Gute Erfolge mit Etanercept |
02.08.2004 00:00 Uhr |
Der TNF-a-Blocker Etanercept ist zur Behandlung von Patienten mit rheumatoider Arthritis, Morbus Bechterew oder Psoriasis-Arthritis zugelassen. In Kürze könnte das Spektrum um die Indikation Schuppenflechte erweitert werden. Ein positives Votum des europäischen Komitees für Humanarzneimittel liegt seit wenigen Tagen vor.
Zur Erinnerung: Etanercept ist ein dimeres Fusionsprotein, das aus zwei rekombinanten, löslichen Tumornekrosefaktor-(TNF)-Rezeptormolekülen und dem Fc-Anteil eines humanen IgG1 besteht. Das Molekül bindet TNF-a mit hoher Affinität, verhindert damit dessen Bindung an Rezeptoren auf Zelloberflächen und Folgeeffekte. TNF-a gilt als einer der wichtigsten Botenstoffe bei vielen entzündlichen Erkrankungen wie Morbus Crohn, rheumatoide Arthritis und Psoriasis. Sowohl in psoriatischen Hautläsionen als auch in Synovialflüssigkeit und -membran von entzündeten Gelenken wurde das Zytokin in großen Mengen nachgewiesen.
„Die Psoriasis-Arthritis ist eine schwere, aber vernachlässigte Erkrankung“, erklärte Professor Dr. Wolf-Henning Boehncke vom Zentrum für Dermatologie der Universität Frankfurt auf einer Pressekonferenz der Wyeth Pharma in München. Oft erkrankt zunächst die Haut an Schuppenflechte. Etwa 30 Prozent der Patienten berichten später auch über Gelenkbeschwerden. Jeder Fünfte leidet zeitgleich an Haut- und Gelenksymptomen. Tückisch: Die Schwere der Hauteffloreszenzen korreliert nicht mit dem Gelenkbefall. Da eine Arthritis psoriatica (PsA) zur Gelenkzerstörung und Schwerbehinderung führen kann, sollten Ärzte frühzeitig nach solchen Beschwerden fahnden, mahnte der Dermatologe.
Die Therapie orientiert sich weitgehend an der Strategie bei rheumatoider Arthritis. Jedoch liegen nur wenige kontrollierte Studien zur PsA vor, rügte Professor Dr. Klaus Krüger aus München. Methotrexat gilt als Goldstandard in der Basistherapie; alternativ werden Leflunomid oder Ciclosporin eingesetzt. Sulfasalazin helfe nur bei sehr milder Ausprägung. Goldverbindungen und Chloroquin können den Hautstatus verschlechtern. Corticosteroide wirken bei PsA generell schlechter; beim Ausschleichen verschlimmere sich häufig der Hautbefund, warnte der Rheumatologe. Von den Biologicals ist bislang nur Etanercept zur PsA-Therapie zugelassen. Die Patienten spritzen zweimal wöchentlich 25 mg subkutan.
In einer kleinen Phase-II-Studie mit 60 Patienten über zwölf Wochen erreichten 73 Prozent eine 20-prozentige Verbesserung ihrer Gelenkbeschwerden (erfasst nach ACR-20-Kriterien) gegenüber 13 Prozent in der Placebogruppe. 87 Prozent der Etanercept-Patienten und 23 Prozent in der Placebogruppe erfüllten den PsARC-Score, der den speziellen psoriatischen Gelenkbefall miterfasst. Auch die Haut besserte sich unter dem Biological deutlich.
Über sechs Monate lief eine placebokontrollierte Phase-III-Studie mit 205 Patienten mit hoch aktiver PsA und Plaque-Psoriasis. Auch hier war eine Begleitmedikation mit Methotrexat und Steroiden erlaubt. Nach zwölf Wochen erfuhren 59 Prozent der Patienten unter Verum, aber nur 15 Prozent unter Placebo eine 20-prozentige Besserung (ACR-20). Diese Effekte blieben über 24 und 48 Wochen (offene Verlängerung der Studie) erhalten, nach 48 Wochen ereichten zwei Drittel der Patienten die ACR-20-Werte. Die speziellen Gelenkbefunde und die Haut verbesserten sich ebenfalls signifikant. Zudem zeigten Röntgenaufnahmen nach zwölf Monaten, dass Etanercept das Fortschreiten der Krankheit aufhalten kann.
Abgesehen von Reaktionen an der Injektionsstelle waren Nebenwirkungen in beiden Gruppen gleich häufig. Wichtig ist, die Biologicals nicht bei floriden Infektionen einzusetzen, mahnte Krüger.
Auch wenn die Erfahrungen mit TNF-a-Blockern begrenzt sind, bedeute das Ausmaß des Therapieerfolgs einen „Quantensprung“ im Vergleich zur herkömmlichen Basistherapie, sagte Krüger. Da die Substanzen teuer sind, arbeiten Experten der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie derzeit an Leitlinien. Danach könnten die Wirkstoffe Patienten mit gesicherter aktiver Psoriasis-Arthritis zu gute kommen, bei denen mindestens eine ausreichend dosierte Basistherapie, vorzugsweise mit Methotrexat, über mindestens drei Monate versagt hat.
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