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Atopisches Ekzem

Pathogenese, Prävention und Therapie

08.07.2002  00:00 Uhr
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Dies ist ein Beitrag aus unserem Archiv. Aktuelle Informationen zum Thema finden Sie auf unserer Themenseite Atopisches Ekzem/Neurodermitis.

Atopisches Ekzem: Pathogenese, Prävention und Therapie

von Christina Schnopp, Johannes Ring und Dietrich Abeck, München

Das atopische Ekzem gilt als eine der häufigsten Erkrankungen im Kindesalter. Inzwischen stehen verschiedene neue Therapieansätze zur Verfügung.

Die Prävalenz des atopischen Ekzems hat in den vergangenen 20 Jahren weltweit zugenommen. Gleiches gilt auch für allergisches Asthma und Heuschnupfen, die ebenfalls zur atopischen Trias gehören. Die Gründe für die Prävalenzzunahme des atopischen Ekzems sind bisher nicht geklärt. Die Ergebnisse epidemiologischer Untersuchungen haben zu verschiedenen Hypothesen geführt, deren Bedeutung jedoch durch weitere Studien überprüft werden muss:

Die Umwelthypothese postuliert signifikante Unterschiede in der Ekzemhäufigkeit zwischen alten und neuen Bundesländern, wobei Umweltfaktoren wie Autoabgase oder Innenraumschadstoffe als ursächliche Faktoren diskutiert werden. Die Infektionshypothese bezieht sich auf ein inverses Verhältnis zwischen Atopie und Immunisierung, und die Sozialstatushypothese bezieht sich auf häufigere Ekzemerkrankungen in Familien mit höherem sozialen Status.

Meist milde Verlaufsform bei Kindern

Angesichts der hohen Prävalenz ist zu beachten, dass die meisten Kinder milde Verlaufsformen mit seltenen Exazerbationen zeigen. In einer englischen Studie wurden von über 1700 Kindern im Alter von ein bis fünf Jahren 84 Prozent als “mild”, 14 Prozent als “moderat” und nur 2 Prozent als schwer eingestuft (12).

Während die milden Formen auf Grund ihrer Häufigkeit vor allem unter sozioökonomischen Gesichtspunkten eine Rolle spielen, stellen die schwereren Formen oft eine erhebliche psychosoziale Belastung mit Beeinträchtigung der Entwicklungsmöglichkeiten des Kindes sowie der Lebensqualität der ganzen Familie dar. Tabelle 1 gibt Hinweise zur Einordnung des Schweregrades bei Kindern aufgrund des klinischen Bildes.

 

Tabelle 1: Klinisch-dermatologische Kriterien zur Beurteilung des Schweregrades des kindlichen atopischen Ekzems (37)

Leichtes atopisches Ekzem mit günstiger Prognose Schweres atopisches Ekzem mit schlechter Prognose Auftreten nach dem sechsten Lebensmonat Auftreten bereits in den ersten drei Lebensmonaten nummuläre Variante prurigoform lokalisierte Verläufe mit Ausnahme des Gesichts disseminierte oder generalisierte Verläufe geringere Ekzeminfiltration stärkere Ekzeminfiltration geringer Juckreiz sehr starker Juckreiz

 

Wichtigster bekannter Risikofaktor für die Entwicklung eines atopischen Ekzems ist eine familiäre Belastung mit Erkrankungen aus dem atopischen Formenkreis (Rhinoconjunctivitis allergica, Asthma bronchiale, atopisches Ekzem). Zwillingsstudien belegen die genetische Grundlage dieser Erkrankungen; ein dominierendes Atopie-Gen konnte bisher jedoch nicht identifiziert werden. Wahrscheinlich wird die genetische Disposition polygen vererbt.

Mit Hilfe von Kopplungsanalysen wurden in den letzten Jahren verschiedene Kandidatengene identifiziert. Hinsichtlich des atopischen Ekzems ist insbesondere eine Region auf Chromosom 14 (14q11.2) interessant; sie codiert für die Mastzellchymase. Im Vergleich mit gesunden Kontrollprobanden zeigt sich bei Patienten mit atopischem Ekzem eine signifikant abweichende Verteilung von drei Mastzellchymase-Genotypen. Möglicherweise beeinflusst diese genetisch determinierte Variante der Mastzellchymase das Risiko, ein atopisches Ekzem zu entwickeln.

