Ambroxol gegen Halsschmerzen und Husten |
18.10.2004 00:00 Uhr |
Zwar ist er ein lebensnotwendiger Schutzreflex, aber ein festsitzender bellender Husten kann dem Organismus schwer zusetzen. Effektive Abhilfe schafft hier Ambroxol. Auf Grund ihres lokalanästhetischen Effekts wirkt die Substanz auch gegen Halsschmerzen und kann zudem Frühgeborenen den Start ins Leben erleichtern.
„Ein gesunder Mensch hustet nicht“, sagte Professor Dr. Jürgen Fischer, Ärztlicher Direktor des Instituts für Rehabilitationsforschung Norderney, auf einer von Boehringer Ingelheim unterstützten Veranstaltung. Erst wenn der Selbstreinigungsmechanismus, das ununterbrochen arbeitende Flimmerepithel, überfordert ist, hilft Husten bei der Reinigung der Atemwege. So zum Beispiel, wenn sich dort zäher Schleim abgelagert hat. Aber auch Viren können Husten auslösen, da die geschädigten Zellen als Abwehrreaktion eine Entzündung auslösen.
Lutschpastille gegen Halsschmerzen
Husten beginnt mit der Reizung der Hustenrezeptoren, die in den verschiedenen Bereichen der Atemwege völlig unterschiedlich vorkommen. Während am Übergangspunkt zwischen oberen Atemwegen (Mund und Nase) und unteren Atemwegen (Luftröhre und Bronchien) die Rezeptoren für chemische Reize die höchste Bedeutung haben, dominieren in den Bronchien die Rezeptoren für mechanische Reize. Auf einen chemischen oder mechanischen Reiz hin erzeugen diese Rezeptoren einen elektrischen Impuls, der über Nervenfasern zum Hustenzentrum gelangt. Dort wird der Hustenreflex ausgelöst: Nach einer kurzen Einatmungsphase schließt sich der Kehlkopf und komprimiert durch Anspannen der Atemmuskulatur. Durch schlagartiges Öffnen des Kehlkopfs wird der entstandene Überdruck daraufhin abgelassen – wir husten.
„Ambroxol wie zum Beispiel Mucosolvan® ist ein Sekret-Normalisierer“, sagte Heiko Leuschner, Apothekenleiter in Oberhaching. In der Normdosierung von 60 mg steht die Schleimverflüssigung und Steigerung der Schlagkraft der Zilien im Vordergrund und damit die sekretolytische und sekretomotorisch Wirkung. Bei 120 mg überwiegt die vermehrte Bildung von Sputum (sekretagoger Effekt). Zudem wirkt Ambroxol lokalanästhetisch, weswegen es auch als peripherer Hustenstiller bezeichnet wird. Diesen Effekt macht man sich in Form von Lutschpastillen gegen Halsschmerzen zunutze.
Darüber hinaus scheint noch ein weiterer Mechanismus eine Rolle zu spielen. Ambroxol kann die körpereigene Produktion des Schutzstoffs Surfactant in den Bronchien aktivieren, der einen entscheidenden Anteil an dem Selbstreinigungsprozess hat. Surfactant verhindert, dass sich Fremdpartikel, Bakterien oder Viren auf der Schleimhaut festsetzen können – die baldige Genesung kann einsetzen.
Das erste Atmen erleichtern
Seine Hauptfunktion hat dieser Schutzstoff jedoch auf dem Weg ins Leben: Eine ausreichende Bildung von Surfactant ist die Grundvoraussetzung dafür, dass sich die Bläschen beim ersten Atemzug des Neugeborenen richtig entfalten und anschließend nicht wieder kollabieren. Der Schutzstoff ist bei der Umstellung der Funktion der Lunge auf den Ersatz der Lungenflüssigkeit durch Atemluft entscheidend beteiligt. Er senkt die Oberflächenspannung des Wassers in den Lungenbläschen, ermöglicht so das Ein- und Ausströmen der Atemluft und verhindert vor allem, dass die Alveolen am Ende der Ausatmungsphase wieder zusammenfallen. Surfactant muss ab der Geburt zeitlebens für diese Funktion gebildet werden.
„Der Schwachpunkt eines jeden Frühchens ist die unreife Lunge“, sagte Dr. Richard Kitz, Leiter des Frankfurter Clementine Kinderhospitals. Sie ist ungenügend auf die Luftatmung vorbereitet, weil die Lungenbläschen nicht ausreichend Surfactant gebildet haben. Dies sei der Hauptgrund für die hohe Sterblichkeitsrate, so der Kinderarzt. Bei einer drohenden Frühgeburt werde daher eine Surfactant-Stimulation über den Blutkreislauf der Mutter eingeleitet. Hierzu kann der Schwangeren zum Beispiel über fünf Tage Ambroxol hochdosiert intravenös appliziert werden. Dabei entspricht die Hochdosistherapie der 16fachen Tagesdosierung bei Erkältungshusten. Trotz dieser hohen Dosierung treten bei dem Fötus keine gravierenden Nebenwirkungen auf, die der Schwangeren entsprechen denen der Hustentherapie. Als Mittel gegen Husten besteht im ersten Trimenon der Schwangerschaft sowie in der Stillzeit allerdings eine strenge Indikationsstellung für Ambroxol.
Bei Erwachsenen können schwere Lungenentzündungen oder chirurgische Eingriffe mit Herz-Lungen-Maschinen zu einen Surfactantmangel führen. Auch hier wird Ambroxol unterstützend eingesetzt.
Das Gen, das Babys aufatmen lässt Amerikanische Forscher haben ein Schlüsselgen identifiziert, das Babys ihren ersten Atemzug ermöglicht: Nur wenn das Gen namens Foxa2, korrekt arbeitet, reift die Lunge im Mutterleib vollständig aus und ist bereit, nach der Geburt die Sauerstoffversorgung zu übernehmen. Das hat das Team um Jeffrey Whitsett von der Universität von Cincinnati bei genetisch veränderten Mäusen entdeckt. Weitere Untersuchungen zeigten, dass Foxa2 die Aktivität der Gene koordiniert, die für die Bildung der einzelnen Eiweiß- und Fettanteile des Surfactant zuständig sind. Foxa2 fungiert demnach als eine Art genetischer Dirigent, der die Aktivität einer ganzen Reihe anderer Gene steuert. Über ihre Ergebnisse berichten die Forscher im Fachmagazin PNAS (Online-Vorabveröffentlichung, DOI: 10.1073/pnas.0404424101).
Die Wissenschaftler hoffen nun, mit Hilfe der Entdeckung des Master-Gens Foxa2 und seiner Wirkung neue Behandlungsansätze für Lungenprobleme bei Frühgeborenen, aber auch bei Erwachsenen entwickeln zu können.
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