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Heilmittel mit Tradition

28.07.2003  00:00 Uhr
Afrikanische Heilpflanzen

Heilmittel mit Tradition

von Eva Werren, Hattersheim

Als der englische Archäologe Howard Carter 1922 das Grab von König Tutanchamun entdeckte, fand er neben Goldschätzen, eine Flasche mit dem Öl der Schwarzkümmelpflanze. Das traditionelle Heilmittel für allerlei Gebrechen genießt seit Jahrtausenden hohes Ansehen in Religion und Volksmedizin.

Schwarzkümmelsamen wurden seit alters her als Heilmittel verabreicht. Im arabischen Raum gehören sie heute noch zu den wichtigsten Gewürzen. Die Samen wurden nicht nur gegessen, sondern auch als Tee aufgebrüht oder in Säckchen gefüllt und inhaliert. Das Pressöl trug man auf die Haut auf oder nutzte es als Badezusatz. Im Laufe der Jahrhunderte kam der Schwarzkümmel bei vielfältigen Indikationen zum Einsatz: Erkältungen, Kopf-, Ohren- und Zahnschmerzen, rheumatische Erkrankungen, Magen-Darm-Beschwerden, Bronchialasthma, Ekzeme, Bluthochdruck, alle Krebsarten, zur Schweißhemmung, Milchbildung, bei Kindbett- und Gebärmutter-Erkrankungen, Regelbeschwerden, zur Potenzsteigerung und Abtreibung, als Diuretikum, bei Hämorrhoiden, gegen Würmer und bei Fieber, auch nach giftigen Stichen und Bissen.

Nigella sativa L. ist die Stammpflanze des Schwarzkümmels und wird vorwiegend in den großen Oasen der nubischen Wüste kultiviert. Die einjährige Pflanze wird zwischen 30 und 60 Zentimeter hoch und hat leicht behaarte Stängel, an denen grün glänzende Blätter sitzen. Die weißen Blüten sind von einer grünblauen Blatthülle eingerahmt. Die Samen befinden sich in einer mohnähnlichen Kapsel, die sich nach der Blüte bildet. Die getrockneten hellbraunen Kapseln werden gedroschen und die schwarzen Samen kalt gepresst.

Hauptbestandteil der Samen ist das gelblich bis rötlich-braun gefärbte fette Öl Oleum Nigella sativae. Die zweifach ungesättigte Linolsäure ist mit einem Anteil von 55 bis 60 Prozent die darin am häufigsten vertretene essentielle Fettsäure. Daneben finden sich mit geringeren Anteilen Öl- und Palmitinsäure. Gamma-Linolensäure ist mit 0,1 bis 1 Prozent enthalten. Für den aromatischen Geruch und nussigen Geschmack ist das ätherische Öl verantwortlich. Zu seinen flüchtigen Bestandteilen zählen Monoterpenkohlenwasserstoffe, wie p-Cymen und Thymochinon. Letzteres eignet sich auch zur spezifischen Identifikation des original ägyptischen Schwarzkümmelöls und zum Ausschluss von Verwechslungen mit dem stark alkaloidhaltigen Samen von Datura stramonium. Identifiziert wurden außerdem Nigellon, ein Polymer des Thymochinons und Nigellin, ein Bitterstoff.

Genesenes Pferd

Schwarzkümmel schien zumindest im deutschen Raum in Vergessenheit geraten zu sein, bis im Jahr 1994 das wertvolle Pferd von Dr. Peter Schleicher an Asthma bronchiale erkrankte. Auf Empfehlung eines ägyptischen Tierarztes wurde dem Futter Schwarzkümmelsamen beigemischt und das Pferd wurde gesund. Von der Heilwirkung überrascht, untersuchte Schleicher den Samen in seinem Institut. Seit 1984 leitet er das Münchner Institut zur Erforschung neuer Therapieverfahren chronischer Krankheiten und Immunologie. Seine Erfahrungsberichte und Beobachtungen bestätigten den Zusammenhang zwischen der unzureichenden Zufuhr an essentiellen Fettsäuren und dem vermehrten Auftreten von Allergien.

Ungesättigte Fettsäuren sind wichtige, zum Teil essentielle Nährstoffe für den Menschen. Wissenschaftler untersuchen seit den dreißiger Jahren die Wirkung von ungesättigten Fettsäuren, besonders der Gamma-Linolensäure, bei verschiedenen Erkrankungen wie Allergien und Rheuma. Auch bei der atopischen Dermatitis wird diskutiert, ob für die Entstehung ein gestörter Fettsäuremetabolismus mitverantwortlich sein kann. Möglicherweise besteht beim Atopiker ein Mangel an Gamma-Linolensäure aufgrund eines Enzymdefektes der Delta-6-Desaturase, die aus Linolsäure die Gamma-Linolensäure bildet. Gamma-Linolsäure dient als Vorstufe der Prostaglandine E1 und E2, die antiallergisch und bronchialerweiternd wirken. Durch Zufuhr von Gamma-Linolensäure soll die Bildung der Prostaglandine im Körper wieder anlaufen und eine allergische Reaktion gebremst werden.

Für die Substitutionstherapie bei Patienten mit atopischer Dermatitis liegen eine Reihe klinischer Angaben sowie einige klinische Studien vor. Ein Teil der Patienten sprach auf die mehrwöchige Behandlung an; die positiven Befunde ließen sich allerdings nicht in allen Untersuchungen bestätigen. Das österreichische Gesundheitsministerium hat seit 1996 Schwarzkümmelölkapseln patentiert und für Erkrankungen des atopischen Formenkreises zugelassen In Deutschland sind sie weiterhin jedoch nur als Nahrungsergänzungsmittel zugelassen und dürfen derzeit in der Apotheke nur zur Ergänzung der Ernährung empfohlen werden. Top

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