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Homöopathie kämpft um Anerkennung

15.08.2005  00:00 Uhr

Homöopathie kämpft um Anerkennung

von Elke Wolf, Baden-Baden

Homöopathika werden von eingefleischten Schulmedizinern gern mit einem Lächeln abgetan. Ihr Wirkmechanismus sei nebulös, und angebliche Therapieerfolge seien durch valide Studien nicht verifizierbar. Dieser Vorwurf soll nun entkräftet werden.

Während das homöopathische Kombinationspräparat Traumeel S® in der Orthopädie seit langem gute Dienste leistet, ist sein antientzündliches Potenzial gegen chemotherapieinduzierte Stomatitiden noch relativ unbekannt. Eine kleine randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudie ergab, dass das Komplexhomöopathikum eine echte Therapieoption für eine toxische Nebenwirkung der Chemotherapie darstellt, die ansonsten nur unzureichend behandelbar ist. »Für die Behandlung von Stomatitiden gibt es keine echte schulmedizinische Alternative. Mundspülungen, topische Anästhetika und systemische Analgetika wirken nur bei leichter bis mittelschwerer Stomatitis und dann auch nur begrenzt«, sagte Dr. Menachem Oberbaum, einer der Autoren der 2001 im Wissenschaftsmagazin »Cancer« veröffentlichten Studie (Cancer 92 (3) (2001) 684-690). »Doch die Läsionen im Mund sind mitunter so extrem, dass die Zunge einem rohen Stück Fleisch gleicht«, erklärte der Leiter des Shaare Zedek Medical Centers in Jerusalem auf einem Pressesymposium der Firma Heel. Schwere Fälle zwängen nicht selten zu einer Unterbrechung der Chemotherapie oder einer Dosisreduktion. Bei Patienten, die eine Knochenmarktransplantation bekommen, erreiche die Inzidenz 95 Prozent.

In die israelische Studie wurden 32 Patienten im Alter von 3 bis 25 Jahren eingeschlossen, die sich einer allogenen (16 Patienten) oder einer autologen (16 Patienten) Stammzelltransplantation unterziehen mussten. Die Daten von 30 Patienten konnten ausgewertet werden, 15 aus der Placebo- und 15 aus der Verumgruppe. Ab dem zweiten Tag nach der Transplantation erhielten die Patienten fünfmal täglich eine 2,2-ml-Ampulle Traumeel S oder Placebo zur Mundspülung. Die Behandlung dauerte mindestens 14 Tage oder mindestens noch zwei weitere Tage nach dem Verschwinden der Stomatitissymptome.

Fünf Patienten (33 Prozent) der Traumeel-Gruppe entwickelten keine Stomatitis, in der Placebogruppe blieb lediglich ein Kind von der Nebenwirkung verschont (7 Prozent). Die Stomatitis verschlimmerte sich unter Verum bei sieben Patienten verglichen mit 14 Patienten in der Placebogruppe (47 gegenüber 93 Prozent). »Die Studie zeigt, dass Traumeel S die Schwere und Dauer von chemotherapieinduzierter Stomatitis bei Kindern nach Knochenmarktransplantation signifikant verringert«, schlussfolgerte Oberbaum. In Deutschland ist diese neue Therapieoption noch wenig verbreitet, in Israel scheint sie sich dagegen zu etablieren. »Mittlerweile werden dort rund 30 Prozent der Stomatitiden homöopathisch behandelt«, schätzte der Experte.

Homöopathie gegen Heuschnupfen

Laut Studiendaten von 111 Kindern im Alter von 6 bis 16 Jahren waren Homöopathika in der Prävention und Therapie von Heuschnupfen ähnlich effektiv wie eine allopathische Referenztherapie. Zudem zeigten die Alternativpräparate keine unerwünschten Nebenwirkungen, sagte Dr. Antonello Arrighi, Montevaci, Italien. Der Mediziner bezog sich dabei auf eine vergleichende, monozentrische, prospektive Beobachtungsstudie mit Patienten, die mit einer mindestens einjährigen klinischen Anamnese einer saisonalen allergischen Rhinitis routinemäßig eine italienische Kinderarztpraxis aufsuchten.

