Fußpilz bahnt Wundrose den Weg |
16.05.2005 00:00 Uhr |
Von wegen harmloser Fußpilz: Tinea pedis ist ein signifikanter Risikofaktor für eine Wundrose (Erysipel). Das zeigt eine Studie, die kürzlich in Dermatology veröffentlicht und letzte Woche der Fachpresse vorgestellt wurde.
Das Erysipel ist die häufigste stationär behandelte akute bakterielle Infektion der Haut. »Genaue Erkrankungszahlen sind allerdings nicht dokumentiert«, teilte Professor Dr. Hans Christian Korting von der Universitätsklinik München auf einer Novartis-Presseveranstaltung mit. Dass neben Rhagaden, Lymphödemen oder Adipositas auch Fußpilz einem Erysipel Vorschub leistet, zeigte kürzlich eine multizentrische, prospektive Fall-Kontroll-Studie mit 243 Wundrose-Patienten und 467 Kontrollpersonen (Lit.).
Mehr als die Hälfte (56,1 Prozent) der Studienteilnehmer, die wegen einer akuten Wundrose stationär behandelt wurden, litten nachweislich unter einer Dermatomykose die meisten (39,8 Prozent) unter Tinea pedis interdigitalis. Aber auch die Tinea pedis plantaris (33 Prozent) und der Nagelpilz (32,2 Prozent) waren häufig vertreten.
Flammende Haut Das Erysipel ist eine akute flächige, mit hohem Fieber einhergehende Hautinfektion, die überwiegend durch Streptokokken ausgelöst wird. Die Bakterien dringen über kleine Hautverletzungen in das Lymphsystem ein und breiten sich dort weiter aus. Meistens ist der Unterschenkel betroffen, aber auch das Gesicht kann Ort des Geschehens sein. Klinisch zeigt sich die Wundrose als hochrote, von der Umgebung stufenförmig abgesetzte, flammenförmig vordringende, »heiße« Hautinfiltration. Unbehandelt ist die Erkrankung lebensgefährlich und muss intravenös mit Antibiotika behandelt werden.
Von den Erysipel-freien Patienten der Kontrollgruppe, die wegen anderer akuter Symptome stationär aufgenommen worden waren, hatten nur 36,3 Prozent eine Dermatomykose. Bei rund einem Fünftel der Kontrollpersonen lautete die Diagnose Tinea pedis interdigitalis.
Umgerechnet bedeutet das: Das Risiko, sich ein Erysipel einzufangen, ist für Hautpilzpatienten 2,4fach erhöht. Patienten mit Interdigitalmykose haben gar ein 2,8fach höheres Risiko für die Entstehung einer Wundrose. Kortings Erklärung: »Bei einer durch Pilzinfektion geschädigten Haut ist die Abwehr so stark beeinträchtigt, dass die bakteriellen Erreger leichter in die Dermis eindringen und das Wundrose-Geschehen fördern können.« Etwa jedes vierte Erysipel wäre vermeidbar gewesen, wenn die Patienten ihren Fußpilz adäquat behandelt hätten, schlussfolgerte Korting.
Der Experte empfiehlt die Behandlung mit Terbinafin (Lamisil®). Das Allylamin muss im Gegensatz zu den Azolen wie Clotrimazol nur eine Woche lang einmal täglich angewendet werden, denn Terbinafin und die Azole wirken durch Hemmung der Biosynthese von Ergosterol, einem essenziellen Bestandteil der Pilzzellmembran, fungistatisch. Da aber allein Terbinafin dabei das Enzym Squalenepoxidase inaktiviert, kommt es in der Pilzzelle zu einer toxischen Anhäufung der Ergosterolvorstufe Squalen. Dies erklärt die schon in niedriger Konzentration erreichbare zusätzliche fungizide Wirkung der Substanz gegen Dermatophyten. »Bei den Azolen entfernt erst die stetige Hauterneuerung den Pilz, sodass eine drei- bis vierwöchige Therapie nötig ist«, erklärte Korting.
Zusätzlich verfüge Terbinafin über einen Depoteffekt. Pharmakokinetische Untersuchungen zeigten, so der Experte, dass der Wirkstoff auch nach der letzten Applikation über eine Woche in fungizid wirkenden Konzentrationen im Stratum corneum nachweisbar ist. Dieser Depoteffekt sei für Azole wie Clotrimazol oder Bifonazol nicht in entsprechendem Umfang gesichert.
Literatur: Roujeau, J.-C., Korting, H. C., Chronic dermatomycoses of the foot as risc faktor for acute bacterial cellulitis of the Leg. Dermatology 209 (2004) 301-307.
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