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Endothelschädigung ist Schrittmacher

05.05.2003  00:00 Uhr
Atherosklerose

Endothelschädigung ist Schrittmacher

von Christine Vetter, Wiesbaden

Ein erhöhter Blutdruck und erhöhte Blutzuckerwerte führen zu einer nachhaltigen Steigerung des kardiovaskulären Risikos. Grundlage dürfte eine endotheliale Dysfunktion sein. Potente Wirkstoffe wie die modernen Sartane senken nicht nur den Blutdruck, sondern auch den Pulsdruck und bewirken damit eine nachhaltige Besserung der Gefäßelastizität.

Die Endothelschädigung sei der zentrale Mechanismus bei der Entstehung der Atherosklerose, so Professor Dr. Wolfram Kupper aus Bad Bevensen beim 109. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin. Die Gefäßveränderungen leiten dabei einen Teufelskreis ein: Über eine Abnahme der Gefäßcompliance und eine Erhöhung der Gefäßrigidität erfolgt eine Zunahme des Pulsdrucks und infolge davon eine weitere Endothelschädigung.

Der Pulsdruck, auch Pulse Pressure genannt, ist mittlerweile als zusätzlicher kardiovaskulärer Risikofaktor identifiziert. Er ist fassbar als Differenz zwischen systolischem und diastolischem Blutdruck. Nach Kupper ist die Therapie einer Hypertonie so zu steuern, dass neben systolischem und diastolischem Blutdruck eine effektive Senkung des Pulse Pressure bewirkt wird. Eine besondere Stellung komme hierbei den Sartanen zu, beispielsweise Telmisartan. Der Wirkstoff zeichnet sich durch eine lange Halbwerstzeit aus und bewirkt eine effektive Abnahme der Pulswellengeschwindigkeit und damit des Pulsdrucks.

Schrittmacher der Atherosklerose

Auch Menschen, die immer wieder kurzfristige Blutzuckerspitzen haben, weil die postprandiale Blutzuckersituation vom Organismus nicht adäquat beantwortet wird, haben ein höheres kardiovaskuläres Risiko als diejenigen mit weitgehend konstanter Blutzuckererhöhung. Denn bei anhaltend überhöhten Blutzuckerwerten kann der Organismus durch Kompensationsmechanismen gegensteuern, bei kurzfristigen Glukosespitzen scheint dies nicht möglich. „Die Blutzuckerspitzen führen wahrscheinlich zu direkten Endothelschädigungen“, gab Privatdozent Dr. Hans-Joachim Lüddecke aus Simbach zu bedenken. Auch er wies darauf hin, dass die Endothelschädigung der Atherosklerose den Weg bahnt. Dies erkläre auch, warum das kardiovaskuläre Risiko bereits vor der eigentlichen Manifestation des Typ-2-Diabetes ansteigt. „Die Endothelschädigung ist ein Schrittmacher der Atherosklerose“, sagte der Mediziner auf einem von Bayer Vital unterstützten Seminar in Wiesbaden.

Das prädiabetische Stadium ist nach Lüddecke durch eine Glukosetoleranzstörung gekennzeichnet, deren charakteristisches Zeichen wiederum ein postprandial erhöhter Blutzucker ist. Die kurzfristigen Glukosepulse nach den Mahlzeiten führen aber nicht nur zu Endothelschäden, sondern induzieren und unterhalten auch Entzündungsprozesse im Bereich der Gefäße. Dies erhöhe zusätzlich die kardiovaskuläre Gefahr.

Wie eng die Zusammenhänge zwischen postprandialen Glukosespitzen und der kardialen Gefährdung sind, hat nach Lüddecke die STOP-NIDDM-Studie (Study To Prevent Non Insulin Dependend Diabetes Mellitus) gezeigt. In dieser Untersuchung waren Patienten mit einer Glukosetoleranzstörung drei Jahre lang placebokontrolliert mit dem Alphaglukosidasehemmer Acarbose behandelt worden. Dieser mindert vor allem den postprandialen Anstieg des Blutzuckers. Es zeigte sich ein signifikanter Unterschied zwischen beiden Gruppen: So war die Zahl der Patienten, bei denen sich ein Typ-2-Diabetes manifestierte, um ein Drittel geringer. Eindrucksvoll war zugleich, dass sich signifikant seltener eine Hypertonie entwickelte. Die kardiovaskuläre Komplikationsrate war um 49 Prozent reduziert, die Herzinfarktrate lag unter Acarbose sogar 91 Prozent niedriger als in der Placebogruppe. Top

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