APV-Leitlinie setzt neue Standards für Datenbanken |
01.10.2001 00:00 Uhr |
Seit 1997 gibt die APV-Leitlinie die wichtigsten Rahmenbedingungen für Datenbanken zur Arzneimittelinformation vor. Die Leitlinien wurden jetzt überarbeitet. Die aktuelle Fassung finden Sie im Serviceteil dieser Ausgabe. Die PZ sprachen mit Dietmar Wolz und Dr. Horst W. Schuchmann über die wichtigsten Neuerungen.
PZ: Haben sich die von Ihnen an die Datenbanken gestellten Anforderungen grundsätzlich geändert?
Schuchmann: Der grundsätzliche Anspruch, umfassende Arzneimittelinformation im Kontext zur Beratung an der Kasse darzustellen, bleibt bestehen. Die Beratungsleistung der Apotheke unterliegt aber Weiterentwicklungen und Änderungen. Es ist notwendig, dass sich diese Veränderungen auch in der dafür verwendeten Software wiederspiegeln, damit die Apotheke heute und in der Zukunft den wachsenden Ansprüchen der Patienten und Kunden gerecht wird.
PZ: Was sind die wichtigsten Neuerungen in den Leitlinien?
Wolz: Die aktuelle Version der Leitlinie beschreibt umfassend, wie tagesaktuelle Informationen von der ABDATA umzusetzen sind. Wir beschreiben die Darstellung, Suchmöglichkeiten und den zeitnahen Rhythmus der Weitergabe der Informationen an die Apotheke. Damit unterstützen die formulierten Anforderungen im übrigen auch die am Apothekertag verabschiedeten Anträge zur zeitnahen Weitergabe der Informationen der ABDA-Datenbank.
Schuchmann: Die Fähigkeit von Systemen automatisch relevante Informationen bei der Abgabe von Artikeln anzubieten, ist uns ebenfalls ein wichtiges Anliegen. Es genügt heute einfach nicht mehr, bestimmte Angaben zu Arzneimitteln bei Bedarf aufrufen zu dürfen. Das EDV-Programm muss deshalb über die zielgerichtete Suche hinaus in der Lage sein - quasi von sich aus - potenziell relevante Hinweise bei der Abgabe vorzuschlagen. Das kann eine Interaktion mit Grapefruitsaft oder auch ein Hinweis auf die Umstellung der Farbe eines Dragees sein. Erwähnt sei auch, dass im Zeitalter der elektronischen Kommunikation eine Ausgabe der Daten nicht nur auf Papier möglich sein muss, damit für den Patienten oder Arzt maßgeschneiderte Beratungsdokumente durch die Apotheke erstellt und weitergegeben werden können.
PZ: Welche Erfahrungen fließen in die Neufassung ein?
Schuchmann: Neuerungen ergaben sich aus den Erweiterungen des Datenbestandes durch Datenlieferanten, technische Weiterentwicklungen wie der flächendeckenden Verfügbarkeit schneller Datenübertragungstechnologien, Anforderungen des Apothekertages und Erfahrungen von Anwendern. Natürlich haben wir auch die Rückmeldungen der Softwareanbieter, die ABDA-Datenbanken anbieten, mit aufgenommen.
PZ: Datenbanken sind heute ein wichtiges Instrument für die Beratung von Patienten in der öffentlichen Apotheke. Welche Anforderungen sind gerade in diesem Bereich an ein System zu stellen?
Wolz: Die angebotenen Informationen müssen umfassend und aktuell sein. Die Darstellung muss mediengerecht erfolgen, schließlich ist der Bildschirm kein Buch. Das Programm sollte den Apotheker optimal und schnell unterstützen.
Während wir für die alte Fassung der Leitlinien eher unsere persönlichen Anforderungen an eine korrekte und vollständige Beratung des Kunden heranziehen mussten, waren wir nun in der glücklichen Lage, auf die Leitlinien zur Qualitätssicherung der ABDA zurückgreifen zu können. Wir haben, gestützt auf die Leitlinien zur Selbstmedikation und Rezeptbelieferung, die sich daraus ergebenden Anforderungen in der Neufassung niedergelegt. Damit erfüllt die ABDA-Datenbank eine wichtige Funktion im Bereich Qualitätssicherung, Information und Beratung des Patienten bei der Abgabe von Arzneimitteln.
