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"AHA-Effekt" und Identität von Glykolsäure

07.05.2001  00:00 Uhr

"AHA-Effekt" und Identität von Glykolsäure

von Karsten Albert, Eschborn

Zur Behandlung von Alterserscheinungen der Haut, Verhornungsstörungen, Lichtschäden und Akne werden in der Dermatologie immer häufiger oberflächliche und mitteltiefe Peelingmethoden angewendet. Am häufigsten wird das Oberflächenpeeling mit a-Hydroxycarbonsäuren, auch Fruchtsäurepeeling genannt, durchgeführt. Glycolsäure hat sich als wichtigste Substanz in der dermatologischen Praxis bewährt.

Auf Grund zahlreicher Anfragen aus Apotheken zur Herstellung und Prüfung Glykolsäure-haltiger Dermatika hat die Kommission Deutscher Arzneimittel-Codex (DAC) beschlossen, Monographien für die beiden Handelsformen Reinsubstanz und 70-prozentige wässrige Lösung zu erstellen. Um beim Einkauf von Zertifikatware auf der Basis herstellereigner Spezifikationen in der Apotheke einen Identitätsnachweis zu ermöglichen, werden im Vorgriff auf die DAC-Monographien nachstehend entsprechende Methoden vorgeschlagen.

Chemische Eigenschaften

a-Hydroxycarbonsäuren (Alpha Hydroxy Acids oder kurz AHA) sind organische Carbonsäuren mit einer Hydroxylgruppe in a-Stellung, das heißt am nächsten Kohlenstoffatom zur Carboxylgruppe. In anderen Positionen können weitere Hydroxyl- und Carboxylgruppen vorhanden sein, wie zum Beispiel Milchsäure, Äpfelsäure und Mandelsäure. Glykolsäure oder Hydroxyessigsäure (HO-CH2-COOH) ist die einfachste a-Hydroxycarbonsäure. Sie kommt in zahlreichen Pflanzen, zum Beispiel unreifen Weintrauben, Zuckerrüben und im Zuckerrohr, vor und bildet in reinem Zustand farblose, monokline, prismatische Kristalle. Mit einem pKa-Wert von 3,8 bei 25 °C ist Glykolsäure eine starke organische Säure.

Wirkungsweise

a-Hydroxycarbonsäuren wirken auf die Haut sowohl epidermal als auch dermal. Sie beeinflussen die Korneozytenkohäsion; so wird altes oder totes Zellmaterial gelöst und die epidermale Hornschicht ausgedünnt. Die gleichzeitige Steigerung des Zellturnover führt zur Verdickung der Epidermis unter dem Stratum corneum. Ein weiterer epidermaler Effekt ist die erhöhte Glykosaminoglykansynthese und eine dadurch bedingte bessere Hydratation der Haut (1, 2).Als wichtige dermale Wirkung der a-Hydroxycarbonsäuren wird die Neubildung von elastischen und kollagenen Fasern diskutiert, wobei der Nachweis bisher vor allem für Glykolsäure gelang (1).

Indikationen und Dosis

Glykolsäure und andere a-Hydroxycarbonsäuren sind vor allem bei Ichthyosen, Hyperkeratosen, Akne und vulgären Warzen indiziert. Da die Mitarbeit und Zuverlässigkeit des Patienten für den Behandlungserfolg sehr wichtig ist, sollte der Dermatologe den Patienten zuvor ausführlich über das Nutzen-Risiko-Verhältnis einer Peelingtherapie informieren (2).

Für den therapeutischen Einsatz werden niedrig (5 bis 15 Prozent) und hoch konzentrierte (über 50 Prozent) Zubereitungen unterschieden. Niedrig konzentrierte Lösungen und Gele können sorgfältig eingewiesene Patienten selbst applizieren, während die Behandlung mit höher konzentrierten Zubereitungen durch den Arzt erfolgen sollte. Für dieses eigentliche Fruchtsäurepeeling werden meistens Glykolsäurelösungen verwendet, deren Konzentrationen im Laufe der Behandlungen auf bis zu 70 Prozent steigen können. Solche Zubereitungen haben tiefgreifende Wirkungen und können im Extremfall eine Epidermolyse verursachen. Sie dürfen deshalb nur auf dem betroffenen Hautareal angewendet werden, die Einwirkzeit muss kurz sein und durch Neutralisation mit Natriumhydrogencarbonat-Lösung (8,4 Prozent) oder Wasser beendet werden. Einzelheiten zur praktischen Durchführung des Fruchtsäurepeelings sind den ausführlichen Arbeiten von Köhler sowie Fratila und Uerlich zu entnehmen (1, 2).