Barrierefunktion der Haut ist gestört

Typisches Kennzeichen der Neurodermitikerhaut ist eine gestörte epidermale Barrierefunktion mit erhöhtem transepidermalem Wasserverlust (TEWL) und gesteigerter Empfindlichkeit gegenüber irritativen und immunologisch wirksamen Einflüssen (4). Eine mögliche Ursache der Barrierestörung ist die quantitative (19) und qualitative (8) Veränderung der Lipidzusammensetzung im Stratum corneum bei Atopikern.

In der chronischen Phase sind möglicherweise Autoimmunmechanismen für die Unterhaltung der Neurodermitis verantwortlich. So wurden im Serum von Patienten mit atopischem Ekzem IgE-Autoantigene nachgewiesen, die über die Bildung von IgE-Autoantigen-Immunkomplexen bei der Chronifizierung, beziehungsweise Allergen-unabhängigen Exazerbation des atopischen Ekzems eine Rolle spielen könnten.

In den letzten Jahren gibt es immer mehr Hinweise auf eine Beteiligung des neurohumoralen Systems an der Pathogenese. Das Neuropeptid Substanz P, das unter anderem in den Nervenendigungen und Mastzellen der Haut vorkommt, wirkt in vivo vasodilatatorisch und fördert die Proliferation von Keratinozyten, Fibroblasten und Endothelzellen. In vitro wurde eine T-Zell-proliferierende Wirkung nachgewiesen. Beim atopischen Ekzem könnte das Neuropeptid bei der Wahrnehmung des Juckreizes, der Schweißsekretion und paradoxen vasomotorischen Reaktionen eine Rolle spielen.

Prävention

Vor allem in Familien, in denen bereits Erkrankungen des atopischen Formenkreises vorliegen, wird häufig die Frage nach präventiven Maßnahmen gestellt. Dazu gehören (35): Brustmilchernährung, Verzicht auf aktives und Meidung passiven Rauchens, Hautpflege und Vermeidung irritierender (zum Beispiel Wolle) und sensibilisierender Stoffe (beispielsweise Nickel) und der Verzicht auf Pelz und Feder tragende Haustiere.

Eine finnische Untersuchung konnte im Rahmen einer placebokontrollierten, doppelblinden Prüfung bei Gabe von Lactobacillus GG vom Ende der Schwangerschaft bis zu einem halben Jahr nach der Geburt (nach Abstillen Gabe über die verwendete Säuglingsnahrung) eine signifikante Reduktion des Erkrankungsrisikos bei Nachkontrolle im Alter von zwei Jahren zeigen (21). Vor einer allgemeinen Empfehlung sollten diese Ergebnisse jedoch durch weitere Untersuchungen bestätigt werden.

Intensive Maßnahmen zur Hausstaubmilbenreduktion oder eine Entfernung von Haustieren, die bereits vor der Geburt eines Kindes in der Wohnung leben, führen auch bei Risikokindern zu keiner Verminderung des Erkrankungsrisikos, so die Ergebnisse neuer Untersuchungen (10).

Wichtigste Grundlagen des atopischen Ekzems sind die Barrierestörung der Haut und die Hyperreagibilität des Immunsystems (siehe oben). Basierend auf dieser Ausgangslage können individuell sehr unterschiedliche Provokationsfaktoren die Manifestation der Erkrankung beeinflussen.

Ein umfassendes Behandlungskonzept der Neurodermitis umfasst neben einer stadiengerechten Therapie die Aufdeckung der individuell relevanten Provokationsfaktoren und deren Vermeidung (34, 37).

Basistherapie soll Hautbarriere regenerieren

Trockene Haut ist ein typisches klinisches Kennzeichen von Patienten mit Neurodermitis. Die Basistherapie zielt auf eine Wiederherstellung einer intakten Hautbarriere. Sie umfasst den regelmäßigen Einsatz von überwiegend wirkstofffreien Externa. Die Auswahl der entsprechenden Grundlage (W/O, O/W) sollte stadiengerecht, das heißt in Abhängigkeit des Hautzustands erfolgen. Grundsätzlich gilt: Je ausgeprägter die Entzündungszeichen, desto wässriger die Grundlage.

