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Parkinson-Studie abgebrochen

11.10.2004  00:00 Uhr

Parkinson-Studie abgebrochen

von Dagmar Knopf, Limburg

Das neuronale Protein GDNF galt als viel versprechender Kandidat zur Behandlung von Morbus Parkinson. Jetzt wurde eine klinische Studie auf Grund mangelnder Wirksamkeit und Sicherheitsbedenken vorzeitig abgebrochen.

Letztes Jahr hatte eine Veröffentlichung im Fachmagazin Nature Medicine über erstaunliche Erfolge in der Morbus-Parkinson-Therapie berichtet (1). Fünf Probanden, die eine synthetische Variante des Proteins GDNF (glial cell line-derived neurotrophic factor) erhielten, zeigten eine deutliche Verbesserung ihrer Bewegungsleistung. So steigerte sich ihre Fähigkeit, den Alltag zu bewältigen, um 61 Prozent und die Motorik um 39 Prozent. Allerdings handelte es sich um eine offene Studie, die weder placebokontrolliert noch doppelblind angelegt war.

Eine in Amerika gestartete placebokontrollierte Doppelblindstudie konnte nun die hoffnungsvollen Effekte nicht reproduzieren. Studienleiter Anthony Lang vom Toronto Western Hospital in Kanada gab am 5. Oktober auf dem diesjährigen Treffen der American Neurological Association den Abbruch der klinischen Studie bekannt. Bereits im Juni diesen Jahres gab das Pharmaunternehmen Amgen, das die Studie finanziert hatte, bekannt, dass GDNF sechs Monate nach Studienbeginn keine positiven Effekte zeige.

An der Studie nahmen 34 Morbus-Parkinson-Patienten teil. Während das Protein in dieser Studie nur wenige Zeichen seiner Wirksamkeit zeigte, entwickelten vier Patienten Antikörper gegen GDNF. Obwohl die Patienten gesund zu sein schienen, konnte das Risiko nicht ausgeschlossen werden, dass die gebildeten Antikörper bei Fortsetzung der Studie eine gefährliche Immunreaktion hätten auslösen können.

Hoffnung noch nicht aufgegeben

Obwohl die Ergebnisse desillusionierend sind, wollen die Wissenschaftler der Therapie noch kein endgültiges Aus bescheinigen. Schließlich gilt das Protein unter Experten als sehr interessante Möglichkeit, da es im Gegensatz zu den meisten anderen Ansätzen die ansonsten absterbenden Gehirnzellen rettet, anstatt nur die Symptome zu lindern. Denn GDNF soll, so zumindest die Idee, die dopaminproduzierenden Nervenzellen nähren und so vor dem Schrumpfen bewahren.

Der nicht an der Studie beteiligte Neurologe Michael Kaplitt vom Weill Cornell Medical College in New York City hat zumindest noch Hoffnung: „Möglicherweise müssen wir die Dosierung und andere Parameter ändern.“ Kaplitt selbst verfolgt einen anderen Weg, um die Erkrankung zu therapieren. So startete er im August 2003 die erste Gentherapie, die das in Viren verpackte Protein Glutaminsäure-Decarboxylase über einen Katheder ins Gehirn der Patienten leitet (2).

 

Immuntherapie gegen Parkinson Dr. Howard E. Gendelman und Kollegen vom Universitätsklinikum Nebraska, USA, verabreichten Mäusen mit Morbus Parkinson Copolymer-1-Immunzellen. Anschließende untersuchten sie die Tiere mit bildgebenden Verfahren. Dabei zeigte sich, dass die Immuntherapie das Absterben der striatalen dopaminergen Zellen, die bei der Erkrankung zu Grunde gehen, drastisch verlangsamte. Des Weiteren wirkte die Therapie lindernd in entzündeten Hirnregionen. Ob diese Wirkung auch beim Menschen erzielt werden kann, ist jedoch wissenschaftlich noch nicht untersucht.

 

Unterschiede zwischen der erfolgreichen Pilotstudie letzten Jahres und der nun abgebrochenen klinischen Studie waren sowohl die Dosierung als auch die Applikation. Das Team von Lang verwandte einen größeren Plastikschlauch als das Team um Steven Gill in Bristol, um das Protein zur Umgehung der undurchlässigen Bluthirnschranke direkt ins Gehirn der Patienten zu injizieren. Zudem setzten sie eine geringere Dosis des Proteins ein.

Einen kleinen Hoffnungsschimmer gibt es noch. „Ähnlich wie bei den Patienten in England zeigten die PET-Bilder an der Stelle, an der die Infusion gemacht wurde, eine Verbesserung“, sagte Lang. Die dopaminproduzierenden Zellen wiesen in beiden Studien mehr Lebenszeichen als vor der Behandlung auf.

 

Literatur

  1. Gill, S. et al., Direct brain infusion of glial cell line-derived neurotrophic factor in Parkinson disease. Nature Medicine, Band 9 (2003) 589-595.
  2. Oransky, I., Gene therapy trial for Parkinson's disease begins. Lancet, Band 362 (2003) 712.

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