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Eigendiagnose kritisch hinterfragen

22.01.2001  00:00 Uhr

PHARMACON DAVOS

Eigendiagnose kritisch hinterfragen

PZ-Artikel

Hämorrhoiden sind für die meisten Betroffenen ein Tabuthema. Die Patienten scheuen daher meist den Arztbesuch und versuchen ihre Beschwerden selbst auszukurieren.

Die Beratung sei daher eine verantwortungsvolle Aufgabe für den Apotheker, betonte Dr. Eric Martin aus Marktheidenfeld. Dem Pharmazeuten müsse es gelingen, Tabus zu durchbrechen und die Eigendiagnose seiner Patienten kritisch zu hinterfragen. Zwar seien viele Präparate besser als ihr Ruf, aber oft keine Alternative zum chirurgischen Eingriff.

"Jeder von uns hat Hämorrhoiden", erklärte Martin. Sie dienen als Feinverschluss des Analkanals. Zieht sich der Schließmuskel zusammen, sind die Hämorrhoiden prall mit Blut gefüllt und schließen den Kanal flüssigkeits- und gasdicht ab. Erst wenn dieser Schwellkörper hyperplasiert und das verankernde Bindegewebe geschädigt wird, treten hämorrhoidale Beschwerden auf. Neben einer angeborenen Bindegewebsschwäche begünstigen laut Martin auch Laxantienmissbrauch, zu fettreiche Ernährung, Alkoholabusus oder eine Schwangerschaft das Krankheitsbild.

Die Medizin teilt Hämorrhoidalbeschwerden in drei bis vier Stadien ein. Zunächst ist nur das Hämorrhoidalpolster vergrößert. Im zweiten Stadium prolabieren diese Gefäße bei der Defäkation. Das dritte Stadium sei schließlich dadurch gekennzeichnet, dass die Patienten ihre Hämorrhoidalknoten manuell zurückdrücken müssten, erklärte der Referent.

Wichtigste Aufgabe des Apothekers sei es, die Patienten zunächst nach ihren Symptomen zu fragen. Treten Blutungen auf, sollte der Betroffene stets zum Arzt geschickt werden, betonte Martin. Hellrotes Blut im Stuhl stamme meist aus dem Analkanal. Ist der Stuhl dagegen mit bereits geronnenem Blut durchmischt, deute dies auf Darmpolypen oder einen kolorektalen Tumor hin.

Juckreiz sei meist ein Zeichen für entzündliche Hautveränderungen im Analkanal und trete nur bei Hämorrhoiden im Stadium III auf. Aber es sollten auch Analfisteln, Fissuren oder ein Ekzem in Folge von Infektionen mit Keimen oder Pilzen in Betracht gezogen werden.

Symptome wie Nässen und Schmieren treten laut Martin bei schwerwiegenden Erkrankungen wie Dickdarm- oder Rektumtumoren auf. Eine andere Möglichkeit: der Rektumprolaps. Hier krempelt sich der Enddarm beim Pressen nach außen. Bei diesem ausgesprochen unangenehmen Krankheitsbild sei ausnahmslos der Arzt gefragt.

Im Gegensatz zum Kolon ist der Analkanal relativ stark innerviert. Läsionen und Reizungen sind daher meist sehr schmerzhaft. Wenn der Schmerz plötzlich und sehr intensiv auftritt und nach zwei Wochen abklingt, deutet dies laut Martin auf einen Analabszess hin. Solche Patienten sollte der Apotheker so schnell wie möglich zum Arzt schicken.

Viel wichtiger als die medikamentöse Therapie seien allgemeine Maßnahmen, erklärte der Apotheker. "Geben Sie nicht vorschnell Arzneimittel ab, sondern schicken Sie Ihre Patienten bei unklarer Anamnese zum Arzt", warnte er. Besonders im fortgeschrittenen Stadium müssten die Hämmorhoiden chirurgisch behandelt werden.

Die meisten Pharmaka gegen Hämorrhoidalbeschwerden enthalten diverse Wirkstoffe. Es sei daher ausgesprochen schwierig, symptomorientiert das passende Medikament auszuwählen, bemerkte der Referent. Einen Stellenwert in der Therapie hätten Lokalanästhetika, Adstringentien, Antiphlogistika wie Glucocorticoide oder Bufexamac sowie die Emollientien, also Substanzen die harten Stuhl weicher und gleitfähiger machen. Der Nutzen der weit verbreiteten Antiseptika und Antiinfektiva sei dagegen schlecht dokumentiert. Als umstrittene Arzneistoffe für diese Indikation bezeichnete er zudem die Antikoagulantien und Venenmittel sowie Parasympathomimetika, Antihistaminika und Reizstoffe wie Menthol und Campher.

Auch bei der Galenik müsse der Apotheker einiges beachten. Benutzt der Patienten Zäpfchen, so sollten diese möglichst einen Tamponadestreifen enthalten. Nur so sei gewährleistet, dass das Präparat nicht aus dem Analkanal ins Rektum rutscht. Hämorrhoidalsalben sollten auf alle Fälle mit einem Applikator ausgestattet sein. Martins Empfehlung für den Offizin-Alltag: "Suchen Sie sich aus der Fülle der Präparate einige wenige Produkte aus, bei denen nicht nur die Zusammensetzung der Wirkstoffe sondern auch die Galenik passt." Top

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