PZ: An wen wendet sich die Leitlinie?
Wolz: Wir sehen drei direkte Adressaten. Die Anbieter von Software erhalten konkrete Vorgaben, wie Arzneimittelinformationssysteme zu realisieren sind. Die anwendenden Apotheken sind Nutznießer, weil ihnen umfassende Systeme mit einem definierten Leistungsumfang - gesichert durch das Prüfsiegel - zur Verfügung stehen. Die Leitlinie beschreibt natürlich auch, welche Angaben wir für eine Beratung für notwenig erachten, die derzeit noch nicht in die ABDA-Datenbank integriert sind. Insoweit fordern wir auch die ABDATA mit der Leitlinie auf, den Datenbestand entsprechend weiterzuentwickeln.
PZ: Können Sie uns dafür ein Beispiel geben?
Wolz: Erforderlich ist aus pharmazeutisch-technologischer Sicht zum Beispiel die präzise Beschreibung der Darreichungsformen. Sind dieses zum Beispiel teilbar und was ist die kleinste mögliche Einzeldosierung? In der Offizin liegt häufig die konkrete Arzneimittelpackung nicht vor, das pharmazeutische Personal muss jedoch eine Aussage darüber treffen, ob die Tablette sicher geviertelt oder gedrittelt beziehungsweise per Sonde verabreicht werden kann.
PZ: Beschäftiget sich die APV-Leitlinie auch mit einer Verzahnung von Arzneimitteldatenbank und Arzneimittelpass?
Schuchmann: Die Leitlinie gibt vor, wie und in welchem Umfang Arzneimittelinformationen darzustellen sind. Dies gilt natürlich auch im Kontext Arzneimittelpass beziehungsweise Kundenkarte. Wenn man also derzeit zum Beispiel auf Basis einer Kundenkarte oder demnächst auf Basis des Arzneimittelpasses Angaben zu einem Arzneimittel anfordert, dann erscheinen diese Angaben in der von uns vorgeschlagenen Darstellungsform. Ebenso ist geregelt, welche Angaben etwa für einen Interaktionscheck nötig sind, damit der Apotheker effizient mit der Situation umgehen kann. Insoweit pflanzen sich die Beschreibungen der Leitlinie in die Bereiche Arzneimittelpass oder Pharmazeutische Betreuung fort.
PZ: Die Leitlinie gilt als Standard. Wird Sie inzwischen in allen pharmazeutischen Datenbanken umgesetzt?
Wolz: Die momentane Situation sehen wir mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Praktisch alle wichtigen Softwareanbieter haben ihre ABDA-Datenbanksysteme unter Berücksichtigung der Leitlinie angepasst. Die meisten davon haben sich auch zertifizieren lassen und dokumentieren damit, dass ihr System alle Anforderungen erfüllt. Damit wurde zum Nutzen der Anwender ein erheblicher Qualitätssprung bei den Recherche- und Anzeigefunktionen der ABDA-Datenbank erzielt. Anwender können nunmehr über Informationssysteme, die ihnen alle relevanten Daten für die Beratung und Auswahl von Arzneimitteln anbieten, verfügen. Eine Beratung auf dem aktuellen Stand unserer Vorstellungen ist möglich.
Andererseits sehen wir jedoch auch, dass die Durchdringung mit ABDA-Datenbanken, die dem Standard entsprechen, noch zu gering ist. Im Klartext: Obwohl Softwareanbieter eine leitliniengerechte Umsetzung der ABDA-Datenbank im Angebot haben, verwenden viele Apotheken noch eine ungenügende Version. Hier besteht also noch ein erheblicher Nachholbedarf bis flächendeckend geeignete Versionen der ABDA-Datenbank in den Apotheken zur Beratung eingesetzt werden. Insoweit soll die Neufassung den einen oder anderen Anwender motivieren, auch in seiner Apotheke eine ABDA-Datenbank mit APV-Prüfsiegel zu nutzen.
© 2001 GOVI-Verlag
E-Mail: redaktion@govi.de