Die 54 konventionell behandelten Kinder erhielten folgende Medikation: Zur Prophylaxe Cetirizin-Tropfen vor der Saison und gegen die Symptome Fluticason-Nasenspray, Azelastin-Augenlotion, Cetirizin-Tropfen sowie zusätzlich Betamethason-Tabletten an maximal sieben Tagen, wenn die Symptome sehr belastend waren. Die 57 homöopathisch behandelten Patienten erhielten dagegen vor Beginn der Saison Luffeel comp.®-Heel (2 x täglich eine Tablette) sowie Lymphomyosot® (2 x täglich 15 Tropfen). Die Symptome wurden mit Luffeel comp.-Heel (3 x täglich eine Tablette), Luffeel comp.-Heel Nasenspray (4 x täglich ein Sprühstoß pro Nasenloch) und Euphrasia®-Heel Augentropfen (Einfachdosierung, 3 x täglich 2 Tropfen pro Auge) behandelt.

Die Kinder seien vor Beginn der Symptome und der präventiven Therapie, nach dem Einsetzen der Symptome, zu Beginn der symptomatischen Therapie und nach drei- sowie nach sechswöchiger Behandlung untersucht worden, so Arrighi. Dabei erfassten die Ärzte die Art und Schwere von Symptomen wie Niesattacken, verstärkter Tränenfluss und Augenjucken. Die homöopathische Therapie war ähnlich effektiv wie die konventionelle, das heißt, die Symptombelastung unterschied sich nicht in den beiden Untersuchungsarmen, resümierte der Pädiater. So hatten zu Beginn der Akuttherapie 18 Kinder der Homöopathiegruppe beziehungsweise 20 der Vergleichsgruppe schwere nasale Symptome, die in beiden Behandlungsarmen nach sechs Wochen behoben waren. 35 homöopathisch und 34 schulmedizinisch behandelte Kinder waren zu diesem Zeitpunkt bereits komplett frei von nasalen Beschwerden. Bei gleichem Effekt sprechen die Ergebnisse für die Homöopathie, da sie keine unerwünschten Wirkungen hervorrief. Denn bis zu 17 Prozent der konventionell behandelten Kinder klagten über morgendliche Schläfrigkeit, eine trockene Nase oder verstärkte Augensymptome.

Antivirale Wirksamkeit aufgedeckt

Vielfach werden homöopathische Präparate gegen Erkältungsbeschwerden eingesetzt. So hat sich Euphorbium® comp. SN gegen Entzündungen der Nasenschleimhaut und Nebenhöhlen bewährt, die oft infolge von Virusinfektionen auftreten. Und Engystol® N mit Schwalbenwurz wird eingesetzt, um das Immunsystem zu stimulieren. »In vitro konnte jetzt die antivirale Wirksamkeit der Präparate belegt werden«, sagte Dr. Bernadette Glatthaar-Saalmüller aus Reutlingen.

Geprüft wurden beide Präparate im Labor für virologische Testsysteme der Universität Tübingen an virusinfizierten Zellkulturen. Im Zellrasen der Kulturen verursachen aufgetragene Viren bei den Tests lytische Plaques. Die antivirale Wirkung von Euphorbium comp. SN und Engystol N wurde gegen das Influenza-A-Virus, das RS-Virus (Respiratory Syncytical Virus), das humane Rhinovirus (HRV), das Adenovirus 5 und das Herpes-simplex-Virus Typ 1 (HSV-1) geprüft, das bei Atemwegsinfektionen oft sekundär für Probleme sorgt. In den Tests wurden verschiedene Konzentrationen der Prüfpräparate auf die infizierten Zellkulturen aufgetragen. Nicht behandelte Zellkulturen dienten als Kontrolle.

»Euphorbium comp. hat HSV-1- und RSV-Plaques konzentrationsabhängig um bis zu 40 Prozent reduziert. Gegen Influenza-A-Viren und HRV ließ sich keine antivirale Wirkung nachweisen«, fasste Glatthaar-Saalmüller die Ergebnisse zusammen. Die Analyse der Inhaltsstoffe des Homöopathikums ergab, dass zwei der sechs Bestandteile die antivirale Wirkung zuzuschreiben ist, und zwar dem Wolfsmilchgewächs Euphorbia resinifera und der Wiesen-Kuhschelle Pulsatilla pratensis. Die antivirale Aktivität gegen HSV-1 erklärt auch, warum Patienten und Ärzte immer wieder von einer Wirksamkeit des Präparates gegen Gürtelrose-Läsionen berichten.

Für Engystol konnte eine Effektivität gegen DNA-Viren nachgewiesen werden. Laut Glatthaar-Saalmüller hemmte das Homöopathikum die Replikation der Viren. HSV-1- und adenovireninduzierte Plaques nahmen bis zu 80 Prozent ab. Top

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