Zeitpunkt der Einnahme ist entscheidend |
26.07.2004 00:00 Uhr |
Eine aktuelle Studie im Fachmagazin JAMA konnte die viel versprechenden Wirkungen von Isoflavonen bei älteren Frauen nach der Menopause nicht bestätigen. Möglicherweise ist der rechtzeitige Therapiebeginn für den Erfolg ausschlaggebend.
Die Einnahme postmenopausaler Hormonersatzpräparate steht im Verdacht, langfristig mit einem erhöhten Risiko für Brustkrebs, Schlaganfall und kardiovaskuläre Erkrankungen einherzugehen. Eine risikoärmere Alternative stellen Phytoestrogene wie Isoflavone dar, die sich Sojabohnen und andere Hülsenfrüchte wie Bohnen, Linsen oder Kichererbsen befinden. Die wichtigsten Vertreter der Isoflavone sind die Polyphenole Genistein, Daidzein und Glycitein und deren Glucoside. Ihnen werden positive Effekte auf den Hormon- und Knochenstoffwechsel und das Lipidprofil nachgesagt. Eine kürzlich in der Fachzeitschrift der American Medical Association (JAMA) veröffentlichte Studie konnte diese Effekte hingegen nicht bestätigen.
Sanne Kreijkamp-Kaspers und ihre Kollegen vom University Medical Center in Utrecht (Holland) untersuchten die Wirkung einer täglichen Gabe Sojaprotein auf den Cholesterolspiegel, die Knochendichte und die geistige Leistungsfähigkeit von älteren Frauen nach der Menopause. An der holländischen Studie nahmen 202 gesunde Frauen im Alter zwischen 60 und 75 Jahren teil. Sie erhielten entweder über ein Jahr lang täglich 25,6 g Sojaproteine in Pulverform, das 52 mg Genistein, 41 mg Daidzein und 6 mg Glycitein enthielt oder 25,6 g Milchpulver als Placebo. Zusätzlich bekamen die Probandinnen beider Gruppen Vitamine und Mineralien (unter anderem Folsäure und Calcium). Endpunkte waren die kognitive Funktion, die mittels verschiedener standardisierter Tests gemessen wurde sowie die Knochendichtemessung (dual-energy x-ray absorptiometry scanning) und die Bestimmung der Plasmalipidspiegel (Lipoproteine, Totalcholesterol, LDL, HDL und Triglyceride).
Nach einem Jahr zeigten sich jedoch weder bei der kognitiven Funktion noch bei der Knochendichte oder den Plasmalipiden signifikante Unterschiede zwischen den beiden Gruppen. Während die Frauen der Sojagruppe beim Gedächtnistest noch geringfügig besser abschnitten (allerdings waren die Unterschiede statistisch nicht signifikant), ergaben sich weder bei den verbalen Fähigkeiten, noch bei der komplexen Aufgabenstellung signifikante Unterschiede zwischen beiden Gruppen. Beide Gruppen zeigten eine Abnahme der Knochendichte nach einem Jahr Studiendauer. In anderen Regionen, der Hüfte und der Wirbelsäule, ließ sich kein Unterschied zwischen beiden Gruppen nachweisen.
„Sojaprotein beziehungsweise Isoflavone bewirken keinen günstigen Effekt, weder auf die kognitive Funktion, die Knochendichte noch die Plasmalipide, wenn sie bei postmenopausalen Frauen mit einem Alter von 60 Jahren eingesetzt werden“, schlussfolgern die Autoren der Studie. Möglicherweise spiele jedoch der Zeitpunkt der Supplementgabe eine entscheidende Rolle, womit sich die Unterschiede dieser Studie zu den viel versprechenden Ergebnissen früherer Studien erklären ließen.
Berücksichtigten die Forscher nämlich in welcher Phase der Menopause sich die Studienteilnehmerinnen befanden, profitierten diejenigen, die sich noch zu Beginn der Menopause befanden, am meisten von den Phytoestrogenen. Waren die Frauen hingegen schon lange in der Menopause, verschlechterten sich ihre Werte sogar geringfügig gegenüber der Placebogruppe. Dies war sowohl für die Hüfte als auch für die Lendenwirbelsäule der Fall, allerdings ohne statistische Signifikanz. Eine ähnliche Tendenz zeigte sich auch beim Lipidprofil. Während Gesamtcholesterol und LDL in der Sojagruppe ein Jahr nach Studienbeginn unverändert zum Ausgangswert war, sanken die Werte in der Kontrollgruppe sogar geringfügig. Aber auch hier waren die Ergebnisse nicht signifikant.
Dass der Zeitpunkt wichtig ist, zeigte eine Untersuchung im Rattenmodell. Bekamen die Tiere direkt nach Entfernung der Ovarien Isoflavone, zeigten sich die Phytoestrogene sehr effektiv in der Vorbeugung von Verlust an Knochensubstanz. Eine spätere Isoflavongabe hingegen konnte weder die verringerte Knochendichte wiederherstellen, noch einem weiteren Verlust vorbeugen (Arjmandi et al., Am J Clin Nutr., 1998).
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