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Keine Korrelation zwischen Freisetzung und Wirksamkeit

31.12.2001  00:00 Uhr
OMEPRAZOL

Keine Korrelation zwischen Freisetzung und Wirksamkeit

von Johann Terblanche und Jacobus H. Potgieter, Bloemfontein, Südafrika, Ursula Luft und Ursula Thyroff-Friesinger, Holzkirchen

Omeprazol hat einen hohen Stellenwert in der Therapie schwerwiegender Magen-Darm-Erkrankungen. Deshalb besteht großes Interesse, den Therapieerfolg durch qualitativ hochwertige Arzneimittel zu sichern. Die pharmazeutische Qualität von Handelspräparaten wurde bereits mehrfach untersucht. Da jedoch bislang Erkenntnisse zur Korrelation von In-vitro- und In-vivo-Daten fehlten, konnten die Ergebnisse nicht zuverlässig auf die Verhältnisse beim Patienten übertragen werden (1-3). Eine aktuelle In-vivo-Untersuchung zeigt nun, dass Omeprazol-Präparate mit unterschiedlichem Freisetzungsverhalten zu nahezu identischen Veränderungen des pH-Werts im Magen führen.

Omeprazol ist säurelabil und muss deshalb in magensaftresistenten Darreichungsformen verabreicht werden. Die Bioverfügbarkeit einer peroralen Einzeldosen beträgt circa 35 Prozent und steigt nach wiederholter Gabe auf rund 60 Prozent. Somit ist Omeprazol nach der Einstufung der Bioverfügbarkeitskommission des Bundesinstituts für Arzneimittel- und Medizinprodukte ein Arzneistoff mit problematischer Bioverfügbarkeit (4). Für bezugnehmende Zulassungen sind deshalb die pharmazeutische Qualität und Bioäquivalenz zum Originalprodukt nachzuweisen.

Zur Charakterisierung der pharmazeutischen Qualität von Omeprazol-haltigen Arzneimitteln gibt es keine allgemein verbindliche Arzneibuchmonographie. Deshalb muss während der pharmazeutischen Entwicklung zur diskriminierenden Darstellung der Chargenhomogenität die Dissolutionsmethode jeweils der Darreichungsform und der Formulierung angepasst werden.

Während der galenischen Entwicklung von OMEP® 20 mg wurde festgestellt, dass geringfügige Modifikationen der verwendeten Freisetzungsmethode, die sich an die allgemeinen Vorgaben der USP 24 beziehungsweise des Europäischen Arzneibuchs für Arzneiformen mit verzögerter Freisetzung anlehnten, zu unterschiedlichen Freisetzungsprofilen führen. Bei einer Prüfung nach den Methoden A und B wurden für identische Muster OMEP 20 mg nach Umpufferung bei pH 6,8 zum Prüfzeitpunkt 30 Minuten deutlich unterschiedliche Freisetzungsraten von 62 beziehungsweise 87 Prozent gefunden. Ebenfalls deutlich abweichende Werte fand man für OMEP 20 mg und Antra MUPS® 20 mg bei einer Untersuchung nach Methode A.

Mit einer Bioäquivalenzstudie konnte jetzt nachgewiesen werden, dass sich diese Unterschiede im Freisetzungsverhalten nicht auf den therapeutischen Zielparameter, den pH-Wert des Magens, auswirken.

Material und Methoden

In einer randomisierten Cross-over-Studie wurden die pH-Profile des Magensafts nach Mehrfachgabe von OMEP 20 mg, Antra MUPS 20 mg und Nexium mups® 20 mg verglichen. Über einen Zeitraum von fünf Tagen nahmen die Probanden täglich jeweils eine abgeteilte Form mit 20 mg entsprechend der Dosierungsanleitung der Hersteller ein. Die Auswaschphase zwischen den Prüfperioden betrug jeweils neun Tage.