Die Basistherapeutika erhöhen die Hauthydratation, die mit einer Abnahme des TEWL korreliert. Zum Baden sollten Ölbäder, bevorzugt vom Spreitungstyp (5), verwendet werden. Dies vermindert die Austrocknung und weitere Verschlechterung der epidermalen Barriere beim Baden.

Um eine verstärkte Evaporation aus dem Stratum corneum zu vermeiden, sollte innerhalb von drei Minuten nach dem Bad ein Basisexternum appliziert werden. Ein optimales Basistherapeutikum sollte möglichst frei von Duft- und Konservierungsstoffen sein, um Kontaktsensibilisierungen zu vermeiden. Die Wirksamkeit der Basistherapie hängt wesentlich von der regelmäßigen Anwendung ab.

Harnstoff als Moisturizer

Den Basisexterna können zur Verbesserung der Hydratation Feuchthaltefaktoren, Moisturizer, zugesetzt werden. Vor allem Harnstoff wird wegen seiner keratolytischen und antipruriginösen Eigenschaften bevorzugt eingesetzt. Der Zusatz in Konzentrationen zwischen vier und zehn Prozent eignet sich vor allem für Phasen mit geringer Krankheitsaktivität, in denen die Behandlung der Sebostase im Vordergrund steht.

Bei nässenden Läsionen reizen harnstoffhaltige Präparate. Außerdem sollte im Kleinkindesalter (bis zum fünften Lebensjahr) in der Regel auf harnstoffhaltige Präparate verzichtet werden.

Auch unter optimaler Basistherapie lässt sich das Auftreten ekzematöser Veränderungen in der Regel nicht vollständig verhindern. Die Behandlung richtet sich in erster Linie nach dem Schweregrad und der Lokalisation. Zum Einsatz kommen mehrheitlich topische Maßnahmen.

Topische Glucocorticoide bilden auf Grund ihrer hohen antiinflammatorischen Potenz immer noch die Basis der Therapie ekzematöser Hautveränderungen. Heute stehen mit den topischen Glucocorticoiden der vierten Generation Substanzen mit verbessertem Nutzen-Risiko-Profil, das heißt für die Neurodermitis mit hoher antiinflammatorischer Aktivität bei geringer atrophogener Wirkung zur Verfügung (40). Sie sind charakterisiert durch eine Doppelveresterung, werden durch in der Haut befindliche Esterasen in ihre aktive Form überführt und noch in der Haut zu systemisch weitgehend unwirksamen Formen abgebaut (28).

Das Phänomen der Steroidtachyphylaxie lässt sich häufig durch Wechsel auf ein anderes Präparat derselben Wirkklasse (Einteilung nach Niedner) überwinden. Das Ausschleichen der topischen Glucocorticoide kann in Form einer Stufentherapie mit Präparaten abnehmender Wirkstärke oder als Intervalltherapie durch Anwendung des gleichen Präparates in verlängerten zeitlichen Abständen erfolgen.

Bufexamac-, Gerbstoff-, Ammoniumbituminosulfonat- sowie Phytopharmaka-haltige Externa stehen als Alternativen für eine steroidfreie Behandlung zur Verfügung. Sie erreichen jedoch nicht die Wirkstärke der neuen Glucocorticoidzubereitungen und eignen sich somit eher zur Stabilisierung im Intervall als für die wirksame Behandlung eines akuten Schubs.

Bei akuter Exazerbation des atopischen Ekzems, insbesondere bei nässenden Formen, hat sich die Anwendung fett-feuchter Verbände (wet wrap dressing oder wet pyjama) bewährt. Vor dem Anlegen wird eine Fettcreme oder -salbe aufgetragen. Dabei können wirkstofffreie Grundlagen oder Glucocorticoide eingesetzt werden. Letztere steigern auf Grund ihrer antiinflammatorischen Wirkung die Effektivität signifikant (41).

