Pharmazie

Gemeinsames Merkmal aller rheumatischen Erkrankungen ist der
Schmerz. Mittel der Wahl bei der symptomatischen Schmerzbekämpfung
sind die nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR), die die
Prostaglandinsynthese durch Inaktivierung der Cyclooxygenase (COX)
hemmen. Ein wesentlicher Nachteil dieser Arzneistoffe ist ihre
gastrointestinale und renale Toxizität. Die Entdeckung, daß im Körper zwei
Isoenzyme der COX existieren, von denen COX-2 überwiegend bei
Entzündungsreaktionen gebildet wird und für die erhöhten
Prostaglandinspiegel im Entzündungsherd verantwortlich ist, läßt die
Entwicklung selektiver COX-2-Inhibitoren wünschenswert erscheinen. Mit
Meloxicam (Mobec®) wurde 1996 der erste Vertreter aus der Gruppe in
vitro relativ COX-2-selektiver NSAR für die antirheumatische Therapie
zugelassen.
Das Hauptsymptom aller rheumatischen Erkrankungen ist der Schmerz, der
vorwiegend durch entzündliche Vorgänge im Gelenk hervorgerufen wird.
Entzündungsmediatoren wie Prostaglandine (PG), Histamin oder Bradykinin sind an
der Entstehung von Symptomen wie Rötung, Temperaturerhöhung und Schmerz
beteiligt. Therapieziele bei der rheumatoiden Arthritis sind die Linderung von
Schmerz und Entzündung, die Erhaltung der Gelenkbeweglichkeit und die
Verhinderung von Gelenkdeformierungen.
Die Wirkung der NSAR beruht auf einer Hemmung der Prostaglandinsynthese auf
der Stufe der Cyclooxygenase. Viele bislang eingesetzte Substanzen hemmen
bevorzugt die COX-1, das Isoenzym, das im Körper ubiquitär auftritt und im
Gastrointestinaltrakt, in den Bronchien und in der Niere an physiologischen
Prozessen beteiligt ist. Dadurch sind die gewünschten entzündungshemmenden
Eigenschaften, die vor allem über die Hemmung des Isoenzyms COX-2 vermittelt
werden, mit dem Auftreten von unerwünschten durch COX-1-Hemmung
vermittelten Arzneimittelwirkungen verknüpft.
Mit der Entwicklung von COX-2-selektiven NSAR erhofft man sich weniger
Nebenwirkungen, vor allem im Gastrointestinaltrakt und in der Niere. Interessant ist,
daß Meloxicam keine neu entwickelte Substanz ist. Es wurde nach Entdeckung des
COX-2-Isoenzyms zusammen mit anderen Substanzen, die sich in früheren
pharmakologischen Screenings als wirkungslos erwiesen hatten, erneut untersucht.
Chemische Klassifikation
Bei Meloxicam handelt es sich um
4-Hydroxy-2-methyl-N-(5-methyl-2-thiazolyl)-2H-1,2-benzothiazin-3-carboxamid-1,1-dioxid
(IUPAC). Meloxicam gehört zur Gruppe der Oxicame wie Piroxicam und
Tenoxicam.
Indikationen und Anwendung
Mobec® ist zur symptomatischen Kurzzeitbehandlung akuter Schübe von Arthrose
sowie zur symptomatischen Langzeitbehandlung der rheumatoiden Arthritis
(chronische Polyarthritis) zugelassen.
Beim akuten Arthroseschub sollten täglich 7,5mg eingenommen werden. Die Dosis
kann auf 15mg pro Tag erhöht werden, wenn keine ausreichende Besserung eintritt.
Die Tagesdosis zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis beträgt im allgemeinen
15mg. Bei älteren Patienten ist die empfohlene Dosis für die Langzeittherapie 7,5mg
pro Tag. Besteht ein erhöhtes Risiko für Nebenwirkungen, so sollte mit einer Dosis
von 7,5mg täglich begonnen werden. Bei Dialysepatienten mit schwerer
Niereninsuffizienz darf die tägliche Dosis von 7,5mg nicht überschritten werden. Eine
Tagesdosis von 15mg sollte generell nicht überschritten werden. Die tägliche Dosis
sollte als Einmalgabe zu einer Mahlzeit mit Wasser oder einer anderen Flüssigkeit
verabreicht werden.
Das neue nichtsteroidale Antirheumatikum Meloxicam wurde mit dem Anspruch auf
den Markt gebracht, eine höhere Selektivität für die bei Entzündungen induzierte
Cyclooxygenase Typ 2 (COX-2) zu besitzen und deshalb weniger durch
COX-l-Hemmung bedingte Nebenwirkungen aufzuweisen. Je höher die Selektivität
für COX-2 ist, desto geringer sollte die Nebenwirkungsrate in bezug auf Magen und
Nieren sein.
Die klinischen Studien zeigen, daß die Wirksamkeit von Meloxicam in den
empfohlenen Dosierungen vergleichbar der von Standard-NSAR wie Diclofenac
(100mg retard), Piroxicam (20mg) und Naproxen (750mg) ist.
Nebenwirkungen traten mit ähnlicher Häufigkeit auf wie bei den anderen NSAR und
nahmen dosis- und zeitabhängig zu. Jedoch traten gastrointestinale Nebenwirkungen
vor allem bei Gabe von 7,5mg weniger häufig auf. Der Anteil ernster
Nebenwirkungen wie Ulcera war deutlich geringer. Bedenkt man, daß die durch
NSAR hervorgerufenen schwerwiegenden Schädigungen des Gastrointestinaltraktes
wie Perforation, Ulcus und Blutung (PUB) wahrscheinlich die häufigsten
schwerwiegenden Arzneimittelnebenwirkungen überhaupt darstellen, kann die
Markteinführung von Meloxicam sicherlich als positive Entwicklung bezeichnet
werden.
Im Vergleich zu Naproxen traten auch signifikant weniger renale Nebenwirkungen
unter Meloxicam auf. Bestehende leichte Nierenfunktionsstörungen wurden durch
Meloxicam nicht verschlechtert.
Die klinischen Studien mit bislang etwa 25.000 Patienten scheinen zu belegen, daß
Meloxicam weniger gastrointestinale und renale Nebenwirkungen verursacht. Eine
endgültige Absicherung bringt jedoch erst die breite, langjährige Anwendung in der
Praxis. Die vorliegenden Ergebnisse lassen es jedoch wünschenswert erscheinen,
daß Substanzen mit höherer COX-2-Selektivität entwickelt und erprobt werden.
Hochselektive COX-2-Inhibitoren, wie beispielsweise Celecoxib, befinden sich
bereits in Phase III der klinischen Prüfung.
PZ-Artikel von Martin Schulz, Bettina Wick, Eschborn, und Werner Neupert,
Erlangen


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