Neue Strategien mit Oxaliplatin |
08.03.2004 00:00 Uhr |
Vieles spricht dafür, dass Oxaliplatin neuer Standard in der Therapie Platin-sensibler Tumoren werden könnte. Das Zytostatikum wirkt nach aktuellen Studien auch bei Lymphomen, Pankreas- und Margenkarzinomen und ist dabei gut verträglich.
Schon etwa 30 Jahre lang hält sich Cisplatin in vielen, immer neu variierten Chemotherapiekonzepten. Auf Grund seiner hohen Toxizität kann es jedoch bei vielen Patienten nicht angewendet werden. Nebenwirkungsärmer, aber auch häufig schwächer wirksam, ist Carboplatin, auf das seit Ende der 80er-Jahre als alternatives Platinderivat ausgewichen werden kann. Die jüngste Substanz aus dieser Klasse, Oxaliplatin, scheint nun ebenso effektiv wie Cisplatin zu sein, jedoch deutlich weniger toxisch.
Suche nach Goldstandard
„In der Therapie des fortgeschrittenen Magenkarzinoms bedarf es neuer und besserer Protokolle“, verdeutlichte Dr. Florian Lordick aus München auf einem Satellitensymposium der Firma Sanofi-Synthélabo auf dem 26. Krebskongress in Berlin. Die Rate an Remissionen betrage meist nur etwa 20 Prozent, wobei die Ansprechzeiten kurz und die Therapien aufwendig und toxisch seien. „Bisher gibt es keinen Goldstandard,“ resümierte der Internist. Denn das ECF-Regime aus Epirubicin, Cisplatin und 5-Fluorouracil (5-FU), das ein statistisch signifikant höheres Ansprechen und ein längeres Überleben zeigen konnte, ist sehr aufwendig und nur mäßig verträglich. Die Patienten müssen bis zu sechs Monaten an eine 5-FU-Pumpe angeschlossen sein sowie Haarausfall und Erbrechen ertragen. Aus diesen Gründen werde es im Gegensatz zu Großbritannien in Deutschland nur in wenigen Zentren als First-line-Therapie eingesetzt.
Mehr verspricht sich der Mediziner von einer Kombinationstherapie aus Calciumfolinat, 5-Fluorouracil und Oxaliplatin (modifiziertes FOLFOX-Regime), die wie das ECF-Regime eine Responserate von über 40 Prozent aufweisen und zudem das mediane Überleben noch um einen Monat verlängern konnte (9,6 versus 8,7). Mit der Dosismodifikation habe die Frankfurter Studiengruppe „das Problem der hämatologischen Nebenwirkungen und der Neutropenie gelöst“, so Lordick. „Wir sind den Zielen der palliativen Therapie schon recht nahe gekommen.“
Viel versprechend seien auch die ersten Zwischenergebnisse der REAL-2-Studie aus Großbritannien, die in einem 2-mal-2-faktoriellen Design ECF mit EOF (Oxaliplatin statt Cisplatin), ECX (Xeloda® statt 5-Fluorouracil) und EOX vergleicht. Die beiden Oxaliplatin-haltigen Regime zeigten bisher eine deutlich höhere Remissionsrate (42,7 gegenüber 30,7 Prozent) sowie einen gleichen Prozentsatz an stabilen Erkrankungen und konnten die Progressionsrate deutlich senken (16,5 versus 23,8 Prozent). Da bei EOX die einmal tägliche Gabe von Capecitabin-Tabletten die unkommode 5-Fluorouracil-Infusion ersetzt, könnte auch diese Kombination „ein neuer, machbarer Standard werden.“
Option bei Lymphomen
Verschiedene neue Therapieansätze werden auch bei Lymphomen getestet. Da diffuse großzellige Lymphome stark proliferieren, seien sie sehr chemosensitiv, sagte Privatdozent Dr. Martin Dreyling aus München. Als etabliertes Salvageregime bei Morbus Hodgkin nannte der Mediziner die Kombination von Gemcitabin mit Cisplatin. In den letzten Jahren lieferten Studien mit Oxiplatin als Platinkomponente ebenso hohe Remissionsraten (über 60 Prozent), die Toxizität, insbesondere die häufig therapiebegrenzende Nierentoxizität konnte jedoch deutlich gesenkt werden.
Follikuläre Lymphome verlaufen weniger aggressiv, rezidivieren jedoch häufig. Auf Grund ihrer unterschiedlichen Toxizitätsprofile – Oxaliplatin ist vor allem neuro-, Gemcitabin myelotoxisch – bewertete der Referent diese Kombination auch hier als günstig, zudem zeige sie keine Kreuzresistenz zu Anthrazyklinen und Fludarabin. So könnten weiterhin chemosensitive Rezidive erfasst werden. Eine deutsche multizentrische GO-Phase-I/II-Studie sei bereits initiiert.
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