In die Untersuchung wurden folgende handelsübliche Fertigarzneimittel einbezogen: OMEP mit 20 mg Omeprazol als magensaftresistente Kapseln (Ch.-B.: 12EN73), Antra MUPS, ebenfalls mit 20 mg Omeprazol als magensaftresistente Tabletten (Ch.-B.: AM7392A2) sowie Nexium mups mit 20 mg Esomeprazol als magensaftresistente Tabletten (Ch.-B.: BL5047A1).

Das pH-Profil erfasste man durch intragastrale pH-Messung über eine Nasensonde kontinuierlich über 24 Stunden am Tag 0 (ohne Medikation) und am Tag 5 (nach Einnahme der Prüfmedikation). Der pH-Katheter (Meditronic®), der vor jeder Messperiode kalibriert wurde, war zur Aufzeichnung der Daten mit einem Digitrapper-Recorder der Firma Medronic verbunden. Die pH-Elektrode wurde circa 8 cm distal des Oesophagus Sphinkters plaziert. Das Intervall zwischen aufeinander folgenden Messpunkten betrug acht Sekunden.

Hauptzielparameter war die Fläche unter der pH-Zeitkurve oberhalb von pH 3 (AUC pH ³ 3) nach fünftägiger Gabe. An den Meßtagen 0 und 5 wurden standardisierte Mahlzeiten und Getränke 0,25, 6 und 13,5 Stunden sowie standardisierte Snacks 4 und 9,5 Stunden nach Start der pH-Metrie verabreicht. Die Studien entsprach den ICH-GCP-Richtlinien.

Ergebnisse

Insgesamt nahmen 27 gesunde männliche Probanden mit einem Durchschnittsalter von 25 Jahren an der Studie teil. Aus dem 24-Stunden-Profil des mittleren pH-Wertes (Median) ist ersichtlich, dass alle drei Präparate zu einer vergleichbaren Veränderung des Magen-pH-Wertes führen. Aus Tabelle 1 geht hervor, dass die Fläche unter der Zeitkurve oberhalb pH 3 für OMEP 67,2 pH*h, für Antra MUPS 68,5 pH*h und für Nexium mups 68,9 pH*h beträgt.

 

Tabelle 1: Pharmakodynamische Parameter für Omeprazol nach Mehrfachdosierung

Variable

OMEP 20 mg

Antra MUPS 20 mg

Nexium mups 20 mg

Mittel-
wert

Standardab-
weichung

Mittel-
wert

Standardab-
weichung

Mittel-
wert

Standardab-
weichung

AUCpH ³3 [pH*h] 
Fläche unter der pH-Zeit-Kurve (pH ³3) 

67,2

13,00

68,5

11,73

68,9

9,80

AUCpH ³4 [pH*h] 
Fläche unter der pH-Zeit-Kurve (pH ³4) 

55,3

12,50

56,9

11,44

56,9

9,94

AUCpH(0-12h) [pH*h] 
Fläche unter der pH-Zeit-Kurve 

61,7

6,70

63,8

5,33

63,6

5,04

AUCpH(12-24h) [pH*h] 
Fläche unter der pH-Zeit-Kurve 

44,1

6,91

43,1

7,44

43,5

6,51

AUCpH (0-24 h) [pH*h] 
Fläche unter der pH-Zeit-Kurve 

105,9

12,05

106,9

11,05

107,1

9,42

MedianpH (0-24 h) 
Intragastraler Median-pH

 

4,96

 

5,06

 

5,00

ZeitdauerpH ³3 [h] 
Zeitintervall pH im Magen ³

17,6

2,58

17,8

2,34

18,0

1,69

ZeitdauerpH ³4 [h] 
Zeitintervall pH im Magen ³

15,4

2,97

15,8

2,83

15,8

2,21

alle Mittelwerte sind arithmetische Mittelwerte bis auf den Median-pH (0-24 h)

 

Das 90-prozentige Konfidenzintervall für den Hauptzielparameter liegt eindeutig innerhalb der international akzeptierten Äquivalenzgrenzen von 80 bis 125 Prozent (siehe Tabelle 2). Somit sind alle drei Präparate äquivalent in Bezug auf die Beeinflussung des Magen pH-Wertes, den wesentlichen Parameter zu Beurteilung der therapeutischen Wirksamkeit von Protonenpumpenhemmern. Auch bei anderen Dynamikparameter ergibt sich kein relevanter Unterschied (Tabelle 1). Ebenso konnten keine Tageszeit-bedingten Unterschiede festgestellt werden.

