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Bei Mikroalbuminurie schrillen alle Alarmglocken

28.05.2001  00:00 Uhr

PHARMACON MERAN

Bei Mikroalbuminurie schrillen alle Alarmglocken

von Brigitte M. Gensthaler, Meran

Etwa 55. 000 Menschen in Deutschland hängen an der Dialyse, die Hälfte davon wegen einer diabetischen und hypertensiven Nephropathie. 13. 000 Patienten stehen auf der deutschen Transplantationsliste und warten auf eine neue Niere; bei etwa 5000 geht die Nierenerkrankung auf das Konto von Diabetes und Hypertonie.

So weit muss es nicht kommen. In der Phase der Mikroalbuminurie sind die Nierenschäden noch reversibel. "Die frühe Diagnose und eine konsequente Therapie aller Begleiterkrankungen sind entscheidend für die Gesamtprognose des Patienten und können ihn vor der Dialyse bewahren; eine große Aufgabe für Arzt, Apotheker und Patient", sagte Dr. Eveline Wandel vom Transplantationszentrum der Universitäts-Klinik in Mainz.

Diabetes, Hypertonie, erhöhte Blutfette und Triglyceride sowie Nikotin setzen permanent den Nieren zu. Je höher die Blutglucosespiegel sind, umso mehr sogenannte AGE-Proteine (advanced glycosylation end-products) entstehen, die sich in den Gefäßen ablagern, und umso mehr Wachstumsfaktoren und vasoaktive Hormone werden gebildet, die das Renin-Angiotensin-System hoch regulieren. Jeder zweite Diabetiker entwickelt Bluthochdruck. Im Verbund mit einer Engstellung des Vas effens, dem zuführenden Gefäß, erhöht die Hyperglykämie den intraglomerulären Druck. Dies schädigt sukzessive die Endothelschicht des Glomerulums. Unbehandelt treiben alle diese Risikofaktoren die Nephropathie voran.

Man kennt heute eine stumme Phase der Nierenschädigung, die nach etwa fünf Jahren in die Phase der Mikroalbuminurie mündet; diese ist definiert als Einweißausscheidung von 30 bis 300 mg in 24 Stunden. Diese Proteinurie ist ein wichtiger Marker für die Frühdiagnose und darf niemals verharmlost werden, denn in diesem Stadium ist die Nephropathie noch heilbar. "Die Mikroalbuminurie ist ein ernst zu nehmendes Signal", betonte die leitende Oberärztin für Nephrologie des Mainzer Zentrums. Nachdrücklich begrüßte sie Screening-Aktionen mit Urinteststreifen, wenn diese von Hausarzt und Apotheker begleitet werden. Der dreimalige Nachweis einer Mikroalbuminurie beweise die Erkrankung und sollte zu therapeutischen Konsequenzen führen.

Ansonsten entsteht nach etwa 15 Jahren eine massive Proteinurie. "Parallel stürzt die Nierenfunktion ab." Dies kann in kurzer Zeit zum Nierenversagen führen. Schaum auf dem Urin sei ein typisches Alarmzeichen. In dieser Phase ist die Niere allerdings bereits irreversibel geschädigt. Entscheidend für die Prognose ist die sofortige Behandlung aller Risikofaktoren. Ziele sind:

  • die optimale Stoffwechselkontrolle, vorzugsweise mit einer intensivierten Insulintherapie; optimal ist ein HbA1C unter 7 Prozent; die Senkung des Ausgangs-HbA1C um 1,5 Prozent halbiert die Progressionsrate;
  • eine konsequente antihypertensive Therapie mit Zielblutdruck unter 135/85 mmHg, nach der HOT-Studie diastolisch 82,5 mg; eingesetzt werden ACE-Hemmer, Schleifendiuretika, Calciumantagonisten und b-Blocker
  • die Nephroprotektion mit ACE-Hemmern und
  • die Behandlung der Hyperlipidämie mit Statinen, eventuell kombiniert mit Fenofibrat.

Als "ganz wichtig" stufte Wandel Allgemeinmaßnahmen wie Gewichtsreduktion, Kochsalz- und Eiweißrestriktion (mediterrane Küche), körperliche Aktivität und den Verzicht aufs Rauchen ein. Das gleiche Programm gelte auch bei der hypertensiven Nephropathie.

Die zweithäufigste chronische Nierenerkrankung ist die IgA-Nephropathie. Diese Glomerulonephritis kann bis zur Dialysepflichtigkeit führen. Die Erkrankung tritt häufig wenige Tage nach Infekten auf; Warnzeichen ist eine schmerzlose Makrohämaturie. Die Diagnose wird mit einer Biopsie gesichert. Über den therapeutischen Stellenwert einer Immunsuppression mit Corticosteroiden wird heute kontrovers diskutiert, berichtete die Expertin. Begleitende Maßnahmen sind Proteinrestriktion, Blutdrucknormalisierung und die hoch dosierte Gabe von w-3-Fettsäuren.

Als nephrologischen Notfall beschrieb die Ärztin die rapide progressive Glomerulonephritis, die unbehandelt in wenigen Tagen bis Wochen zur Dialyse führt. Eine sofortige Biopsie ist wichtig, damit möglichst schnell eine Therapie mit Cortison und Cyclophosphamid begonnen werden kann. Dann ist die Prognose gut und die Nierenerkrankung reversibel.

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