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Zweifel an der Wirksamkeit

15.11.2004  00:00 Uhr
Atenolol

Zweifel an der Wirksamkeit

von Dagmar Knopf, Limburg

Ergebnisse einer aktuellen Studie im Fachmagazin The Lancet lassen vermuten, dass der Betablocker Atenolol Herzinfarkte oder Todesfälle auf Grund kardiovaskulärer Erkrankungen nicht effektiv vermindert.

Atenolol ist einer der am häufigsten verschriebenen Betablocker und wird zudem oft in randomisierten kontrollierten klinischen Studien zum Bluthochdruck als Referenzprodukt herangezogen. Bedenken, dass Atenolol nicht das beste Referenz-Medikament zum Vergleich mit anderen antihypertensiven Medikamenten sein könnte, brachten die Forscher um Bo Carlberg vom Umea University Hospital in Schweden dazu, den Einfluss von Atenolol auf kardiovaskuläre Erkrankungen und Todesfälle bei Patienten mit hohem Blutdruck systematisch zu untersuchen. Die Forscher prüften dazu bereits veröffentlichte Studien mit dem Betablocker auf dessen Wirksamkeit bezüglich kardiologischer Erkrankungen und Todesfälle. Sie zogen vier Studien heran, die Atenolol mit Placebo oder unbehandelten Patienten verglichen, sowie fünf Studien, in denen Atenolol als Referenzprodukt für andere blutdrucksenkende Medikamente diente.

Die ersten vier Studien lieferten medizinische Daten von 6825 Patienten, deren Nachbetreuung sich im Schnitt auf 4,6 Jahre belief. Obwohl Atenolol im Vergleich zu Placebo und zur unbehandelten Kontrollgruppe den Blutdruck senkte, zeigte sich in den Gruppen kein Unterschied in der Mortalität. Weder starben weniger Patienten an Herzinfarkten, noch an anderen kardiologischen Erkrankungen. Lediglich das Risiko eines Schlaganfalls war in der mit Atenolol behandelten Patientengruppe geringer als in der Placebogruppe. Besonders deutlich wurde dieser Effekt in der HEP-Studie (Hypertension in Elderly Patients trail). Hier reduzierte die medikamentöse Behandlung in der Dosierung von 100 mg Atenolol – im Vergleich zur Kontrollgruppe – den Schlaganfall um 43 Prozent. Allerdings wurden mehr als die Hälfte dieser Patienten (60 Prozent) nicht nur mit Atenolol behandelt, sondern zusätzlich mit anderen blutdrucksenkenden Medikamenten.

Die fünf Vergleichsstudien fassten 17 671 Patienten, deren follow-up Zeit im Schnitt ebenfalls 4,6 Jahre betrug. Die Analyse ergab keinerlei Unterschiede der blutdrucksenkenden Wirkung der Medikamente. Als Vergleich dienten die Wirkstoffe Hydrochlorothiazid (50 mg), Bendroflumethiazid (5 mg), Captopril (50 bis 100 mg), Losartan (50 bis 100 mg), Lacidipin (4 bis 6 mg) und Atenolol (50 bis 100 mg). Zusätzlich war die kardiovaskuläre Mortalität in der Atenolol-Gruppe sogar leicht erhöht (135 von 2617 mit Atenolol behandelten Patienten starben während der Studiendauer im Vergleich zu 118 von 2658 mit anderen Wirkstoffen behandelten Patienten). Auch das Risiko eines Herzinfarktes (142 versus 127) und Schlaganfalles war leicht erhöht (87 versus 75).

Eine potenzielle Erklärung für diese Beobachtungen könnte in der chemischen Struktur begründet sein: Atenolol unterscheidet sich von anderen Betablockern durch seinen geringen Lipidanteil. Daten aus Tierstudien lassen darauf schließen, dass die Fähigkeit, ventrikuläres Flimmern zu verhindern, von der Menge des Betablockers im zentralen Nervensystem abhängt. Das sehr hydrophile Atenolol hingegen hat nur eine geringe Permeabilität in das Nervensystem.

Des Weiteren korrigieren viele blutdrucksenkende Medikamente die endotheliale Dysfunktion kleiner Arterien, die im Bluthochdruck auftreten. Für Atenolol konnte diese Wirkung jedoch nicht gezeigt werden. In einer kürzlich veröffentlichten Untersuchung verringerte sich das Lumen der Arterien und die Kontraktionsfähigkeit steigt bei Patienten, die nach einer langjährigen Einnahme von Atenolol auf einen Angiotension-1-Rezeptorblocker umgestellt wurden.

 

Quelle: Carlberg, B. et al., Atenolol in hypertension: is it a wise choice? Lancet, Band 364 (2004) 1684-1689.

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