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Neuer Transporter schleust Interferon durch die Haut

29.01.2001  00:00 Uhr

Neuer Transporter schleust Interferon durch die Haut

von Ulrich Brunner, Eschborn

Ein neuer Transporter soll künftig komplexe Moleküle wie Proteine problemloser durch die menschliche Haut schleppen. Ein Münchener Unternehmen berichtet jetzt von erfolgreichen Tierversuchen mit Interferon-a.

Interferone wirken antiviral, antiproliferativ und immunregulierend. Sie aktivieren Makrophagen und sind an einer Vielzahl hormonaler Interaktionen beteiligt. Auf Grund ihres vielseitigen Wirkspektrums werden die Zytokine heute bei den unterschiedlichsten Krankheiten eingesetzt: bei Hepatitis, als Zusatztherapie bei der chirurgischen Entfernung von Melanomen oder gegen Leukämie und Multiple Sklerose.

Meist leiden Patienten, die Interferone erhalten, jedoch unter diversen Nebenwirkungen. Die sind vermutlich auch eine Folge der kurzfristig hohen Plasmaspiegel der Zytokine. Neben grippeähnlichen Symptomen und Magen-Darm-Störungen kommt es zu Reizungen an der Injektionsstelle. Das Ausmaß der meisten Nebenwirkungen hängt von der verabreichten Dosis ab. Einer Interferon-Therapie sind also Grenzen gesetzt.

Mit einer neuen transdermalen Applikationsform will das Münchner Unternehmen IDEA die Interferontherapie nun verträglicher machen. Die IDEA-Forscher bedienen sich dabei so genannter Transfersomen®. Das sind komplexe und sehr flexible Lipidvesikel, die relativ leicht die Hornhaut durchqueren, indem sie durch Hautporen schlüpfen. Vorteil der Transfersomen: Die Passage durch die Haut ist unabhängig von der Konzentration des Wirkstoffs.

Im Gegensatz zu herkömmlichen Liposomen haben die Transfersomen eine wesentlich flexiblere Membran. Dadurch können die Partikel auch durch Poren schlüpfen, die schmäler sind als ihr eigener Durchmesser. In der Regel werden Tranfersomen aus Liposomen hergestellt, indem man oberflächenaktive oder membranerweichende Substanzen zusetzt. Da die Membran der Transfersomen zudem wesentlich hydrophiler ist und leichter aufquillt, neigen die Partikel weniger dazu, sich zusammenzulagern oder zu fusionieren.

Inzwischen habe man zwei präklinische Studien mit Interferon-a-2b, formuliert mit dem neuen Transporter formuliert, erfolgreich abgeschlossen, berichtete die Münchener Firma kürzlich. Die Forscher applizierten rekombinantes Interferon auf die Haut von lebenden Schweinen und überprüften anschließend die Interferonspiegel im Plasma. Zudem bestimmten die Wissenschaftler bei Ratten die Wirkstoffkonzentration per Haut-Mikrodialyse direkt im Gewebe.

Die beiden wichtigsten Ergebnisse dieser Experimente: Die Interferonkonzentration im Plasma stieg dosisabhängig, und weder die Nager noch die Schweine reagierten mit Hautirritationen oder -entzündungen, meldet das Unternehmen. Zudem konnten die Wissenschaftler mit dem neuen Transporter wesentlich mehr Interferon durch die Rattenhaut schicken, als dies bislang zum Beispiel mit Liposomen oder Mischmizellen möglich ist.

Jetzt will das Unternehmen gemeinsam mit Forschern der Uni Nürnberg-Erlangen die mit Interferon beladenen Transfersomen in einer ersten klinischen Studie auch an Menschen testen. Wichtigstes Ziel: Das Team will nachweisen, dass die Carrier das Zytokin auch erfolgreich durch die Menschenhaut schleppen und die neue Arzneiform gut verträglich ist. Top

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