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Gyrasehemmstoffe schon wieder im Abwind?

05.06.2000  00:00 Uhr

- Pharmazie Govi-Verlag

PHARMACON MERAN

Gyrasehemmstoffe schon
wieder im Abwind?

von Gertrude Mevissen, Meran

Gyrasehemmstoffe werden als Mittel der ersten Wahl bei bakteriellen Darmerkrankungen und als Reserveantibiotikum bei Atemwegsinfekten relativ häufig verordnet. Überschattet wird ihr therapeutischer Benefit jedoch von jüngsten Meldungen über zwar seltene, doch schwere kardiovaskuläre und hepatotoxische Nebenwirkungen, die im letzten Jahr zur Marktrücknahme von Trovan® und Vaxar® führten. Wo stehen Gyrasehemmstoffe heute? Eine Einschätzung dazu gab Professor Dr. Ulrike Holzgrabe vom Institut für Pharmazeutische Chemie, Würzburg.

Direkte Abkömmlinge der Muttersubstanz Nalidixinsäure wurden noch wegen ihrer schlechten Bioverfügbarkeit und schmalen Wirkspektren weitgehend als Harnwegstherapeutika eingesetzt (Norfloxacin, Pefloxacin). Durch die Einführung eines Fluoratoms am C6-Atom und eines basischen Sechsrings (Piperazin) in 7-Stellung nahmen Lipophilie und perorale Bioverfügbarkeit zu, so dass nachfolgende Substanzen wie Ciprofloxacin und Ofloxacin zur ambulanten Behandlung bakterieller Darm- und Atemwegserkrankungen bis heute gängige Therapeutika sind.

Das Non-Plus-Ultra war allerdings angesichts kurzer Halbwertszeiten, eingeschränkter Wirkspektren, Phototoxizität und Interaktionen mit Theophyllin noch nicht erreicht. Weitere Strukturabwandlungen führten zu Substanzen wie Levofloxacin (Tavanic®), Sparfloxacin (Zagam®) und Grepafloxacin (Vaxar®), deren Spektrum bis in den Bereich atypischer Erreger (Chlamydien, Mykoplasmen) reicht. Einen erneuten Generationenwechsel stellt die Entwicklung von Moxifloxacin (Avalox®) dar, ein Atemwegstherapeutikum, das auch gegen Anaerobier wirksam ist, keine Theophyllin-Interaktion zeigt und auf Grund seiner besseren Bioverfügbarkeit geringer dosiert und einmal täglich gegeben werden kann. Die Substanz sollte allerdings sparsam eingesetzt werden, im stationären Bereich oder bei Anaerobier-Infektionen, betonte Holzgrabe. Das erweiterte Wirkspektrum neuer Substanzen würde häufig mit einer höheren Phototoxizität erkauft.

Bei Moxifloxacin konnte die Phototoxizität durch Austausch des Halogenatoms durch eine Methoxygruppe bei fast gleicher antibakterieller Aktivität auf ein Minimum reduziert werden. Vor allem bei Einnahme der 8-Fluor-substituierten Gyrasehemmstoffen sollte man Sonne möglichst meiden, sogar noch bis zu einer Woche danach. Gibt es schon vor Urlaubsbeginn Probleme mit der Sonne, sollten Apotheker den verschreibenden Arzt auch auf die 8-Fluor-bedingte Phototoxizität hinweisen.

Grund für die freiwillige Marktrücknahme von Grepafloxacin (Vaxar) und Trovafloxacin (Trovan) war die kritische Abwägung zwischen therapeutischem Nutzen und potenziellen Nebenwirkungen. Holzgrabe bezeichnete die Verlängerung der QT-Zeit durch Vaxar® als selten; die hepatotoxischen Reaktionen bei Trovan® seien nur in Kombination mit anderen Medikamenten aufgetreten. Der Aufwärtstrend von Fluorchinolonen sei daher nach wie vor ungebrochen, resümierte sie. Wie nah Möglichkeiten und Grenzen neuer Molekülveränderungen beieinander liegen, zeigt das Beispiel von Clinafloxacin, dem bislang wirksamsten Chinolon mit dem breitestem Spektrum. Seine Entwicklung wurde jedoch eingestellt, und auf den Reserve-Status in Notfallsituationen limitiert. Grund dafür sind häufig beobachtete Photosensibilisierungen (12 Prozent) und Diarrhöen (13 Prozent).

Wegen ihrer geringen Wasserlöslichkeit sollten Gyrasehemmstoffe mit viel Flüssigkeit eingenommen werden. Wirkverluste durch Komplexbildung werden häufig bei gleichzeitiger Einnahme von Magnesium- oder Aluminium-haltigen Präparaten und Lebensmitteln beobachtet. Top

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