Enalaprilmaleat 20 mg Tabletten |
08.03.2004 00:00 Uhr |
Das Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker hat im Winter 2002/03 eine vergleichende Untersuchung von schnell freisetzenden Enalapril-20mg-Präparaten des deutschen Marktes durchgeführt. 26 Produkte wurden bezüglich ihrer pharmazeutischen Qualität bewertet. Ihre Parameter hinsichtlich Gleichförmigkeit der Masse, Gehalt, Reinheit und In-vitro-Freisetzungsverhalten wurden festgestellt.
Anwendung und Dosierung
Enalapril wird bei Bluthochdruck, Herzinsuffizienz oder nach Myokardinfarkt therapeutisch erfolgreich eingesetzt. Die Wirksamkeit wurde in verschiedenen klinischen Studien wie Consensus (1, 2) und Solvd (3) belegt. Auch bei Studien zur Prävention diabetischer Nephropathie erwies sich die Applikation von Enalapril als hilfreich (4). Sinnvolle Dosisgrößen liegen bei 2,5 bis 40 mg pro Tag in ein bis zweimaliger Gabe (siehe unten) abhängig von Art und Schwere der Indikation. Kontraindiziert ist Enalapril unter anderem bei bekanntem Angioödem, schwerer Leberinsuffizienz, Nierenarterienstenose (beidseitig oder einseitig bei einer Einzelniere), hämodynamisch relevanter Aorten- oder Mitralklappenstenose, hypertropher Kardiomyopathie, bei Kindern (mangels Therapieerfahrung) und während der Schwangerschaft (5), da der Wirkstoff als plazentagängig beschrieben wird (6).
Pharmakologie und Pharmakokinetik
Nach peroraler Verabreichung von Enalapril erreicht die aktive Komponente Enalaprilat ihre maximale Serumkonzentration nach etwa vier Stunden. Die Proteinbindung liegt unter 50 Prozent (7), die Halbwertszeit im Serum ist bis zu 35 Stunden lang (8, 9). Die Serumkonzentration ist proportional zur Dosis, eine Konzentration von über 10 ng/ml Serum bewirkt maximale ACE-Inhibierung. Das Ausmaß der initialen Senkung des diastolischen Blutdrucks ist nicht unbedingt dosisabhängig, eine Dosiserhöhung führt primär zu einer Verlängerung der Wirkdauer (10). Mit einmaliger Dosierung pro Tag soll daher eine vergleichbare Effektivität erreicht werden, wie mit einer Verteilung der Dosis auf zweimalige Gabe (8).
Die gastrointestinale Absorption von Enalapril beträgt circa 60 Prozent, der apparente Permeabilitätskoeffizient in Caco-2-Zellschichten (Papp-Wert) 7,1x10-6 cm/sec (11), was als moderate bis gute Absorption interpretiert werden kann (12, 13). Die aktive Spezies Enalaprilat (siehe unten) weist schließlich eine Bioverfügbarkeit von 40 Prozent auf (14). Aufgrund der Löslichkeit und pharmakokinetischen Parameter kann Enalapril in die Klassen I oder III gemäß der BCS-Klassifizierung (15, Tabelle 1) eingeordnet werden.
Tabelle 1: Das BCS-Klassifizierungssystem
BCSLöslichkeithochniedrig Permeabilität
Die Bioverfügbarkeit ist bei erwachsenen Menschen nicht altersabhängig, wohingegen bei älteren Patienten eine langsamere Eliminierung sowie ein stärkerer Blutdruckabfall als bei jüngeren Probanden zu beobachten ist (16, 17). Die Absorption von Enalapril, im Gegensatz etwa zu Captopril, im Gastrointestinaltrakt ist kaum abhängig von der Nahrungsaufnahme (18).
Die Eliminierung des Wirkstoffs erfolgt vorwiegend renal (8). Etwa 94 Prozent werden unverändert oder als Enalaprilat ausgeschieden.
