Podophyllin - peltatum oder hexandrum nicht verwechseln? |
17.05.1999 00:00 Uhr |
Podophyllin ist ein Harz, das aus den unterirdischen Teilen verschiedener Podophyllum-Arten (Berberidaceae) extrahiert wird. Die Droge stammt entweder von dem im Osten Nordamerikas wachsenden Podophyllum peltatum L. oder von Podophyllum hexandrum Royle (Synonym: P. emodi Wall. ex Hook f. et Thoms.), das im Himalaya beheimatet ist (1).
Durch die Aufbereitungsmonographie Podophyllin des ehemaligen Bundesgesundheitsamts wird nur Droge von P. peltatum zur antimitotischen Lokaltherapie positiv bewertet. Diese Ware ist seit 1973 im Deutschen Arzneimittel-Codex (DAC) monographiert und wird zur allgemeinen Verwendung bei der Herstellung von Podophyllin-Lösungen oder -Lacken empfohlen.
Podophyllin ist eine seit mehr als 100 Jahren bekannte Droge, die früher als stark wirkendes Laxans oder gelegentlich auch als Choleretikum verwendet wurde. Heute wird Podophyllin aufgrund seines Gehalts an Mitose-hemmenden Lignanen ausschließlich äußerlich zur Behandlung spitzer Kondylome eingesetzt.
Das Harz ist in zahlreichen Arzneibüchern und Codices monographiert, wobei zum Beispiel in Österreich, der Schweiz, den USA und in Deutschland unter der Bezeichnung Podophyllin eine von P. peltatum stammende Droge (Peltatum-Podophyllin) beschrieben wird. In Großbritannien wird dagegen Podophyllin als Droge von P. hexandrum (Hexandrum-Podophyllin) definiert. Nachdem in Deutschland Peltatum-Podophyllin in DAC-Qualität jahrelang verfügbar war, haben in der Vergangenheit Beschaffungsprobleme dazu geführt, daß in zunehmendem Maße auch Hexandrum-Podophyllin angeboten wird. Als weiterer Grund für den Einsatz der vermeintlichen Ersatzdroge wird auch der niedrigere Preis angeführt.
Im Zuge der gerade abgeschlossenen Revision der DAC-Monographie Podophyllin hat sich die DAC-Kommission mit der Frage beschäftigt, ob neben Peltatum-Podophyllin künftig auch Hexandrum-Podophyllin in die Monographie aufgenommen werden soll. Diese Überlegungen wurden aus folgenden Gründen nicht weiterverfolgt: Die beiden Podophyllin-Typen haben eine so stark unterschiedliche Zusammensetzung, daß ein beliebiger Austausch nicht zu vertreten ist.
Peltatum-Podophyllin enthält als Hauptwirkstoff die Lignane Podophyllotoxin sowie a- und b-Peltatin jeweils in etwa gleichen Mengenanteilen. Hexandrum-Podophyllin hat dagegen einen etwa doppelt so hohen Podophyllotoxin-Gehalt, die beiden Peltatine sind gar nicht oder nur zu einem Anteil vorhanden.
Nach Untersuchungen von Drew et al. ist der Gesamtgehalt an Lignanen in Hexandrum-Podophyllin sogar etwa vierfach höher als in Peltatum-Ware (3). Angesichts des unterschiedlichen Wirkstoffspektrums und -gehalts ist es nicht möglich, die beiden Qualitäten dieser stark wirkenden Droge synonym zu verwenden. Wie eingangs erwähnt, ist im Unterschied zu Deutschland im Vereinigten Königreich die Anwendung von Hexandrum-Podophyllin üblich.
Dem höheren Wirkstoffgehalt wird dort in der Weise Rechnung getragen, daß die Konzentration von cutan anzuwendenden Tinkturen höchstens 15 Prozent (m/V) beträgt (Monographie "Compound Podophyllin Paint" British Pharmacopoeia 1998). Ein weiteres wichtiges Argument gegen die Monographierung von Hexandrum-Podophyllin im DAC ist die Aufbereitungsmonographie "Podophylli peltati resina" des ehemaligen Bundesgesundheitsamts.
Auch in dieser Monographie wird ausschließlich auf Harz von P. peltatum Bezug genommen. Die angegebenen Konzentrationen und Anwendungshinweise spiegeln die jahrzehntelange Erfahrung wider, die Dermatologen mit Peltatum-Podophyllin gewonnen haben. Da den Verordnern das abweichende Wirkstoffspektrum und insbesondere der höhere Gehalt von Hexandrum-Podophyllin nicht bekannt sein wird, ist auch unter diesem Aspekt der kritiklose Austausch im Mengenverhältnis von 1:1 abzulehnen. Die DAC-Kommission hat daraufhin beschlossen, die Monographie "Podophyllin" im Grundsatz unverändert zu belassen. Als Stammpflanze der Droge ist auch künftig ausschließlich P. peltatum zulässig. Mit Hilfe der beiden folgenden Prüfungen auf Identität lassen sich Peltatum- und Hexandrum-Podophyllin unterscheiden:
Fazit: Die Apotheken werden gebeten, zur Herstellung von Podophyllin-Lösungen und -Lacken aus Gründen der Arzneimittelsicherheit ausschließlich Podophyllin von P. peltatum in DAC-Qualität zu verwenden. Der pharmazeutische Großhandel sowie die Chemikalien- und Drogenhändler sind aufgefordert, die Versorgung mit dieser Ware dauerhaft sicherzustellen.
Literatur:
Anschrift des Verfassers:
Dr. Karsten Albert,
Deutscher Arzneimittel-Codex,
Carl-Mannich-Straße 20,
65760 Eschborn
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