Chemie auf der Haut |
17.07.2000 00:00 Uhr |
Ein Arzt verordnet eine Creme mit Natriumnitrit und Zitronensäure. Ist Ihnen eine solche Rezeptur bekannt?
Nachdem die Ärzte-Zeitung über ein spezielles Natriumnitrit-Gel berichtet hatte, erreichten die Rezeptur-Faxhotline des NRF Anfragen zur Herstellung dieser Rezeptur zur Verbesserung der Mikrozirkulation in den Händen angewendet werden.
Hintergrund war eine wissenschaftliche Publikation (2), in der die Wirkung von Stickoxid auf die lokale Durchblutung bei freiwilligen Gesunden und bei Patienten mit Raynaud-Syndrom untersucht wurde. Hierbei trug man jeweils 0,5 g eines fünfprozentigen Natriumnitrit-Gels und eines fünfprozentigen Ascorbinsäure-Gels getrennt auf die Haut auf, mischte es mit einem Wattebausch und entfernte es nach zehn Minuten Einwirkungszeit wieder. Innerhalb weniger Minuten kam es zu einer verstärkten Durchblutung der behandelten Bezirke.
Natriumnitrit bildet in saurer Lösung Salpetrige Säure, die aber nur in verdünnten wässrigen Lösungen stabil ist. In konzentrierter Lösung und durch Erwärmung disproportioniert sie schnell zu Salpetersäure und Stickstoffmonoxid. Nach diesem Prinzip entsteht bei der Mischung des Natriumnitrit-Gels mit dem sauren Gel Stickstoffmonoxid, das eine gefäßerweiternde Wirkung hat.
Um eine Ansäuerung zu erreichen, wäre es theoretisch denkbar, Zitronensäure zu verwenden. Die in der beschriebenen Untersuchung verwendete Ascorbinsäure könnte jedoch als Reduktionsmittel besondere Bedeutung haben. Da sich nicht ausschließen lässt, dass die reduzierenden Eigenschaften der Ascorbinsäure an der Entstehung einer ausreichenden Menge Stickstoffmonoxid beteiligt sind, sollte diese nicht gegen eine andere Säure ausgetauscht werden.
Obwohl das beschriebene Wirkungsprinzip mögliche Ansätze zur gezielten und raschen Behandlung bestimmter lokaler Durchblutungsstörungen eröffnen könnte (2), wird von den Autoren keine direkte Therapieempfehlung ausgesprochen.
Im Rahmen eines individuellen Therapieversuchs mit einem neuen oder für eine bestimmte Indikation (noch) nicht als wirksam und unbedenklich geltenden Arzneistoff (Compassionate Use) muss die Verschreibung mit dem Arzt abgeklärt werden. Dies sollte in der Apotheke zum Beispiel mit Hilfe der im NRF in Kapitel I.5. abgedruckten Dokumentationshilfe geschehen. Es gilt sicherzustellen, dass sich der Arzt über die besondere Verantwortung bewusst ist und er den Patienten über die versuchsweise Anwendung einer nicht allgemein etablierten und anerkannten Therapie nach einer individuellen Nutzen-Risiko-Beurteilung umfassend informiert hat (3).
Natriumnitrit-
Gel 5%
Ascorbinsäure-
Gel 5%
Natriumnitrit
5,0g
-,- Ascorbinsäure
-,-
5,0g
Hydroxyethyl-
cellulose 10.000
2,5g
2,5g Propylenglycol
20,0g
20,0g Gereinigtes Wasser
zu 100,0g
zu 100,0g *) keine geprüften Vorschläge und keine Anwendungsempfehlung!
Achtung! Keinesfalls darf eine Rezeptur hergestellt werden, die die beiden Komponenten Natriumnitrit und Ascorbinsäure zugleich enthält. Stickstoffmonoxid würde schon vor der Anwendung unkontrolliert entstehen. Aus den gleichen Gründen darf ein in Anlehnung an das DAB mit Sorbinsäure oder anderen sauren Konservierungsmitteln versetztes Gel zur Herstellung des Natriumnitrit-Gels nicht verwendet werden.
Literatur:
Sabine Lang,
Neues Rezeptur-Formularium (NRF)
Pharmazeutisches Laboratorium,
Carl-Mannich-Straße 20,
65760 Eschborn
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