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Bortezomib beim multiplen Myelom zugelassen

31.05.2004  00:00 Uhr
Neu auf dem Markt

Bortezomib beim multiplen Myelom zugelassen

von Kerstin A. Gräfe, Eschborn

Mit Bortezomib steht seit Mitte Mai ein neues Therapiekonzept zur Behandlung des multiplen Myeloms zur Verfügung. Der Proteasom-Inhibitor greift einen Multiproteasen-Komplex an, der eine zentrale Rolle in der Stoffwechselregulierung von Proteinen spielt, die an Zellwachstum und -tod beteiligt sind.

Bortezomib ist als erster Vertreter einer neuen Wirkstoffklasse, der Proteasomen-Inhibitoren, für die Behandlung von Patienten mit multiplem Myelom zugelassen, die mindestens zwei vorangehende Therapien durchlaufen und während der letzten Behandlung eine Krankheitsprogression erlitten haben. Der Wirkstoff wird als gefriergetrocknetes Pulver in Form eines dipeptidischen Mannitol-Boresters angeboten. Nach der Zubereitung steht der Mannitolester im Gleichgewicht mit seinem Hydrolyseprodukt (Velcade®, Ortho Biotech, Division of Janssen-Cilag).

Das multiple Myelom ist eine Krebserkrankung, die vor allem das Knochenmark befällt und unheilbar ist. Durch eine Aktivierung der Osteoklasten entstehen im Verlauf der Krankheit Osteolysen, die mit Brüchen und schmerzhaften Sinterungen im Bereich der Wirbelsäule einhergehen. Es kommt zu einer Verdrängung des Knochenmarks und infolgedessen zu Anämien, Blutungen und Infektionen.

Bortezomib hemmt spezifisch die Chymotrypsin-artige Aktivität des ubiquitär vorkommenden 26S-Proteasoms in Säugetierzellen. Dieses Proteasom ist ein großer Proteinkomplex, der Ubiquitin-gebundene Proteine abbaut und eine wichtige Rolle bei der Kontrolle der Metabolisierung bestimmter Proteine und damit für den Erhalt der Homöostase innerhalb der Zellen spielt.

Die Hemmung des Proteasoms unterbricht die Proteolyse und eine Vielzahl von Signalkaskaden innerhalb der Zelle, was letztlich zum Absterben der Zelle führt. Unter anderem werden Regulatorproteine verändert, die den Verlauf der Zellzyklen und die Aktivierung des nukleären Faktors kappa B (NF-kB) kontrollieren. Die Hemmung der Proteasomen führt zu einem Stillstand im Zellzyklus und zu Apoptose. In Experimenten konnte gezeigt werden, dass Krebszellen anfälliger für die Apoptose-induzierenden Wirkungen sind als normale Zellen, die aber auch angegriffen werden.

In der ambulanten Therapie werden mehrere Zyklen verabreicht, die von einem behandlungsfreien Intervall unterbrochen werden, in denen sich die Proteasomen der gesunden Zellen wieder regenerieren können. Nach 72 Stunden sollen sie sich vollständig erholt haben. Angestrebt wird, die Proteasomen-Aktivität zu 80 Prozent zu hemmen, 20 Prozent Aktivität sollen erhalten bleiben, um die Regulation des Stoffwechsel in den gesunden Zellen zu gewährleisten.

Nach einmaliger intravenöser Gabe nehmen die Plasmakonzentrationen von Bortezomib biphasisch ab. Die Abnahme wird durch eine schnelle Verteilungsphase, gefolgt von einer langsameren terminalen Eliminationsphase charakterisiert. Beim Menschen beträgt die Halbwertzeit geschätzte fünf bis 15 Stunden. In vitro scheinen CYP3A4 und CYP2C19 quantitativ die Hauptenzyme für die Metabolisierung zu sein. Im Urin wurde nur ein kleiner Anteil der nicht-metabolisierten Ausgangssubstanz nachgewiesen, während kein intaktes Bortezomib in der Galle oder den Fäzes gefunden wurde.

In der SUMMIT-Studie, einer offenen multizentrischen Phase-II-Studie, die 2003 zur beschleunigten Zulassung von Bortezomib in den USA führte, erhielten 202 Patienten mit rezidiviertem und refraktärem multiplen Myelom mit mindestens zwei vorhergehenden Therapielinien Bortezomib. Die Substanz wurde intravenös als Bolus an den Tagen 1, 4, 8 und 11 mit anschließender 10-tägiger Pause injiziert. Die Patienten sollten acht Therapiezyklen erhalten. Bei einer kompletten Remission (CR) wurden zwei weitere Zyklen gegeben.

Primärer Endpunkt waren die Ansprechraten, sekundäre Endpunkte Sicherheit, Lebensqualität und klinischer Nutzen. Insgesamt sprachen 35 Prozent der ausgewerteten 193 Patienten auf Bortezomib an. Knapp 28 Prozent erzielten eine komplette oder partielle Remission. 59 Prozent erreichten mindestens eine Stabilisierung. Dabei betrug die mediane Zeit bis zum Ansprechen 38 Tage (zwei Zyklen). 80 Prozent der Responder erreichten die erste Response innerhalb von 59 Tagen (drei Zyklen). Die Linderung von Schmerzen oder anderen Symptomen war signifikant, auch das individuelle Befinden der Patienten besserte sich deutlich.

Die häufigsten Nebenwirkungen waren gastrointestinale Symptome (Erbrechen, Diarrhö, Obstipation), Thrombozytopenie periphere Neuropathie, Fatigue.

Der nächste Schritt ist die Zulassung in der Rezidivtherapie (Zweitlinientherapie). Eine Phase-III-Studie (APEX) an 670 Patienten mit rezidiviertem oder refraktärem multiplen Myelom, die entweder Bortezomib oder hoch dosiertes Dexamethason erhielten, wurde vorzeitig beendet, da sich bereits in einer Zwischenanalyse zeigte, dass die Zeit bis zur Progression (primärer Endpunkt) in der Bortezomib-Gruppe signifikant verlängert war. Wegen dieser positiven Ergebnisse erhofft Janssen-Cilag, die Zulassung in der Rezidivtherapie des multiplen Myeloms Ende 2005 zu erhalten. Top

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