 

Tabelle 2: Konfidenzintervalle (90 Prozent) des Hauptzielparameters AUC pH ³ 3

Vergleich

Punktschätzer
[%]

90%-Konfidenz-
intervall* [%]

OMEP® 20 mg vs. 
Antra MUPS® 20 mg 

97,5

92,7 - 102

OMEP® 20 mg vs.
Nexium® mups 20 mg

96,4

91,8 - 101

*)ANOVAlog-Daten

 

Diskussion

Omeprazol hemmt direkt und dosisabhängig das für die Sezernierung von Magensäure verantwortliche Enzym H+/K+-ATPase. Der pH-Wert des Magensekretes stellt daher einen aussagekräftigen und unter Studienbedingungen leicht zugänglichen In-vivo-Surrogatparameter für die therapeutische Wirksamkeit dar und ist in der Aussagekraft den gemessenen Plasmaspiegeln überlegen.

Burget et al. fanden eine hoch signifikante Korrelation zwischen der Ulkusheilungsrate und den folgenden Hauptdeterminanten der antisekretorischen Therapie: Ausmaß der Säuresuppression, Zeitdauer der Säuresuppression und Länge der Therapie (5). Der Hauptzielparameter (AUC pH * 3) korreliert demnach direkt mit der Ulkusheilungsrate (5, 6).

Die vorliegenden Untersuchungen belegen, dass OMEP 20 mg trotz offensichtlicher Unterschiede bei der In-vitro-Freisetzung hinsichtlich der Unterdrückung der Säuresekretion äquivalent zu beiden Referenzpräparaten ist. Dieses Ergebnis bestätigt auch Erkenntnisse, die im Rahmen der Entwicklung von OMEP 20 mg generiert wurden, bei denen man verschiedene Formulierungen mit unterschiedlichen Dissolutionsprofilen in 18 Studien an ungefähr 500 Probanden untersuchte. Geringfügige Modifikationen der Dissolutionsmethode ergaben unterschiedliche Freisetzungsprofile, trotzdem waren die Präparate in vivo äquivalent.

Diese Untersuchung erlaubt die Schlussfolgerung, dass sich bei Omeprazol aus dem In-vitro-Freisetzungsverhalten keine Aussage über Ausmaß und zeitlichen Verlauf der Magensäuresekretion und damit die therapeutische Äquivalenz ableiten lässt. Ob sich Omeprazol-haltige Präparate austauschen lassen, kann also nur auf Basis von In-vivo-Bioäquivalenzstudien entschieden werden.

 

Literatur

  1. Petersen, K., Freisetzung von Omeprazol aus Kapsel-Generika in vitro. Dt. Apoth. 51 (1999) 213-217.
  2. Blume, H., et al., Qualität von Omeprazol-Präparaten Dtsch. Apo. Ztg. 141 (2001).
  3. siehe Seite 24.
  4. Bundesanzeiger Nr. 43 vom 4.3.1998, S. 2847ff. 9. Bekanntmachung gemäß § 26 Abs. 3 des Arzneimittelgesetztes (AMG) über die Zulassung nach § 21 AMG und die Verlängerung der Zulassung von Arzneimitteln nach § 105 AMG (Bioverfügbarkeit/Bioäquivalenz) (vom 19. Januar 1998)
  5. Burget, D., et al., Is there an optimal degree of acid suppression for healing of duodenal ulcers? A model of the relationship between ulcer healing and acid suppression. Gastroenterology 99 (1990) 345-385.
  6. Bell, N. J. V., et al., Appropriate acid suppression for the management of gastro-oesophageal reflux disease. Digestion 51 Suppl. 1 (1992) 59-67.

 

Für die Verfasser:
Dr. Ursula Thyroff-Friesinger
Leiterin Klinische Forschung
Hexal AG
Industriestraße 25
83607 Holzkirchen
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E-Mail: redaktion@govi.de

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