Biochemischer Hintergrund
Zu den am besten verstandenen Blutdruckregulatoren zählt das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System. Die Aspartylproteinase Renin wird vom renalen Cortex sekretiert und spaltet Angiotensinogen zu Angiotensin I, einem biologisch inaktivem Decapeptid. Angiotensin I wiederum wird durch das Angiotensin Converting Enzyme (ACE) zu Angiotensin II gespalten. Dieses Octapeptid ist für die meisten biologischen Auswirkungen des Systems verantwortlich. Es ist ein potenter Vasokonstriktor und vermittelt diesen Effekt durch die Bindung an den AT1-Rezeptor. Unter anderem kommt es in der Folge zur Anregung der Freisetzung des Mineralkortikoids Aldosteron, das über Regulation des Natrium-Kalium-Haushalts ebenso die Druckverhältnisse des vaskulären Systems beeinflusst.
Der Wirkstoff Enalapril [(2S)-1-[(2S)-2-[[(1S)-1-(Ethoxycarbonyl)-3-phenylpropyl]amino]propanoyl]pyrrolidin-2-carbonsäure] wurde bereits vor mehr als zwei Jahrzehnten als potenter Inhibitor des ACE entdeckt. In-vitro-Versuche mit der nicht veresterten Variante Enalaprilat zeigten eine vielfach höhere Aktivität gegen ACE, als es das damals schon bekannte Captopril bot. Enalapril selbst, der Ethylester, war zwar in vitro weniger wirksam, wurde aber erheblich besser absorbiert als die Disäure. Im Plasma angelangt, wird Enalapril schließlich zu der aktiveren Verbindung Enalaprilat hydrolysiert (19, 10). Mit der Disäure Enalaprilat steht übrigens auch ein wirksamer ACE-Inhibitor im akuten Notfall zur intravenösen Applikation zur Verfügung (20). Enalapril ist ein klassisches Beispiel für ein „pro-drug“, das erst im Organismus zum eigentlichen Wirkstoff metabolisiert wird. Dieses Funktionsprinzip wird bei vielen modernen ACE-Inhibitoren angewandt.
Das Target-Enzym von Enalapril, ACE, ist eine Metalloprotease, die in ihrem aktiven Zentrum ein katalytisch essentielles Zinkion besitzt. Der ACE-Inhibitor blockiert nun reversibel das Schneidwerkzeug des Enzyms. Durch diese Konkurrenz mit dem natürlichen Substrat Angiotensin I wird die Produktion des Angiotensin II gehemmt. Die ethylveresterte Säurefunktion des Enalapril spielt eine Schlüsselrolle bei der Hemmung des ACE. Inhibitoren von Metalloproteasen verfügen meist über chemische Gruppen, die Metallionen komplexieren. Zu diesen Funktionen zählen auch Carbonsäuren, weniger aber Estergruppen.
Nach Abspaltung des Ethylesters des Enalaprils steht die Carboxylfunktion zur Komplexierung des Zinkions im aktiven Zentrum des ACE zur Verfügung. Erst kürzlich wurde die Röntgenstruktur von ACE mit gebundenem Lisinopril, das die gleiche Grundstruktur wie Enalapril besitzt, publiziert (21, 22). Die Struktur verdeutlicht, wie der Inhibitor so an das ACE bindet, daß die freie Säurefunktion das Zinkion tief in der aktiven Spalte des Enzyms komplexiert. Mit der nun bekannten Struktur des ACE besteht die Hoffnung, in naher Zukunft „maßgeschneiderte“ Moleküle mit optimaler Affinität zum Enzym und maximaler Wirksamkeit zu entwickeln.
Material und Methoden
Die in die Untersuchung einbezogenen Fertigarzneimittel sind Tabelle 2 zu entnehmen. Es handelte sich bei allen Produkten um Filmtabletten mit einem Gehalt von 20 mg Enalaprilmaleat. Die Präparate wurden über den pharmazeutischen Fachhandel bezogen. Die Prüfungen wurden auf Grundlage des US-amerikanischen Arzneibuchs (USP 26), Monographie „Enalapril Maleate Tablets“ oder gemäß Ph. Eur. 2002 durchgeführt. Alle Prüfungen wurden vor Ablauf der Verwendbarkeitsfrist beendet.
