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Bluthochdruck komplex therapieren

21.04.1997  00:00 Uhr

- Pharmazie

  Govi-Verlag

Bluthochdruck komplex therapieren

  "Blutdrucksenkung allein reicht nicht, um die Behandlung des arteriellen Hypertonikers zu optimieren." Dr. Manfred Karl-Heinz Zehender von der Medizinischen Universitätsklinik Freiburg begründete dies mit den zahlreichen Begleit- und Folgeerkrankungen, die den arteriellen Bluthochdruck zum kardiovaskulären Risikofaktor erster Güte machen.

So kommt es mit zunehmendem Patientenalter und Fortschreiten des Krankheitsbildes zu einer steigenden Behinderung des Blutflusses in den Gefäßen, fast die Hälfte der Hypertoniker hat einen vergrößerten linken Herzventrikel, und in allen Stadien der Erkrankung zeigt sich eine erhöhte Aktivität des sympathischen Nervensystems. Nicht nur gesteigerte Mortalität, sondern auch erhöhte Morbidität sind die Folgen. 17 Prozent der 40 bis 60jährigen Hypertoniker haben eine koronare Herzerkrankung, 15 Prozent Diabetes, 13 Prozent eine Herzinsuffizienz, 6 Prozent eine arterielle Verschlußkrankheit und 3 Prozent eine obstruktive Atemwegserkrankung.

"Angesichts der Komplexität der Krankheitsfolgen ist es mit der Blutdrucksenkung allein nicht getan", betonte Zehender bei einer von Lilly ausgerichteten Pressekonferenz in Bad Homburg. Der Patient müsse "als Ganzes" behandelt werden. Um für jeden einzelnen die erforderliche individuelle Therapie zu gewährleisten, habe die Vielzahl der im Markt befindlichen Antihypertensiva mit ihren unterschiedlichen Angriffspunkten durchaus ihre Daseinsberechtigung. Es sei falsch, nur auf eine Wirkstoffklasse zu setzen.

Die Auswahl des jeweiligen Medikaments/der Medikamente sollte sich nach Zehenders Auffassung verstärkt am Alter des Patienten orientieren; zu berücksichtigen seien weiterhin die zentral-nervöse Komponente der Behandlung, die cirkadianen Rhythmen im Blutdruckverhalten, Stoffwechsel- und Interaktionsneutralität des eingesetzten Wirkstoffs oder die Patientenfreundlichkeit der Anwendung. Die Hochdruck-Liga empfiehlt in ihrem Therapieschema zunächst die Monotherapie und erst bei deren Versagen die Kombination aus verschiedenen, unterschiedlich angreifenden Wirkstoffen. Laut Zehender ist dabei die individuelle Kombination aus Einzelwirkstoffen fixkombinierten Präparaten vorzuziehen.

Moxonidin: Verträglichkeit durch Selektivität

Als Beispiel für ein "modernes Antihypertensivum", das nicht nur den Blutdruck effektiv senkt, sondern gleichzeitig günstige hämodynamische und metabolische Eigenschaften aufweist und kardiovaskuläre Komplikationen reduziert, nannte Zehender den seit fünf Jahren im Markt befindlichen Imidazolin-Rezeptorantagonisten Moxonidin. Der Wirkstoff, Hauptvertreter der zweiten Generation zentralwirksamer Antihypertensiva, senkt den Blutdruck durch Blockade der Imidazolin-Rezeptoren im ZNS. Er bindet dort mit rund 200mal höherer Selektivität als an den a-2-Rezeptoren, wodurch man sich die im Vergleich gute Verträglichkeit erklärt. Hauptnebenwirkungen sind Mundtrockenheit (17 Prozent) und Müdigkeit (10 bis 12 Prozent).

Die einmal täglich zu applizierende Substanz vermindert den erhöhten Sympathikustonus und führt zu einer Verminderung des totalen peripheren Widerstands, wobei Herz-Minuten-Volumen und Herzfrequenz nicht signifikant beeinflußt werden. Ein weiterer erwünschter Effekt: Neben den zentralen werden auch die Imidazolin-Rezeptoren der Niere selektiv blockiert, und es kommt zu einer gesteigerten renalen Ausscheidung von Natrium (Natriurese).

Bei Verschreibung und Abgabe von Moxonidin müsse der Patient unbedingt auf dessen einschleichende Wirkung hingewiesen werden (Wirkmaximum nach circa 14 Tagen), damit nicht aufgrund unerfüllter Erwartung einer Sofortwirkung die Therapie eigenmächtig abgebrochen werde, betonte Zehender. Ebenso wie der Wirkbeginn sei im übrigen auch das Wirkende bei Moxonidin nicht abrupt, so daß keine Reboundeffekte zu befürchten seien.

Gegenstand aktueller Studien

"Die antisympathotone Wirkung von Moxonidin wird meßbar anhand einer deutlichen Reduktion der Noradrenalin-Spiegel", erklärte er. Aufgrund des bei Herzinsuffizienten beobachteten Zusammenhangs zwischen erhöhten Noradrenalin-Werten und erhöhter Mortalität wird der Imidazolin-Rezeptorantagonist derzeit auch als Add-On-Medikament bei dieser Indikation getestet. Eine in Schweden abgeschlossene Phase-II-Studie zur Herzinsuffizienz habe die Reduktion der Noradrenalin-Spiegel bestätigt, hieß es in Bad Homburg; eine Phase-III-Studie mit Moxonidin bei Herzinsuffizienten sei bereits gestartet, zwei weitere seien in Planung.

Auf der Basis von Beobachtungen in Tierversuchen läuft darüber hinaus derzeit eine Studie, in der der Einsatz des Imidazolin-Rezeptorantagonisten auch bei niereninsuffizienten Hypertonikern getestet wird. Bislang ist die Gabe bei dieser Patientenklientel kontraindiziert. In der laufenden Studie habe man bei der Kombinationsbehandlung mit Diuretika, ACE-Hemmern und Ca-Antagonisten letztere gegen Moxonidin ausgetauscht, berichtete eine Mitarbeiterin der Herstellerfirma. Von den Untersuchungsergebnissen erhoffe man sich eine Zulassungsänderung dahingehend, daß die Niereninsuffizienz künftig als Kontraindikation für Moxonidin entfalle.

PZ-Artikel von Bettina Schwarz, Bad Homburg    

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