Die auch industriell angebotenen elastischen Verbände (zum Beispiel tubifast®, coverflex®) werden passend zugeschnitten und in lauwarmem Wasser mit oder ohne antiseptischen Zusatz (zum Beispiel Chlorhexidin) oder Schwarztee angefeuchtet. Darüber wird eine entsprechende Lage des trockenen Verbandes gezogen. Darüber kann normale Kleidung getragen werden, so dass diese Verfahren auch ambulant anzuwenden sind (2).

Die Technik der feuchten Schlauchverbände unter Verwendung lipidreicher Externa führt durch die Ablösung von Krusten, die abtrocknende Wirkung und den kühlenden und damit Juckreiz lindernden Effekt zu einer raschen Abnahme der Symptome. Die Hautbarriere wird positiv beeinflusst, was durch eine verstärkte Lipiddeposition in der Epidermis durch die feuchte Okklusion erklärt werden kann. Besonders bei Kindern ist auch die Wirkung der Verbände als Kratzbarriere nicht zu unterschätzen.

Die Verbände können drei bis fünf Stunden auf der Haut bleiben. Anschließend kann bei Bedarf nach erneutem Auftragen eines entsprechenden Externums die Anwendung wiederholt werden. In der Regel ist nach dreitägiger Behandlung die Umstellung auf herkömmliche Basisbehandlung möglich.

Neue Alternativen

Auf der Suche nach Alternativen zu topischen Glucocorticoiden sind in den letzten Jahren zwei Immunsuppressiva aus der Gruppe der Macrolactame zur topischen Anwendung entwickelt worden: das Makrolid Tacrolimus und das Ascomycindervat SDZ ASM 981.

Die Substasnzen inhibieren wie Cyclosporin A verschiedene proinflammatorische Prozesse, vor allem in T-Zellen, Mastzellen und Basophilen (30, 15). Nach Bindung an ein zytosolisches Immunophilin (Cyclophilin, FK506-bindendes Protein, Macrophilin-12) wird die Calcineurin-Phosphatase blockiert. Diese spielt eine zentrale Rolle bei der intrazellulären Signaltransduktion zur Regulation der Transkription zahlreicher proinflammatorischer Zytokine.

Tacrolimus (FK 506) wurde aus dem Pilz Streptomyces tsukubaensis isoliert. Bei systemischer Gabe ist es ein potentes Immunsuppressivum, das seit 1995 in der Transplantationsmedizin eingesetzt wird. Seit Dezember 1999 ist es in Japan und inzwischen auch in Europa als Salbenformulierung (Protopic®) im Handel. Aus der gleichen Substanzklasse stammt das Ascomycinderivat SDZ ASM 981, das derzeit als einprozentige Creme (Elidel®) klinisch getestet wird.

Als Hauptargument gegenüber der antiinflammatorischen Glucocorticoid-Standardtherapie gilt die fehlende atrophogene Wirkung der neuen topischen Immunsuppressiva (32, 26). Mehrere Studien belegen die hohe antientzündliche Potenz von Tacrolimus in der Therapie des atopischen Ekzems bei Erwachsenen (31, 16, 36). Die Wirksamkeit bei Kindern wurde in zwei großen doppelblinden, placebokontrollierten und einer offenen Studie nachgewiesen (29, 22, 9).

Als häufigste Nebenwirkung (10 bis 34 Prozent) werden kurzfristiges Brennen und Juckreiz beim Auftragen angegeben, wobei die Beschwerden nach einer Woche Therapie deutlich abnehmen (22, 29, 6, 9). Im Rahmen der Studien zeigte sich unter Tacrolimus keine erhöhte Rate von Hautinfektionen.

Eine finnische Studie zeigte die Abnahme der Staphylococcus-aureus-Kolonisation mit der Verbesserung des klinischen Befundes unter Tacrolimus entsprechend den Beobachtungen unter topischer Steroidtherapie (33). Zumindest theoretisch besteht jedoch das Risiko vermehrter viraler Hautinfektionen unter Tacrolimus - vor allem durch Herpes simplex, Varizellen, Mollusca contagiosa. Langfristig bestehen Bedenken hinsichtlich der Begünstigung virusassoziierter und lichtinduzierter benigner und maligner Tumoren.