Prüfung auf Identität

Zum apothekengerechten Nachweis der Glykolsäure-Reinsubstanz eignen sich folgende Verfahren:

A: Schmelztemperatur (2.2.14): 77 bis 81 °C. Kommentar: Die Substanz schmilzt unscharf ab etwa 74 °C in einem recht weiten Temperaturbereich. Bei etwa 79 °C liegen Festsubstanz und Schmelze ungefähr im gleichen Mengenverhältnis vor, bei 80 bis 81 °C ist die Klarschmelze erreicht. Gemäß der allgemeinen Methode des europäischen Arzneibuchs wird diese Temperatur als Messkriterium herangezogen. An drei Handelsmustern wurden Schmelztemperaturen zwischen 80 und 81 °C ermittelt.

B: 0,2 g Glykolsäure werden in 20 ml Wasser R gelöst. Die Lösung dient außerdem zur Durchführung der Prüfung auf Identität C. 10 ml der Lösung färben sich nach Zusatz von 0,05 ml Dimethylgelb-Lösung R DAC rot. Kommentar: Glykolsäure-Lösungen reagieren in Abhängigkeit von der Konzentration stark sauer, die 1-prozentige Lösung hat einen pH-Wert von etwa 2,3. Der Indikator Dimethylgelb ist unter diesen Bedingungen rot gefärbt; Umschlagsbereich: pH-Wert 2,9 (rot) bis 4,0 (gelb).

C: 0,05 ml der für die Prüfung B hergestellten Lösung werden mit der Suspension von 2 mg Chromotropsäure R in 2 ml Schwefelsäure R versetzt und drei Minuten lang im Wasserbad erhitzt. Es entsteht eine violette Färbung. Kommentar: Durch Erhitzen mit konzentrierter Schwefelsäure spaltet Glykolsäure Formaldehyd ab, das mit Chromotropsäure zu einem blauen Farbstoff reagiert.

Handelsüblich ist außerdem Glykolsäure-Lösung 70 Prozent, die mit Hilfe sehr ähnlicher Prüfungen identifiziert werden kann:

A: 0,3 g Glykolsäure-Lösung 70 Prozent werden mit 20 ml Wasser R versetzt. 10 ml dieser Lösung färben sich nach Zusatz von 0,05 ml Dimethylgelb-Lösung R DAC rot. Die Lösung dient außerdem zur Durchführung der Prüfung auf Identität B.

B: 0,05 ml der für die Prüfung auf Identität A hergestellten Lösung werden mit der Suspension von 2 mg Chromotropsäure R in 2 ml Schwefelsäure R versetzt und 3 Minuten lang im Wasserbad erhitzt. Es entsteht eine violette Färbung.

C: Die Mischung von 1,0 g Glykolsäure-Lösung 70 Prozent und 20 ml Wasser R wird nach Zusatz von 0,1 ml Phenolrot-Lösung R mit 8,0 ml Natriumhydroxid-Lösung (1 mol x l -1) versetzt. Die Lösung muss gelb gefärbt sein. Nach Zusatz von weiteren 2,0 ml Natriumhydroxid-Lösung muss die Lösung rotviolett gefärbt sein. Kommentar: Mit der halbquantitativen Titration wird über die äquimolare Masse indirekt die Identität nachgewiesen und außerdem eine orientierende Gehaltsbestimmung vorgenommen. Kondensationsprodukte der Glykolsäure werden mit diesem Schnellverfahren nicht erfasst. Bis zum Farbumschlag nach rot wurden im Durchschnitt 8,6 ml Natriumhydroxid-Lösung (1 mol x l -1) verbraucht.

 

Literatur

  1. Köhler, L. D., Kapitel "Fruchtsäuren, Fruchtsäurepeeling und Peelingalternativen" in H. C. Korting und W. Sterry (Hrsg.) "Therapeutische Verfahren in der Dermatologie - Dermatika und Kosmetika", Blackwell Wissenschafts-Verlag, Berlin-Wien, 2001.
  2. Fratila, A. und Uerlich, M., Fruchtsäurepeeling, Hautarzt 50 (1999) 448-460.

 

Anschrift des Verfassers:
Dr. Karsten Albert
Deutscher Arzneimittel-Codex
Zentrales Prüflaboratorium
Carl-Mannich-Straße 20
65760 Eschborn
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