Tabelle 2: Untersuchte schnell freisetzende Enalapril-Präparate
ArtikelbezeichnungHerstellerCh.-B.Verfallsdatum Benalapril® 20 mg Berlin-Chemie AG 22004 Dez 02 Corvo® 20 mg TAD Pharma GmbH 2020324 Mai 05 Ena 20 mg AbZ AbZ-Pharma GmbH A05796 Nov 03 Ena Puren® 20 mg Alpharma-Isis GmbH 93050502 Mai 05 Enabeta® 20 betapharm 391035 Apr 04 Enadura® 20 mg Merck dura GmbH 73916A Jun 05 Ena-Hennig® 20 mg Hennig Arzneimittel 204100 Sep 04 Enahexal® 20 mg Hexal AG 22F862 Jan 04 Enal® 20 1 A Pharma GmbH 23972 Jan 05 Enalagamma 20 mg Wörwag Pharma GmbH 11160 Sep 03 Enalapril 20 mg Heumann Heumann 200612 Mrz 04 Enalapril 20 von ct ct-Arzneimittel GmbH C17607 Aug 05 Enalapril AL Aliud Pharma GmbH 22508 Jun 05 Enalapril AZU® 20 mg AZU Pharma 79140402 Apr 05 Enalapril BASF® 20 mg BASF Generics GmbH 4040007 Jul 03 Enalapril Basics 20 mg Basiscs GmbH 14145 Aug 04 Enalapril Biochemie® 20 mg BC Biochemie Pharma GmbH 4040009 Aug 04 Enalapril KSK 20 mg KSK Pharma Vertriebs AG 200610 Mrz 04 Enalapril ratiopharm® 20 mg ratiopharm GmbH C10614 Jun 05 Enalapril Stada® 20 mg Stadapharm GmbH 3822 Feb 05 Enalapril Verla® 20 mg Verla-Pharm Arzneimittel 000002 Nov 03 enalapril-corax® 20 mg corax pharma GmbH 020501 Mai 03 Enalind 20 mg *) Lindopharm GmbH 570201 Jul 05 PRES® 20 mg Boehringer Ingelheim 105633A Mrz 04 Renitec® 20 mg Merck Sharp & Dohme B.V.; Emra-Med HM 56860 Jan 03 Xanef® 20 mg MSD Sharp & Dohme GmbH; Dieckmann Arzneimittel GmbH HR67510 Okt 04*) Anm. lt. Hersteller: Die Markenanmeldung Enalind wurde am 03.06.2003 zurückgezogen.
Das Präparat wird ab dem 30.06.2003 unter der Bezeichnug Enacoril® vertrieben.
Gleichförmigkeit der Masse
Die Prüfung erfolgte gemäß Ph. Eur. 2002, Methode 2.9.5 „uniformity of mass of single-dose preparations“. Entsprechend wurde für jedes Präparat nach Einzelwägung von 20 Tabletten die jeweilige prozentuale Abweichung vom mittleren Gewichtswert bestimmt. Aus jeder Reihe sind maximal zwei Einheiten mit Abweichungen von 7,5 respektive fünf Prozent bei Tabletten über 250 mg Gewicht und keine mit dem doppeltem Wert gestattet. Sämtliche Produkte entsprachen den geforderten Kriterien.
Gehaltsbestimmung
Die Prüfung des Gehaltes erfolgte mittels quantitativer HPLC und UV-Detektion in Anlehnung an die Monographie der USP 26. Die Untersuchung wurde mit Octadecyl-Material als stationäre Phase durchgeführt um hinreichende Auflösung zwischen Maleat und dem Referenz-Standard Enalaprilat zu erzielen. Weitere chromatographische Parameter entsprachen den Vorgaben der Monographie (Tabelle 3).
Tabelle 3: Chromatographische Parameter zur Gehaltsbestimmung
Stationäre Phase RP-C18, 5 µm Säulenkörper 4,6 mm x 25 cm Temperatur 50°C Flußrate 2 ml/min isokratisch Mobile Phase 75% 0,01 M Natriumhydrogenphosphat mit ortho-Phosphorsäure auf pH 2,2 eingestellt
Die Probenaufbereitung wurde USP-konform durch Elution der Tabletten im angegebenen sauren Phosphat-Puffer durchgeführt: Jeweils zehn Tabletten eines Enalaprilmaleat-Präparats wurden in etwa 500 ml Puffer zunächst mit Ultraschall, anschließend durch mechanisches Schütteln behandelt. Es wurde auf 1000 ml aufgefüllt und ein Teil der Mischung durch ein 45-µm-Filter filtriert.