Die derzeit verfügbaren Tacrolimus-Präparate (Protopic®) enthalten 0,1 beziehungsweise 0,3 Prozent Tacrolimus in einer Salbengrundlage. Die sehr fette und etwas klebrige Grundlage ist besonders bei akut exazerbierten Läsionen und im Gesicht sowie am Hals eher ungünstig.

Bisher sind wenige klinische Studien mit dem Ascomycinderivat SDZ ASM 981 publiziert. In einer Pilotstudie mit Erwachsenen konnte die Wirksamkeit einer einprozentigen Creme gegenüber Placebo sowie die Überlegenheit der zweimal täglichen Anwendung gegenüber einmal täglicher Applikation gezeigt werden (45).

Das Ascomycinderivat scheint schwächer wirksam als Tacrolimus; in einer großen Vergleichsstudie gegenüber Triamcinolonacetonid 0,1 beziehungsweise Hydrocortison 1 Prozent lag die Abbruchrate unter SDZ ASM 981 deutlich höher. Über ein Drittel (36 Prozent) der erwachsenen Patienten in der Ascomycingruppe brachen die Studie wegen unbefriedigender Wirksamkeit ab (25).

Gute Erfolge zeigten sich in der Behandlung von Säuglingen und Kleinkindern (24), sowie bei Läsionen im Bereich von Gesicht und Hals. Ältere Kinder, Patienten mit Läsionen im Bereich der Extremitäten, insbesondere der Hände, stark infiltrierte und lichenifizierte Areale, sprechen dagegen schlechter auf eine topische Behandlung mit dem Ascomycinderivat an.

Das Nebenwirkungsspektrum ist dem Tacrolimus vergleichbar, wobei die bisher bekannten Daten zur systemischen Resorption konstant niedrige Blutspiegel des Ascomycinderivats zeigen. SDZ ASM 981 wird derzeit in einer einprozentigen Cremezubereitung in klinischen Studien getestet.

Tacrolimus und Ascomycinderivate könnten in Zukunft ihren Platz als alternative antiinflammatorische Behandlungsmöglichkeit für spezielle Lokalisationen wie Gesicht, Hals und Intertrigines finden. Solange Langzeitstudien sowie die Erfahrung an großen Patientenkollektiven fehlen, bleiben die topischen Glucocorticoide auf Grund des gut charakterisierten Nebenwirkungsspektrums jedoch Mittel der ersten Wahl.

Immunsuppressiva zur systemischen Therapie

Eine innerliche antientzündliche Behandlung des atopischen Ekzems ist nur in wenigen, sehr schweren Fällen notwendig. Unter den systemischen Immunsuppressiva hat sich vor allem Cyclosporin A in einer Dosierung von 2,5 mg bis 5 mg/kg Körpergewicht etabliert. Andere Immunsuppressiva wie Azathioprin (Imurek®), Methotrexat und Mycophenolatmofetil (CellCept®) wurden in therapieresistenten Einzelfällen erfolgreich eingesetzt.

Verschiedene placebokontrollierte Studien mit Erwachsenen belegen die gute Wirksamkeit von Cyclosporin A beim atopischen Ekzem (44, 42). Im Kindesalter konnte die Wirksamkeit bezüglich Krankheitsaktivität (Erythem, Trockenheit, Nässen et cetera), befallener Fläche und Juckreiz gezeigt werden (46, 7) sowie eine gute Verträglichkeit bei einer Therapiedauer von maximal einem Jahr (17).

Eine klinische Verbesserung des Hautzustands ist nach etwa einer Woche zu erwarten, der maximale Effekt wird häufig schon nach zweiwöchiger Behandlung erreicht (14). Nach Absetzen der Medikation kommt es bei den meisten Patienten zu einer Verschlechterung des Hautzustands innerhalb von zwei bis sechs Wochen, es tritt jedoch kein Rebound-Phänomen auf.

