Hormonstäbchen unter der Haut schützt langfristig |
06.03.2000 00:00 Uhr |
Drei Jahre lang sicher verhüten, ohne täglich an die Pille denken zu müssen: Ein Hormonstäbchen macht´s möglich. Das Gestagen-Implantat soll im Mai/Juni auf den deutschen Markt kommen.
Kleiner als ein Streichholz ist das flexible Stäbchen, das 68 mg Etonogestrel enthält und unter die Haut am Oberarm implantiert wird (Implanon®, Nourypharma). Über drei Jahre gibt es kontinuierlich Gestagen ins Blut ab, das die Ovulation unterdrückt. Laut Studien kam es in den ersten beiden Jahren der Anwendung zu keiner Ovulation, zum Ende des dritten Jahres bei weniger als fünf Prozent der Frauen. Zusätzlich verdickt der Arzneistoff den Zervixschleim, was Spermien am Aufsteigen hindern soll. Die endogene Estrogen-Produktion bleibt bestehen.
Je nach Einlagezeitpunkt beginnt der Empfängnisschutz bereits am ersten Tag nach der Implantation, berichtete der Leiter der Medizinischen Abteilung bei Nourypharma, Dr. Jürgen Schmidt. Der Pearl-Index, also die Versagerrate pro 100 Frauenjahren, wird von der Firma mit Null angegeben und überträfe damit perorale Kontrazeptiva und Sterilisation. Die Zahl beruht auf der Beobachtung von 2362 Anwenderinnen und 73429 Zyklen. Keine der Frauen wurde in den klinischen Studien schwanger. Wird das Implantat entfernt, kann innerhalb von 24 Stunden eine Ovulation eintreten.
Das Implantat bietet Frauen, die langfristig sicher verhüten wollen, eine Alternative zum Intra-Uterinsystem (Mirena®) oder zur Dreimonatsspritze. Ebenso ist es geeignet für Frauen, bei denen Estrogen-haltige perorale Kontrazeptiva kontraindiziert sind und denen die Minipille zu unsicher ist. Dass das Stäbchen unter der Haut ertastet werden kann, beruhigt viele Frauen, die sich um die Zuverlässigkeit des Empfängnisschutzes sorgen.
Blutungsverhalten verändert Wie andere Gestagen-Präparate kann das Implantat das Blutungsverhalten stören, berichtete der Karlsruher Frauenarzt Dr. Knut O. K. Hoffmann, der bereits seit 1992 an Studien beteiligt war, aus seiner Praxis. Ein Drittel der Frauen habe einen regelmäßigen Vier-Wochen-Rhythmus, ein weiteres Drittel keine oder eine kürzere, schwächere oder seltenere Menstruation. Der Rest klage über unregelmäßige, verlängerte und verstärkte Blutungen, die auch als häufigster Grund für eine vorzeitige Entfernung des Kontrazeptivums genannt wurden. Weitere Gründe waren Kinderwunsch oder illusionäre Erwartungen von Libidosteigerung oder Brustwachstum. Etwa 30 Prozent der Frauen ließen das Implantat vor Ablauf der dreijährigen Anwendungsphase entfernen.
Im Forschungsprogramm wurde ferner eine allmähliche Gewichtszunahme (1,5 bis 2 Prozent jährlich) beobachtet. Bei einigen Frauen trat Akne neu auf, bei anderen besserte sich eine bestehende Akne.
Derzeit bietet Nourypharma in Kooperation mit dem Berufsverband der Frauenärzte ein Trainingsprogramm für Gynäkologen an, um diese mit Anwendung und Entfernen des Implantats sowie der speziellen Beratung der Frau vor der Langzeitkontrazeption vertraut zu machen. Das Produkt mit einer europäischen Zulassung ist bereits in Großbritannien, Österreich, der Schweiz und den Niederlanden auf dem Markt.
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