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Tinnituspatienten profitieren von Analgetikum

20.03.2000  00:00 Uhr

- Pharmazie Govi-Verlag

Tinnituspatienten profitieren
von Analgetikum

von Elke Wolf, Frankfurt am Main

Was zunächst widersprüchlich anmutet, hat bei genauerer Betrachtung seinen Sinn. Membranstabilisierende Schmerzmittel, die auch zur Behandlung von chronischen Schmerzen eingesetzt werden, mildern oder beseitigen die Ohrgeräusche von Tinnituspatienten. Die Erklärung: Beim Tinnitus spielt sich der gleiche Chronifizierungsprozess im Gehirn ab wie bei chronischen Schmerzen.

Die Ergebnisse sind zwar erst anekdotischer Natur, da erst dreißig Fallberichte aus mehreren Zentren vorliegen. "Dieses Phänomen ist aber wissenschaftlich nachzuvollziehen", sagte Professor Dr. Gerhard Müller-Schwefe, Tagungspräsident des Deutschen Schmerztages 2000 und Präsident des Schmerztherapeutischen Kolloquiums. Man vermutet, dass es sich beim Tinnitus um eine akustische Phantomempfindung handelt, vergleichbar mit dem Phantomschmerz nach einer Amputation.

Ohrgeräusche entstehen nicht zwangsläufig im Ohr. Heute macht man Neurone im Gehirn dafür verantwortlich, die eine Eigenaktivität entfalten. „Beim Tinnitus läuft das gleiche Chronifizierungsgeschehen im Gehirn ab wie bei chronischen Schmerzpatienten. Deshalb gibt es auch analog dem Schmerzgedächtnis ein Gedächtnis für chronische Ohrgeräusche„, informierte Müller-Schwefe. Die Neurone sind hyperaktiv, weil sich ihre Molekularstruktur geändert hat und sie verstärkt exprimiert werden, ohne dass entsprechende Außenreize stimulierend einwirken. Wer mehr über diese akustische Sensation erfahren will, dem sei der Titelbeitrag in der PZ 5/2000, Seite 11 angeraten.

Die neuronale Aktivität lasse sich aber herunterregeln, und zwar mit Flupirtin, einem Analgetikum, dass die Membranen von Nervenzellen im Gehin stabilisiert, erklärte Müller-Schwefe. Flupirtin drosselt den Calciumionen-Influx am NMDA-Rezeptor, und die spannungsabhängie Auslösung von synaptischen Potentialen verringert sich. Laut Müller-Schwefe könne Flupirtin deshalb die Ohrgeräusche abmildern oder ganz vertreiben. Patienten mit frisch aufgetretenem Tinnitus hätten am schnellsten auf die Behandlung angesprochen. Bestanden die Ohrgeräusche länger als drei bis sechs Monate, musste die Flupirtin-Therapie über längere Zeit fortgesetzt werden. Erst dann gelang es, die gebahnte Aktivität der Neuronen zu bremsen.

Flupirtin ist zwar seit vielen Jahren auf dem Markt (Katadolon® und andere), allerdings ist der membranstabilisierende Effekt erst seit kurzem bekannt. Die auf dem Markt verfügbaren Präparate sind deshalb auch nicht für die Indikation Tinnitus zugelassen. Weitere Untersuchungen sind in Vorbereitung. Top

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