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Gefäßschutz durch Glitazone?

09.06.2003  00:00 Uhr
Typ-2-Diabetes

Gefäßschutz durch Glitazone?

von Christine Vetter, Bremen

Die hohe kardiovaskuläre Mortalität ist das Kernproblem beim Typ-2-Diabetes. Daher gilt es neben der Blutzuckereinstellung, die fatalen Folgen der Stoffwechselstörung für Herz und Gefäße abzuwenden. Die Patienten brauchen frühzeitig eine gefäßorientierte Therapie, so hieß es bei der 38. Jahrestagung der Deutschen Diabetes Gesellschaft in Bremen.

In der Diabetesbehandlung war es jahrelang primäres Ziel, eine möglichst normnahe Blutzuckereinstellung zu erwirken, da bei Typ-1-Diabetikern in Studien gezeigt worden war, dass sich so mikrovaskuläre Komplikationen abwenden lassen. Anders jedoch verhält sich die Situation beim Typ-2-Diabetes, wobei sich mehr und mehr zeigt, dass allein eine strenge Blutzuckereinstellung nicht ausreicht, um Folgekomplikationen vorzubeugen. „Wir müssen daher unser glukozentriertes Weltbild beim Typ-2-Diabetes verlassen“, forderte Privatdozent Dr. Rainer Lundershausen aus Saalfeld.

Die Betroffenen seien vor allem durch Veränderungen ihres Gefäßsystems infolge der diabetischen Stoffwechsellage gefährdet. Ihnen drohe somit Herzinfarkt und Schlaganfall und die Gefahr steige bereits, noch ehe der Diabetes manifest sei. Denn schon in den Vorstadien der Erkrankung, wenn erst eine gestörte Glukosetoleranz aber noch kein Diabetes nachweisbar ist, weisen laut Lundershausen die späteren Diabetiker eine massive Insulinresistenz auf. Diese sei aber das Bindeglied zwischen Diabetes und Atherosklerose, sie ist die Basis des hohen kardiovaskulären Risikos der Diabetiker. “Die Insulinresistenz geht per se mit einem erhöhten Risiko für Herz und Gefäße einher, und dies mit ebenso wie ohne Diabetes“, erklärte der Mediziner auf einem von Takeda unterstützten Satellitensymposium.

Steigern lässt sich die Insulinempfindlichkeit durch orale Antidiabetika wie beispielsweise die Glitazone. So konnte in Vergleichsuntersuchungen mit Metformin sowie mit Glimepirid nachgewiesen werden, dass der Wirkstoff Pioglitazon gegenüber anderen Antidiabetika bei mindestens ebenbürtiger glykämischer Kontrolle eine weit ausgeprägtere Besserung der Insulinresistenz erwirkt, und im Vergleich zum Sulfonylharnstoff auch eine stärkere Senkung der Nüchternblutzuckerwerte, des postprandialen Blutzuckers und des HbA1c-Wertes.

Verbessertes Lipidprofil

Der entscheidende Vorteil der Glitazone dürfte nach Privatdozent Dr. Nikolaus Marx aber nicht in einer besseren Kontrolle der diabetischen Stoffwechsellage liegen, sondern in der umfassenden Wirkung dieser Substanzgruppe auf das Gefäßsystem. In Studien wurde mehrfach belegt, dass Glitazone kardiovaskuläre Risikofaktoren günstig beeinflussen. Sie senken den Blutdruck und führen zu einer Besserung des Lipidprofils mit eindeutiger Reduktion der Triglyceride bei gleichzeitigem Anstieg des HDL-Cholesterins.

Durch die Wirkung auf die PPARγ-Rezeptoren werden vielfältige weitere Effekte vermittelt, die sich nach Marx durchaus in einer Gefäßprotektion niederschlagen könnten: Denn Glitazone mindern bei Patienten mit Mikroalbuminurie die Proteinausscheidung mit dem Urin und führen zu einem signifikanten Rückgang des C-reaktiven Proteins (CRP). Ein erhöhtes CRP ist aber ebenso wie eine Mikroalbuminurie nach Marx ein Zeichen für eine Gefäßschädigung, beide Parameter sind inzwischen als Risikoindikatoren gut dokumentiert.

Es gibt nach den Ausführungen des Ulmer Mediziners weitere Befunde, die für einen lokalen gefäßprotektiven Effekt der Glitazone sprechen: Diese scheinen vulnerable arteriosklerotische Plaques zu stabilisieren, den Plasminogen-Aktivator-Inhibitors Typ 1 (PAI1) als Surrogatparameter einer fortgeschrittenen Atherosklerose zu senken ebenso wie den CD40-Liganden, der Entzündungen wie auch die Bildung arteriosklerotischer Plaques induzieren kann und deshalb ebenfalls als Risikoprädiktor fungiert. Damit spricht nach Marx alles dafür, dass sich durch Glitazone die kardiovaskuläre Gefährdung der Typ-2-Diabetiker minimieren lässt und diese schon frühzeitig therapeutisch genutzt werden sollten.

Noch ist die Gefäßprotektion durch Glitazone eine auf experimentellen und ersten klinischen Befunden basierende Hypothese. Ob sich die Hoffnungen auf eine Gefäßprotektion bewahrheiten, wird derzeit in groß angelegten Endpunktstudien geprüft. Top

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