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Sirolimus

30.04.2001  00:00 Uhr

NEU AUF DEM MARKT

Sirolimus

von Brigitte M. Gensthaler, München

Auf der Suche nach antimykotisch wirksamen Naturstoffen isolierten Forscher vor mehr als 25 Jahren eine neue Substanz aus einer Bodenprobe von der Osterinsel Rapa Nui: Rapamycin. Das Makrolid-Lakton wirkte zwar gegen Pilze, hatte aber eine nicht akzeptable Nebenwirkung. Es blockierte das Immunsystem. Seit September 1999 ist der Wirkstoff unter dem Namen Sirolimus in den USA und seit 15. April 2001 auch in Deutschland als Immunsuppressivum im Handel.

Sirolimus ähnelt strukturell stark dem Immunsuppressivum Tacrolimus. Es ist zugelassen zur Prophylaxe einer Organabstoßung bei erwachsenen Patienten nach Nierentransplantation (Rapamune® Trinklösung 1 mg/1ml, Wyeth Pharma). Initial wird es kombiniert mit Ciclosporin-Mikroemulsion und Corticosteroiden; nach zwei bis drei Monaten wird Ciclosporin langsam abgesetzt. Die Rapamune®-Flasche (60 ml) ist Kliniken und Krankenhaus versorgenden Apotheken vorbehalten; die Beutel werden auch über die öffentliche Apotheke vertrieben.

Der Wirkmechanismus unterscheidet sich von dem des Ciclosporins und des Tacrolimus, die in die frühe Phase der T-Zell-Aktivierung eingreifen und das Calcineurin, eine Serin-Threonin-Phosphatase, blockieren (Calcineurin-Inhibitoren). Sirolimus inhibiert dagegen den Übergang von der G1- zur S-Phase des Zellzyklus und unterdrückt auf diesem Weg die Interleukin-gesteuerte T-Zell-Proliferation. Tacrolimus und Sirolimus greifen jedoch am gleichen intrazellulären Zielmolekül an, dem FKBP12-Protein, während Ciclosporin intrazellulär am Cyclophyllin P ansetzt. Der FKBP12-Sirolimus-Komplex hemmt vermutlich die Aktivierung des "mammalian target of rapamycine" (mTOR); diese Kinase ist essenziell für die Progression des Zellzyklus. In der Folge werden mehrere spezifische Signaltransduktionswege blockiert, was letztlich zur erwünschten Hemmung der Lymphozytenaktivierung führt.

Ein deutlicher Vorteil von Sirolimus ist die fehlende Nephrotoxizität. Es beeinflusst weder die renale Durchblutung noch die glomeruläre Filtrationsrate. In Studien lagen die Serumkreatininwerte nach zwei Jahren unter Basis-Immunsuppression mit Sirolimus niedriger als mit Ciclosporin. Allerdings könnte Sirolimus die renale Toxizität von Ciclosporin steigern, wenn es dauerhaft mit diesem kombiniert wird. Daher soll Ciclosporin nach zwei- bis dreimonatiger Kombi-Therapie stufenweise abgesetzt werden.

Zwei prospektive europäische Studien verglichen den Effekt von Ciclosporin oder Sirolimus, jeweils kombiniert mit Corticosteroiden plus Azathioprin oder Mycophenolat-Mofetil, nach Nierentransplantation. In einer Studie wurde die akute Organabstoßung in vergleichbarem Ausmaß unterdrückt; in der anderen Studie waren die akuten Reaktionen unter Sirolimus etwas, aber nicht signifikant häufiger. Der neue Arzneistoff ist zugelassen zur Prophylaxe der Organabstoßung bei Patienten mit einem gering bis mittelgradig erhöhten immunologischen Risiko.

Die Initialdosis beträgt 6 mg Sirolimus, dann einmal täglich 2 mg (in Kombi-Therapie). Die entsprechende Dosis wird verdünnt in Orangensaft oder Wasser getrunken, und zwar vier Stunden nach der Ciclosporin-Gabe. Im Vollblut sollen Talspiegel von 4 bis 12 ng/ml erreicht werden. Die Blutspiegel müssen unbedingt überwacht werden (therapeutisches Drug monitoring). In der Erhaltungstherapie wird Ciclosporin langsam abgesetzt und die Sirolimus-Dosis erhöht (in der Regel um das Vierfache), bis Talblutspiegel von 12 bis 20 ng/ml erreicht sind.

Ciclosporin steigert die Resorption von Sirolimus erheblich, da beide Stoffe durch das Cytochrom-P450-Isoenzym 3A4 verstoffwechselt werden. Sirolimus ist zudem ein Substrat für P-Glykoprotein, eine im Dünndarm lokalisierte Multi-drug-resistance-Effluxpumpe. Zahlreiche Stoffe, die mit CYP3A4 interagieren, wechselwirken auch mit dem neuen Immunsuppressivum. Aus diesem Grund darf das Medikament auch nicht mit Grapefruitsaft getrunken werden.

Die wichtigsten Nebenwirkungen betreffen Störungen des Lipidstoffwechsels (häufig ist eine Begleittherapie mit Statinen nötig), Anämie und Thrombozytopenie (meistens mild), Unterleibsbeschwerden und Diarrhöe, Arthralgie, Akne und Harnwegsinfektionen. Top

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