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IgE-Antikörper gegen Allergien

21.05.2001  00:00 Uhr

OMALIZUMAB

IgE-Antikörper gegen Allergien

von Stephanie Czajka, Berlin

Der erste Antikörper gegen Immunglobulin vom Typ E (IgE) wird voraussichtlich im Herbst dieses Jahres in Deutschland zugelassen. Omalizumab (Xolair®) hilft Erwachsenen und Kindern bei Asthma und Heuschnupfen. Der Einsatz von Corticoiden oder Antihistaminika konnte unter Omalizumab verringert werden.

Zu einer allergischen Reaktion kommt es, wenn potenzielle Allergene in Körpergeweben wie beispielsweise der Augen- oder Nasenschleimhaut auf für sie spezifisches IgE treffen. Ist IgE an Mastzellen gebunden, wird durch die Antigenkopplung eine Reaktionskaskade ausgelöst. Die Folge: laufende Nasen, tränende Augen und geschwollene Schleimhäute. Auf Grund der Schlüsselrolle des IgE in diesem Prozess lag es nahe, seine Funktion zu blockieren.

Einen entsprechenden Antikörper herzustellen, ist jedoch technisch sehr aufwändig. Der potenzielle Hemmstoff darf nur an der Stelle andocken, an der das Molekül mit der Mastzelle reagiert. Wäre dies nicht gesichert, würden möglicherweise an Mastzellen gebundene IgE-Moleküle miteinander vernetzt, und es käme zur Stimulation statt zur Hemmung, erklärte Professor Dr. Roland Buhl von der Medizinischen Klinik der Universität Mainz auf einer Pressekonferenz von Novartis in Berlin. Man musste also "die Nadel im Heuhaufen finden", so Buhl.

Der erste Antikörper, der nicht mehr durch direkte Quervernetzung zellständiger IgE-Moleküle die Mastzelldegranulation triggerte, war ein monoklonaler Antikörper aus der Maus. In weiteren Arbeitsschritten wurde der Maus-Antikörper zu 95 Prozent durch menschliches IgG1 ersetzt. Nur die Bindungsstelle selbst stammt noch aus dem Mausmolekül. Der Arbeitstitel des Moleküls verrät etwas über die Anzahl der Entwicklungsschritte. "rhuMAb-E25" ist der 25. wirksame rekombinante humane monoklonale Antikörper (Antibody) gegen Immunglobulin E. An einer neuen Variante rhuMAb-E26 wird bereits gearbeitet.

Gegen Asthma wurde Omalizumab bisher in Phase-III-Studien an über 1000 Erwachsenen und über 300 Kindern getestet. Alle Patienten benötigten vorher ein inhalatives Corticoid. Über einen Zeitraum von sieben Monaten konnte die Corticoid-Dosis im Vergleich zu Placebo signifikant gesenkt werden. Zusätzlich wurden in der Omalizumab-Gruppe auch Asthma-Exazerbationen und der Verbrauch kurzwirksamer b-Sympathomimetika reduziert. Die Lebensqualität verbesserte sich signifikant.

Auch bei über 250 Patienten mit Pollenallergie wurde Omalizumab getestet. Die Behandlung startete man vor Beginn der Pollensaison. Die Patienten litten weniger unter Niesanfällen, tränenden Augen oder verstopften Nasen. Der Verbrauch von Antihistaminika war nur etwa halb so hoch wie in der Placebogruppe.

Da der Antikörper die Bindung von IgE an die Mastzellen blockiert und nicht die Reaktion mit dem Allergen, wirkt er gegen verschiedene Allergene. Das ist ein Vorteil gegenüber der Hyposensibilisierung. So zeigte eine Studie, dass Omalizumab auch in Kombination mit der Hyposensibilisierung (spezifische Immuntherapie, SIT) Vorteile bringt. Bei Kindern, die gegen mehrere Frühblüher allergisch waren, nahmen die Symptome ab, und die Begleitmedikation konnte gesenkt werden.

Omalizumab wurde während der einjährigen Therapie gut vertragen. Weniger als 1 Prozent der Patienten hatten Rötungen an der Einstichstelle, 0,4 bis 0,5 Prozent klagten über Müdigkeit. Noch ist aber nicht völlig klar, welche Rolle IgE bei gesunden Patienten spielt, welche Nebenwirkungen daher durch die Absenkung der IgE-Spiegel zu erwarten sind. Wie Roland Buhl berichtete, wird IgE eine Rolle bei der Abwehr von Wurminfektionen zugesprochen. Ob also die Infektionsgefahr in Ländern mit einem signifikanten Risiko parasitärer Infektionen erhöht ist, wird zur Zeit geklärt. Allerdings: Behandelte man Mäuse mit Omalizumab und infizierte sie dann mit Parasiten, war ihre Immunabwehr eher besser als vorher.

Omalizumab wird alle vier Wochen subkutan vom Arzt injiziert. Die Dosis muss der IgE-Last des Patienten und seinem Gewicht angepasst werden. Daher ist vor der ersten Applikation der IgE-Serumspiegel zu bestimmen. Das freie IgE wird durch den Antikörper im Blut abgefangen, noch bevor es an die Mastzellen im Gewebe andocken kann. Mit dem bisherigen Test zur Bestimmung der IgE-Last lässt sich nicht zwischen komplexiertem und freiem IgE unterscheiden. Das Verfahren kann daher nach der ersten Antikörpergabe nicht mehr verwendet werden. Sobald diese Differenzierung möglich werde, könne wahrscheinlich die Antikörperdosis für die weitere Anwendung abgesenkt werden, erklärte Buhl. Die Immunkomplexe werden über Leber und Milz abgebaut und renal ausgeschieden.

Ein Wermutstropfen bleibt: Kinder mit atopischer Dermatitis haben so hohe IgE-Spiegel, dass die Affinität des Antikörpers für diese Indikation nicht ausreicht.

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