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Inkretin aus Echsenspeichel senkt HbA1c

Datum 18.07.2005  00:00 Uhr
Diabetes mellitus

Inkretin aus Echsenspeichel senkt HbA1c

von Sven Siebenand, Frankfurt am Main

»Gesünder unter 7«, fordern Diabetologen mit Blick auf den HbA1c-Wert. Der GLP-1-Rezeptoragonist Exenatide, erster Wirkstoff der Inkretin-Mimetika, senkte in klinischen Studien signifikant diesen Wert. Seit Juni 2005 ist er in den USA als Kombinationstherapie von Typ-2-Diabetikern zugelassen.

Exenatide (Byetta™) bedient sich eines physiologischen Mechanismus, der bei Diabetikern offensichtlich gestört ist. »Die Substanz wirkt ebenso wie das im Darm gebildete körpereigene Inkretin Glucagon-Like-Peptide-1 (GLP-1) und wird daher als Inkretin-Mimetikum bezeichnet«, erklärte Privatdozent Dr. Jörg Schirra von der Universität München auf einer von Lilly Deutschland ausgerichteten Presseveranstaltung. GLP-1 wird unmittelbar beim Essen vom Darm sezerniert, bindet an den GLP-1-Rezeptor und löst so die Insulinsekretion der Betazellen aus. »Wenn Stoffwechselgesunde eine kohlenhydratreiche Mahlzeit zu sich nehmen, wird die Insulinsekretion durch GLP um etwa 60 Prozent gesteigert«, so der Mediziner. Darüber hinaus senkt GLP-1 den Glucagonspiegel, reguliert die Magenentleerung und drosselt den Appetit. Diese Inkretineffekte sind bei Typ-2-Diabetikern deutlich reduziert.

Die breite Verwendung des Hormons scheitert aber daran, dass es innerhalb weniger Minuten durch das Enzym DPP-4 (Dipeptidylpeptidase-4) abgebaut wird. Zufällig entdeckte man Anfang der 90er-Jahre im Speichel der nordamerikanischen Gila-Krustenechse die Substanz Exendin-4, die im Körper wie GLP-1 wirkt. Ihr synthetisches Äquivalent Exenatide hat strukturelle Ähnlichkeit mit GLP-1, bindet an den gleichen Rezeptor wie das natürliche Substrat, wird aber nicht durch DPP-4 abgebaut.

Studien belegen HbA1c-Senkung

»Studiendaten von rund 1500 Typ-2-Diabetikern belegen, dass Exenatide zu einer signifikanten Verbesserung der Blutzuckerkontrolle führt«, informierte Dr. Michael Trautmann von Eli Lilly, Indianapolis. An drei multizentrischen, dreifach verblindeten, placebokontrollierten Studien nahmen Typ-2-Diabetiker teil, die mit oralen Antidiabetika unbefriedigend eingestellt waren (HbA1c > 7,0 Prozent). Sie erhielten entweder zweimal täglich 5 oder 10 µg Exenatide zusätzlich zu Metformin (n = 336), Sulfonylharnstoff (n = 377) oder beiden oralen Antidiabetika (n = 733). Die Dosierung von Metformin betrug dabei mindestens 1500 mg pro Tag und das entsprechende Sulfonylharnstoff-Präparat wurde in der maximal effektiven Tagesdosis eingenommen. Nach 30 Wochen erwies sich Exenatide in allen drei Kombinationen als effizienter Partner, der die Stoffwechsellage signifikant verbesserte«, fasste Trautmann zusammen. Die besten Ergebnisse zeigten sich in der Dosierung von zweimal täglich 10 µg Exenatide. Nach 30 Wochen war der HbA1c-Wert signifikant gesunken (bei Exenatide plus Metformin um 0,78 Prozent, bei Exenatide plus Sulfonylharnstoff um 0,86 Prozent und bei Exenatide plus Metformin und Sulfonylharnstoff um 0,8 Prozent). Gleichzeitig wurde eine mittlere Gewichtsabnahme in den drei Probandengruppen zwischen 1,6 und 2,8 kg erzielt. Bei Patienten, die in einer offenen Studie die Behandlung über ein Jahr und länger fortsetzten, hielten die positiven Effekte auf den HbA1c-Wert und Gewicht an oder verbesserten sich.

Die Verträglichkeit von Exenatide war insgesamt gut. Die häufigsten Nebenwirkungen waren gastrointestinale Störungen wie Übelkeit, Erbrechen und Völlegefühl, die vor allem in den ersten Therapiewochen auftraten und danach abgeklungen sind.

Trautmann betonte, dass die Wirkung von Exenatide strikt blutzuckerabhängig sei. Es stimuliere erst dann die Betazellen, wenn der Blutzucker über 70 mg/dl ansteige. Falle der Zucker unter diesen Wert, wird die hemmende Wirkung auf die Glucagonfreisetzung aufgehoben, was den Vorteil hat, dass Exenatide allein keine Hypoglykämien verursachen kann.

Wirkung auf die Betazellen

»Es gibt immer neue Hinweise auf weitere metabolische Effekte der Inkretin-Mimetika», so die beiden Wissenschaftler. Dazu zählen die Steigerung des Sättigungsgefühls und die Verlangsamung der Magenentleerung. »Tierexperimentell wurde nachgewiesen, dass Exenatide den Betazelltod hinauszögern, die Betazellmasse steigern und die Insulinproduktion der Zellen erhöhen kann«, so Trautmann. Immer deutlicher werde, dass diese Befunde auch auf den Menschen übertragbar seien. »Bestätigen sich die Befunde, dass der Wirkstoff eine protektive Wirkung auf die Betazellen besitzt, kann das Indikationsgebiet deutlich erweitert werden«, so Trautmann. So sei eine Monotherapie und der Einsatz bei Typ-1-Diabetikern durchaus denkbar. Exenatide ist in den USA zurzeit als Kombinationstherapie mit Metformin und/oder Sulfonylharnstoffen bei Typ-2-Diabetes zugelassen. In Deutschland ist der Wirkstoff noch nicht auf dem Markt. Die EU-Zulassung soll jedoch Anfang 2006 beantragt werden.

 

Passender Pen Exenatide (Byetta™) muss wie Insulin subcutan injiziert werden. Dazu hat der Hersteller Fertigpens entwickelt, die pro Injektion 5 oder 10 µg Wirkstoff abgeben. Die Dosis wird zweimal täglich gespritzt, idealerweise morgens und abends eine Stunde vor den Mahlzeiten. Die Wirkung setzt nach 20 Minuten ein, erreicht ihr Maximum nach 1,5 Stunden und hält bis zu sechs Stunden an. Exenatide-Pens müssen ebenso wie Insulinpens im Kühlschrank gelagert werden.

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