fülle von veröffentlichten und unveröffentlichten Daten" auf eine Beziehung zwischen Arzneimittelwirkung und Antikörperzahlen hin, erklärte Bertolotto. Die Zytokine zählen zu den wichtigsten Standardpräparaten, die das Fortschreiten der chronisch-entzündlichen und demyelinisierenden Erkrankung des Zentralnervensystems verzögern. Unter Multipler Sklerose leiden in Deutschland etwa 120.000 Menschen.
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