Impfen – auch für andere |
24.05.2004 00:00 Uhr |
Den wenigsten scheint bewusst zu sein, dass eine Immunisierung nicht nur dem eigenen Schutz dient, sondern auch hilft, Krankheiten auszurotten. Hier sollte sich jeder seiner Verantwortung bewusst sein und sich ein Leben lang konsequent um einen ausreichenden Immunstatus bemühen.
Schleichend macht sich in Deutschland eine Impfmüdigkeit breit. Das unterstreichen auch die Zahlen, die Dr. Stephan Arenz vom Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit auf einer von GlaxoSmithKline unterstützten Pressekonferenz präsentierte. Zwar verfügen Schulanfänger noch über einen beinahe vollständigen Impfstatus, vor allem gegen Tetanus und Diphtherie, zunehmend schlechter sei es dagegen um Jugendliche bestellt. „Wir müssen davon ausgehen, dass immer weniger Kinder ab einem Alter von etwa zehn Jahren unsichtbare Feinde abwehren können“, sagte Arenz.
Eine breit angelegte Untersuchung aus den Jahren 2002/2003 mit 26.000 befragten Brandenburger Schulabgängern deckte auf, dass nur 45 Prozent einen kompletten Schutz gegen Pertussis und 83 Prozent gegen Diphtherie und Tetanus aufweisen. Ganz düster sah es bei Erwachsenen über 50 aus: Hier klaffen bei 40 bis 70 Prozent schwere Immunitätslücken.
Nieder mit Polio
Welcher Segen mit dem lästigen Piks verbunden sein kann, beweist die Pocken-Story: Einst brutale Geißel der Menschheit, die ganze Landstriche ausrottete oder Gesichter fürs Leben entstellte, radierte eine konsequente Impfstrategie den Erreger weltweit aus. Nur wenige Exemplare schmoren heute noch in hochgesicherten Speziallabors.
Mit der Kinderlähmung, den Masern und der Drakunkulose sollen nun die nächsten Festungen fallen. Ende der 80er-Jahre wetzte die Gemeinschaft der Staaten gemeinsam mit der Weltgesundheitsorganisation WHO die Messer und setzte ihren Feldzug gegen das Poliovirus in Gang. „Seither haben wir große Fortschritte gemacht“, sagte Professor Dr. Adolf Windorfer vom Landesgesundheitsamt Niedersachsen. Während der Erreger 1988 bei 350 000 Menschen erbarmungslos zuschlug, erkrankten 15 Jahre später weltweit nur noch 748 Personen. Nord- und Südamerika, der West Pazifik und Europa gelten als poliofrei. Doch noch bestehe kein Grund, die Hände in den Schoß zu legen. Denn in Ländern wie Indien, Pakistan, Somalia oder Nigeria treibe die Mikrobe nach wie vor ihr Unwesen. Reisende könnten den Winzling im Handgepäck mit nach Hause transportieren und dort eine Katastrophe auslösen – so wie damals auf den Kapverdischen Inseln: Über Jahre hinweg war in dem kleinen Staat konsequent geimpft worden und die Kinderlähmung bald kein Thema mehr. Der Schrecken geriet in Vergessenheit und nur wenige hielten es noch für nötig, sich zu schützen. Doch im Jahr 2000 machte sich das Poliovirus, eingeschleppt durch einen Flüchtlingsstrom, plötzlich wieder breit und zog erbarmungslos über die drei Inseln. Dass sich ein solches Szenario auch bei uns abspielt, könne niemand ausschließen. „Noch sind wir nicht über den Berg“, sagte Windorfer.
Der Pädiater rief dazu auf, gerade jetzt, da der Endspurt einsetzt, nicht zu erlahmen, sondern ganz im Gegenteil die Barrieren noch zu verstärken. Denn Impflücken schaffen Schlupflöcher – eine Situation, die sich heute, wo die Welt mehr und mehr zusammenrückt, keiner mehr leisten könne. Deshalb empfiehlt die ständige Impfkommission STIKO seit Juli 2002, nach einer vollständigen Grundimmunisierung gegen Kinderlähmung mindestens eine Auffrischung aufzusetzen. Für Reisende, die in Endemiegebiete fahren wollen, sei eine Indikationsimpfung sinnvoll. „Wenn wir uns anstrengen, heißt es vielleicht in drei bis vier Jahren: Die Welt ist poliofrei!“, sagte Windorfer. „Und 2015 dürfen wir dann endgültig sagen: Die Gefahr ist auf immer gebannt. Doch bis dahin müssen wir intensiv impfen.“
Keuchhusten – der Kinderkiller
Mit erschreckenden Zahlen wartete Professor Dr. Christel Hülßle, Direktorin des Landesgesundheitsamtes Rostock, auf: 20 bis 40 Millionen Menschen erkranken pro Jahr an Keuchhusten, für 300.000 Patienten endet der Hahnenschrei, wie ihn der Volkmund nennt, tödlich. Tückischerweise verläuft die Krankheit oft unspezifisch, so dass viele Ärzte bei einem starken Husten nicht gleich an Keuchhusten denken. „Im Durchschnitt muss ein Patient dreimal beim Arzt vorsprechen, bis der Mediziner erkennt, wer hinter der renitenten Qual steckt“, sagte die Expertin. Dadurch kann sich der Keim oft wochenlang verbreiten, ohne dass ihm ein Medikament Einhalt gebietet.
Besonders problematisch gestalte sich die Situation für neugeborene Säuglinge. Wenn die Kleinsten der Kleinen von Arm zu Arm wandern und dabei einem nichts ahnenden Keuchhustenpatienten in die Hände fallen, findet das Stäbchen Bordetella pertussis in dem Baby ein willkommenes Opfer. Und die Impfung, die im dritten Lebensmonat ansteht, greift erst nach der dritten Spritze. Hat der Keim einmal zugeschlagen, machen anfallsartige Hustenattacken und Luftnot bis hin zum Atemstillstand den winzigen Patienten ihren Start ins Leben zur Hölle. Bei 20 Prozent der Säuglinge kommt es zusätzlich zu schweren Komplikationen wie Krampfanfälle oder Lungenentzündung, 2 Prozent sterben. Nur ein ausreichender Impfstatus aller Kontaktpersonen schützt ein hilfloses Baby vor dem Horror. Deshalb empfehle sich die Spritze gegen Keuchhusten eigentlich für alle, die um einen neuen Erdenbürger schwirren, also auch für Eltern, Geschwister, Omas, Tanten oder Tagesmütter und nicht nur wie bisher für Pflegepersonal oder Erzieher. Weil die Immunität gegen die Mikroben nach zehn Jahren versiegt, tut eine regelmäßige Auffrischung im Erwachsenenalter Not. „Nur so halten wir den Kinderkiller auch tatsächlich in Schach“, mahnte die Medizinerin.
Umso erschreckender mutet es an, dass sich immer weniger Jugendliche und Erwachsene ihrer Verantwortung bewusst sind und sich nicht um ihre Immunität gegen schlimme Erkrankungen sorgen. „Impfen betrifft nicht nur den Einzelnen. Denn wer eine schlimme Infektion ausbrütet, stürzt meist auch sein Umfeld mit ins Unglück“, so Hülßle. Damit es sich möglichst einfach gestaltet, beim Impfen ein Leben lang auf dem neuesten Stand zu sein, existiere mit Boostrix® Polio eine neue Vierfachspritze, die gleichzeitig gegen Diphtherie, Tetanus, Polio und Pertussis schützt.
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