Uzara – Das Übel mit der Wurzel packen |
30.06.2003 00:00 Uhr |
In Afrika werden Krankheiten und Verletzungen seit Jahrtausenden mit Hilfe von Kräuteranwendungen geheilt. Der afrikanische Kontinent bietet hierzu eine bemerkenswerte Vielfalt an starken Heilpflanzen.
Xysmalobium undulatum – hinter diesem Zungenbrecher versteckt sich ein alter Bekannter: die Uzarawurzel. Sie ist eine mehrjährige Staude aus der Familie der Schwalbenwurzgewächse, die bis zu einem Meter hoch werden kann. Wie für Asclepiadaceen typisch, führen Blätter und Stängel reichlich Milchsaft, weshalb Uzara im Englischen als "Milk Bush" bezeichnet wird. Die Kultivierung der Uzarapflanze erfolgt seit nunmehr über fünfzig Jahren auf einer deutschen Farm in Südafrika. Nach Ernte der zweijährigen Wurzel wird sie von Hand in kleine Stücke geschnitten und an der Luft getrocknet. In regelmäßigen Abständen werden die Kulturen und die Gewinnung der Uzarawurzel an Ort und Stelle durch deutsche Qualitätskontrollen überprüft. Inzwischen hat sich die Wurzel bereits seit über 90 Jahren als wirksames und gut verträgliches Antidiarrhoikum bewährt.
Die ursprüngliche Entdeckung der Uzarapflanze verdanken wir dem südafrikanischem Volksstamm der Hottentotten. Bereits 1909 brachte H.W.A. Hopf, ein aus Melsungen stammender Forschungsreisender, die Uzarawurzel mit nach Deutschland. Von der guten Wirksamkeit überzeugt, erfolgten an der Universität Marburg intensive Untersuchungen. Im Jahre 1911 identifizierte Grüber den pharmakologisch wirksamen Inhaltsstoff Uzarin. Die in Melsungen eigens für die afrikanische Pflanze gegründete Uzara-Gesellschaft führte noch im gleichen Jahr den Wurzel-Extrakt in die medizinische Praxis ein.
Hemmend aber nicht lähmend
Jahre später folgte die eigentliche und vollständige Strukturaufklärung des wirksamen Stoffgemisches. Das zuerst entdeckte Uzarin ist einer von acht vorkommenden Inhaltsstoffen. Es handelt sich um so genannte Cardenolide, die hauptsächlich an D-Glucose gebunden vorliegen. Chemisch sind sie mit den Digitalis-Glykosiden verwandt, unterscheiden sich jedoch in der Zucker-Verknüpfung und der räumlichen Konfiguration. Deshalb weisen Uzara-Glykoside in therapeutischer Dosierung keine Wirkung auf den Herzmuskel auf. Dennoch sollten digitalisierte Patienten auf eventuelle Wechselwirkungen aufmerksam gemacht werden.
Als Wirkungsmechanismus wird postuliert, dass Uzara ähnlich einem indirekten Sympathomimetikum wirkt: hemmend, aber nicht lähmend auf die gesamte glatte Muskulatur des Intestinaltraktes. Auf milde Art reguliert die Wurzel die erhöhte Peristaltik, ohne dass die Ausscheidung der enteropathogenen Noxen beeinträchtigt wird. Vor allem auch die den Durchfall begleitende Übelkeit schwindet unter dem Einfluss dieses Naturheilmittels, so dass sich der Patient schon unmittelbar nach der ersten Einnahme subjektiv besser fühlt.
Auch bei Säuglingen und Kleinkindern
Im Gegensatz zu Loperamid ist die Anwendung des Extraktes bei Säuglingen und Kleinkindern möglich. Ohne die Blut-Hirn-Schranke zu überwinden und unerwünschte opioide Effekte auf das Zentralnervensystem auszulösen, wirkt die Uzarawurzel krampflösend und beruhigend auf die Darmperistaltik. Auch hier gilt die Faustregel: Trinken ist wichtiger als Essen. Insbesondere bei Säuglingen und Kleinkindern ist auf eine ausreichende Elektrolyt- und Flüssigkeitszufuhr zu achten.
Je nach Intensität der Beschwerden wird die initial hochdosierte Therapie auf täglich drei- bis sechs kleinere Dosen reduziert. Bei Durchfällen, die länger als zwei Tage andauern oder mit Blutbeimengungen einhergehen, ist die Rücksprache mit dem Arzt erforderlich. Uzarapräparate sind eine sinnvolle Empfehlung für jede Reiseapotheke und für Menschen, die durch den Genuss von künstlich gesüßten Diätprodukten immer wieder unter Durchfallerkrankungen leiden.
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