Da Cyclosporin A über das Cytochrom-P-450-System metabolisiert wird, können Arzneiwechselwirkungen auftreten. Zu beachten ist auch die erhöhte Nephrotoxizität bei gleichzeitiger Gabe nephrotoxischer Antibiotika (zum Beispiel Aminoglykoside) oder nicht steroidaler Antiphlogistika.

Es wird empfohlen, vor Therapiebeginn sowie zunächst in zwei-, dann in vierwöchigen Abständen Kreatinin, Harnstoff, Magnesium, Triglyceride, Cholesterin, Bilirubin, GOT und GPT im Serum zu bestimmen und regelmäßige Blutdruckkontrollen durchzuführen. Malignome in der Anamnese sind ein Ausschlusskriterium für die Therapie mit Cyclosporin A bei dermatologischen Indikationen.

Bei einem Anstieg des Serumkreatininspiegels um mehr als 30 Prozent oder Blutdruckanstieg ist eine Dosisreduktion notwendig. Cyclosporin A darf auf Grund des erhöhten Karzinogenitätsrisikos nicht zusammen mit einer Fotochemotherapie eingesetzt werden. Während der Therapie ist ein besonders konsequenter Sonnenschutz notwendig, da bei Transplantierten unter Cyclosporindauertherapie eine erhöhte Rate lichtinduzierter Hauttumoren beobachtet wurde.

Antimikrobielle Therapie

Auf Grund der bevorzugten Kolonisation der atopischen Haut und wegen seines enormen Entzündungspotenzials führt eine gegen Staphylococcus aureus gerichtete Behandlung häufig zu einer deutlichen Besserung des Ekzems (3).

Bei akuten Verschlechterungen, insbesondere bei großflächigen, nässenden Hautveränderungen, ist eine perorale Antibiotikagabe indiziert. Erythromycin sollte heute wegen der hohen Zahl resistenter Isolate nicht mehr verordnet werden. Penicillinase-feste Penicilline wie Flucloxacillin (Staphylex®), Cephalosporine vom Ceporexin-Typ oder bei Penicillinallergie Fusidinsäure (Fucidine®) sind die Substanzen der Wahl.

In der Regel zeigt sich innerhalb von ein bis zwei Tagen eine deutliche Besserung der Hautveränderungen. Fehlen Zeichen einer klinischen Infektion und ist S. aureus dennoch nachweisbar, profitieren viele Patienten von einer topischen antimikrobiellen Behandlung, die bei Kindern mit Farbstoffen wie Pyoktanin (Haut: 0,25 Prozent, Schleimhäute: 0,1 Prozent, einmal täglich), ansonsten mit farblosen Antiseptika wie Chlorhexidin (1 Prozent) oder Triclosan (1 bis 2 Prozent) erfolgen kann (27).

Antipruriginöse Maßnahmen

Antihistaminika haben ihren festen Platz zur Juckreizbekämpfung, wobei zum Teil die klassischen sedierenden Antihistaminika, abends eingesetzt, zu bevorzugen sind (18, 5). Andere Untersuchungen zeigen jedoch auch die Wirksamkeit der modernen Antihistaminika.

In England steht mit einer fünfprozentigen Doxepinhydrochlorid-Zubereitung (Xepin-Creme) ein antipruriginös wirksames, lokal applizierbares Antihistaminikum zur Verfügung. Schon bei Behandlung kleiner Flächen kommt es jedoch durch percutane Absorption zu einer Sedierung, die die großflächige Anwendung einschränkt.

Endogene Opiate modifizieren die Juckreizwahrnehmung über zentrale Opiatrezeptoren unabhängig von Histamin. In diesem Zusammenhang sind erste positive klinische Ergebnisse zur Wirksamkeit des Opiatantagonisten Naltrexon als Juckreiz stillende Therapiealternative interessant.

Der Einsatz g-Linolensäure-haltiger Präparate (Epogam®) in der Behandlung des atopischen Ekzems zielt auf den Ausgleich eines Enzymdefektes (d-6-Desaturase), der unter anderem eine Vermehrung inflammatorischer und Juckreiz auslösender Mediatoren nach sich zieht.

