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Tolcapon – erst gelobt, dann schnell vom Markt

01.08.2005  00:00 Uhr
PZ-Innovationspreis

Tolcapon – erst gelobt, dann schnell vom Markt

von Elke Wolf, Rödermark

Als erster Vertreter der COMT-Hemmer erhielt Tolcapon 1998 als vierter Wirkstoff den PZ-Innovationspreis. Doch bereits einige Monate später war es mit dem Hoffnungsträger vorbei: Hepatotoxische Nebenwirkungen sorgten dafür, dass das Antiparkinsonmittel vom Markt genommen werden musste.

»Tolcapon (Tasmar®) macht die Basistherapie mit Levodopa über einen längeren Zeitraum möglich«, sagte PZ-Chefredakteur Professor Dr. Hartmut Morck anlässlich der Preisverleihung 1998. Die Substitution des primär fehlenden Dopamins im Corpus striatum auf Grund der Degeneration dopaminerger Neuronen in der Substantia nigra ist seit fast vierzig Jahren die Therapie der Wahl bei Morbus Parkinson. Da Dopamin selbst die Blut-Hirn-Schranke nicht passieren kann, wird die Aminosäure Levodopa verabreicht, die im Gehirn zu Dopamin decarboxyliert wird. Für diese steht ein aktiver Transportmechanismus zur Überwindung der Blut-Hirn-Schranke zur Verfügung.

Die typischen motorischen Störungen der Parkinsonkrankheit wie Hypo- und Akinese sowie Tremor und Rigor sprechen besonders gut auf Levodopa an. Doch neben der erwünschten Decarboxylierung von L-Dopa im Gehirn geschieht gleiches auch in der Peripherie und lässt dort die Dopamin-Plasmaspiegel steigen. Dadurch steht weniger Dopamin im ZNS zur Verfügung. Die Gabe von höheren Dosen L-Dopa war zunächst der Ausweg. Durch Kombination von L-Dopa mit einem peripher wirksamen Decarboxylasehemmer wie Benserazid oder Carbidopa konnte das Problem zwar verringert, aber nicht vollständig gelöst werden. Auch die L-Dopa bedingten Nebenwirkungen wie Fluktuationen, besonders die unangenehmen On-off-Phänomene, Dyskinesien und der Wirkungsverlust blieben unbeeinflusst.

Tolcapon erhöhte die Bioverfügbarkeit von Levodopa deutlich. Durch Hemmung des Enzyms Catechol-O-Methyl-Transferase (COMT) wird die Methylierung von Levodopa und Dopamin an der m-ständigen OH-Gruppe zu unwirksamen Metaboliten verhindert und das cerebrale L-Dopa-Angebot steigt. Die Levodopa-Dosis lässt sich dadurch weiter reduzieren. Fluktuationen treten seltener auf, On-Phasen verlängern sich und motorische Behinderungen durch Off-Phasen nehmen ab.

Klinische Studien sprachen dafür, dass durch den frühzeitigen Einsatz von COMT-Inhibitoren und eine vorsichtige Levodopa-Dosierung auch bei Patienten, die noch nicht unter Fluktuationen litten, das Auftreten der gefürchteten Langzeitkomplikationen verhindert oder verzögert werden kann. Die Ergebnisse waren also durchaus viel versprechend, als Ende 1998 hepatotoxische Nebenwirkungen mit zum Teil tödlichem Ausgang gemeldet wurden, was zum Ruhen der Zulassung führte.

Tolcapon war der Vorreiter von Entacapon (Comtess®), dem derzeit einzigen zugelassenen COMT-Hemmer. Der größte Vorteil von Entacapon gegenüber Tolcapon sind die pharmakokinetischen Eigenschaften, die eine gleichzeitige Gabe von Entacapon und Levodopa ermöglichen. Tolcapon musste zeitlich versetzt eingenommen werden. Unter Entacapon treten zudem nur leichtere gastrointestinale Störungen auf, besonders Durchfälle, die sich mit Loperamid gut kontrollieren lassen. Die sehr starken und plötzlich einsetzenden Diarrhöen, die Tolcapon gelegentlich auslöste, zeigt der Nachfolger nicht. Zudem sind bislang keine erhöhten Transaminase-Werte aufgefallen. Dennoch empfehlen Experten, die Leberenzyme bei Therapiebeginn zu kontrollieren.

 

Wissen Sie's noch? Zehnmal hat die Pharmazeutische Zeitung bereits den PZ-Innovationspreis vergeben und damit seit 1995 das jeweils innovativste Arzneimittel eines Jahres gewürdigt. Können Sie sich noch an die ehemaligen Preisträger erinnern? Die PZ stellt in einer Serie die zehn Kandidaten der letzten Jahre vor, bevor dann auf dem Deutschen Apothekertag in Köln die Innovation 2005 gekürt wird. Worauf beruht das neue Wirkprinzip? Waren die Arzneistoffe im Nachhinein wirklich wegweisend? Und haben sie gehalten, was man sich zu ihrer Markteinführung versprochen hat? Das sind die Fragen, die die PZ in dieser Serie beantwortet.

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