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Schneller Muskelaufbau und Waschbrettbauch

02.08.2004  00:00 Uhr
Interview

Schneller Muskelaufbau und Waschbrettbauch

von Hussam P. Bustami, Köln

Doping ist kein Phänomen, das sich lediglich auf Leistungssport und die Body-Building-Szene beschränkt. Selbst Freizeit- und Breitensportler greifen zu Mitteln, um Trainingserfolge zu verbessern. Professor Dr. Wilhelm Schänzer von der Deutschen Sporthochschule Köln, Experte für Doping im Sport, warnt vor Missbrauch von Anabolika und anderen Dopingsubstanzen.

PZ: Herr Professor Dr. Schänzer, welche Substanzen und Wirkstoffklassen werden üblicherweise angewendet?

Professor Dr. Wilhelm Schänzer: Häufig verwendete Wirkstoffe sind Anabolika zum Muskelaufbau, ß2-Agonisten wie Clenbuterol zum Fettabbau, Diuretika zur Entwässerung der Zellstrukturen und Stimulanzien zur Wettkampfstimulation.

PZ: Gibt es „legale“ Anabolika oder Muskel aufbauende Mittel?

Schänzer: Anabolika sind Hormone, die, wenn sie als Arzneimittel zugelassen sind, verschreibungspflichtig sind. Wenn bestimmte Anabolika wie Prohormone nicht als Arzneimittel zugelassen sind, dann ist in Europa ein Handel mit diesen Steroiden sowie eine unentgeltliche Weitergabe verboten.

 

Wie läuft die Kontrolle ab? Die deutschen Sportverbände beauftragen die nationale Anti Doping Agentur (NADA) vertraglich mit der Durchführung von Dopingkontrollen. Diese bestimmt dann per Auslosung, wer kontrolliert wird. Da die Athleten verpflichtet sind, ihre Trainingszeiten und -orte mitzuteilen, kann der beauftragte Kontrolleur zu einer unangekündigten Trainingskontrolle auftauchen. Dort meldet er sich bei Athlet und Trainer und weist sich aus. Auch der Sportler muss seine Identität per Ausweis belegen und bis zur Urinabgabe innerhalb einer Stunde unter Aufsicht des Kontrolleurs bleiben.

Die Urinabgabe erfolgt unter genauster Beobachtung durch den Kontrolleur, um Manipulationen zu vermeiden. Insofern werden die Sportler immer von einer Person gleichen Geschlechts kontrolliert. Der Athlet füllt die Urinprobe in zwei selbst ausgewählte codierte Flaschen, die A- und B-Probe, und kontrolliert den Verschluss. An einer kleinen Restmenge wird sofort pH-Wert und Dichte gemessen. Ist der Urin beispielsweise zu dünnflüssig, muss der Athlet noch eine Probe abgeben. Wenn alles seine Richtigkeit hat, wird ein Formular ausgefüllt und unterschrieben. Per Expressdienst gehen dann beide Proben anonym ins Labor.

 

PZ: Wie können diese Substanzen nachgewiesen werden?

Schänzer: Zum Nachweis der Anabolika und anderer Dopingsubstanzen werden aus einer Urinprobe des Athleten die Substanzen isoliert und dann mit modernen Methoden der Massenspektrometrie identifiziert. Hierzu werden unter anderem verschiedene analytische massenspektrometrische Techniken eingesetzt.

PZ: Gibt es weniger risikobehaftete Alternativen zu den im Umlauf befindlichen Anabolika, die der Sportmediziner „ruhigen Gewissens“ empfehlen kann, wenn jemand nicht darauf verzichten möchte?

Schänzer: Nein, alternative Substanzen zu Anabolika gibt es nicht.

PZ: Wie ist Ihre persönliche Einschätzung des Doping-Problems beim Bodybuilding?

Schänzer: Anabolikamissbrauch im Bodybuilding ist ein großes Problem. Die augenblicklichen Kontrollen sind nicht ausreichend und die ausgesprochenen Sanktionen bei Verstößen entsprechen nicht den Vorgaben der Welt-Doping- Agentur, die grundsätzlich bei Anabolikamissbrauch eine zweijährige Sperre fordert.

 

Weitere Fachinformationen zum Thema „Doping“, Dopinganalytik und Aufklärung über die Gefahren werden vom Institut für Biochemie der Deutschen Sporthochschule Köln von Schänzer und seinen Mitarbeitern auf der Website www.dopinginfo.de zur Verfügung gestellt.

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