Obwohl unter der Behandlung eine Modulation der Interferon-g- und Immunglobulin-E-Bildung beobachtet werden konnte (43), sind die zu erzielenden Effekte, die sich überdies erst nach etwa drei Monaten feststellen lassen, in der Regel nur sehr gering. Aus diesem Grund gilt Linolensäure nicht als Therapie der ersten Wahl. Lediglich herkömmlich nicht optimal beeinflussbare Verläufe des atopischen Ekzems rechtfertigen eine hoch dosierte Linolensäure-Gabe (35).

Weitere Alternativen

Mit der Entwicklung und Vermarktung von modernen Bestrahlungsgeräten ist die Fototherapie des atopischen Ekzems wieder in den Vordergrund gerückt. Insbesondere die UV-A1-Hochdosistherapie bei 340 bis 400 nm hat sich bei schweren Exazerbationen als effektiv erwiesen (23).

Ob eine UV-A1-Fototherapie zur längerfristigen Stabilisierung geeignet ist, bedarf weiterer kontrollierter Studien. Der routinemäßige Einsatz bei Kindern unter 12 Jahren ist auf Grund des aktuellen Wissenstandes über die Kanzerogenität von UV-A nicht zu befürworten.

In der langfristigen Behandlung und sekundären und tertiären Prävention der Neurodermitis haben sich zudem Rehabilitationsmaßnahmen auf den Nordseeinseln und im Hochgebirge bewährt. Probiotika könnten in Zukunft ebenfalls eine Rolle in der Therapie des atopischen Ekzems spielen. Eine erste Untersuchung aus Finnland (20) konnte die therapeutische Wirkung von Lactobacillus GG und Bifidobacterium lactis Bb-12 als Zusatz zu hydrolisierter Molkenahrung bei Säuglingen mit manifestem atopischen Ekzem zeigen.

Möglicherweise können Probiotika die intestinale Barrierefunktion gegenüber Mikroorganismen und Nahrungsmittelallergenen verbessern. Des weiteren beeinflusst die intestinale Mikroflora die intestinale IgA- Antwort sowie das Wechselspiel pro- und antiinflammatorischer Zytokine.

Frust durch Schulungen bekämpfen

Unter anderem die Chronizität der Erkrankung und der Verlauf mit rezidivierenden Exazerbationen führen bei vielen Betroffenen und Angehörigen zu Frustration., Ängstlichkeit, Verlust an Selbstvertrauen. Strukturierte Patientenschulungen (ähnlich den Asthma- und Diabetikerschulungen) können einen wichtigen Beitrag zum besseren Krankheitsverständnis und zur Integration der Patienten, beziehungsweise der Eltern betroffener Kinder leisten.

Unter dem Strich stehen heute zur Behandlung des atopischen Ekzems eine Vielzahl von Substanzen zur Verfügung, durch die in Kombination mit der Aufdeckung und Meidung der individuellen Provokationsfaktoren für die meisten Betroffenen ein zufrieden stellender Umgang mit der Erkrankung möglich ist.

Festzuhalten bleibt, dass die Therapie jeweils individuell und stadiengerecht abgestimmt werden muss. Dabei spielt die Basispflege eine zentrale Rolle im Behandlungskonzept. Bei akuten Exazerbationen ist eine spezifische Therapie notwendig. Meist genügt eine intensive topische Behandlung, gelegentlich ist eine systemische antimikrobielle oder antientzündliche Therapie sinnvoll.

 

Neue Infobroschüre Die Firma Hartmann hat eine neue Patientenbroschüre zum Thema Neurodermitis herausgegeben. Das Heft beschreibt das Krankheitsbild und die möglichen Auslöser der Krankheit, gibt Tipps zur Hautpflege und nennt Adressen von Selbsthilfegruppen sowie Verbänden. Die Broschüre „Mehr Gesundheit und Lebensqualität bei Neurodermitis“ kann kostenlos unter der Servicenummer (0180) 50 06 02 1 bestellt werden.

 

Literatur bei den Verfassern

 

Für die Verfasser:
Dr. Christina Schnopp
Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie am Biederstein der TU München
Biedersteiner Straße 29
80802 München
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E-Mail: redaktion@govi.de

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