Die Referenzierung der HPLC-Bestimmung erfolgte mittels Standardlösungen von Enalaprilat (USP-RS) und Enalaprilmaleat (Fa. Sigma, zertif.). Zur Prüfung auf Eignung des chromatographischen Systems wurde Enalaprildiketopiperazin, wie in der USP beschrieben, synthetisiert mit Enalaprilmaleat koinjiziert. Sowohl die Zahl der theoretischen Böden als auch die erzielte Auflösung der Methode entsprachen den Vorgaben der Monographie. Nach USP 26 muss der tatsächliche Wirkstoffgehalt der Präparate 90 bis 110 Prozent der Deklaration entsprechen. Bei allen geprüften Produkten lag der Gehalt an Enalaprilmaleat innerhalb der geforderten Toleranzgrenzen. Die in den Arzneimittelprüfrichtlinien vorgeschriebene maximale Abweichung von +/-5 Prozent wurde ebenso erfüllt.
Der Gesamtgehalt verwandter Substanzen ist in der USP 26 auf maximal 5,0 Prozent festgelegt, einschließlich des Gehalts an Enalaprilat und Enalaprildiketopiperazin. Auch hinsichtlich dieses Parameters entsprachen alle Präparate der Spezifikation. Es wurden Werte bis maximal 0,9 Prozent festgestellt. Die einzelnen Gehaltsdaten sind Tabelle 4 zu entnehmen.
Tabelle 4: Gehalt des Wirkstoffs und verwandter Verbindungen sowie Freisetzungsergebnisse der geprüften Präparate
ArtikelbezeichnungCh.-B..Gehalt1) Relativ bezüglich Wirkstoff.
2,3) n.n. = nicht nachweisbar, n.b. = nicht bestimmt.
*) Anm. lt. Hersteller: Die Markenanmeldung Enalind wurde am 03.06.2003 zurückgezogen.
Das Präparat wird ab dem 30.06.2003 unter der Bezeichnug Enacoril® vertrieben.
Freisetzung
Die In-vitro-Freisetzung wurde in Phosphatpuffer pH 6,8 bei 37 °C durchgeführt. Verwendet wurde eine Paddle-Apparatur mit einer Agitation von 50 Umdrehungen pro Minute. Neben der USP-gemäßen Probennahme bei 30 Minuten wurden zusätzlich bei 15 und 45 Minuten Proben genommen. Die Quantifizierung des freigesetzten Wirkstoffs wurde, wie unter Gehaltsbestimmung beschrieben, vorgenommen. Laut Monographie sollen nach 30 Minuten mindestens 80 Prozent des deklarierten Wirkstoffes freigesetzt worden sein. Alle untersuchten Präparate erfüllten diese Spezifikation. Bereits nach 15 Minuten hatten 24 der 26 Präparate mehr als die geforderte Wirkstoffmenge freigegeben.
Resümee
Enalapril zählt zu den mittlerweile millionenfach bewährten ACE-Inhibitoren der ersten Stunde. Das Carboxyalkanoylderivat der Aminosäure Prolin wird als pro-drug verabreicht. Die aktive Carboxylfunktion ist durch eine Ethylesterfunktion geschützt, die in vivo abgespalten wird und den eigentlichen Wirkstoff, Enalaprilat, freigibt. Dieses Prinzip wurde bei den meisten, später entwickelten Varianten dieser Inhibitorspezies übernommen. Enalapril wirkt, mäßig schnell, aber mit langer Halbwertszeit, so dass eine tägliche Einmalgabe ausreichend ist. Da Enalapril im allgemeinen gut verträglich ist, zählt der Wirkstoff zu den verbreitetsten ACE-Inhibitoren.
Alle Enalaprilmaleat-20-mg Präparate dieser Untersuchung entsprachen den Anforderungen der Monographie. Auch bei dieser Reihenprüfung konnte der hohe Qualitätsstandard der in Deutschland vertriebenen Arzneimittel bestätigt werden. Die Reihenuntersuchungen des Zentrallaboratoriums Deutscher Apotheker werden auch zukünftig Aspekten der Arzneimittelsicherheit in unserem Land Rechnung tragen. Demnächst wird eine umfangreiche Prüfung von Präparaten eines weiteren hochwirksamen ACE-Inhibitors, der Thioverbindung Captopril, durchgeführt und an dieser Stelle publiziert.
Die Hersteller der geprüften Produkte wurden vor der Publikation und unter Vorgabe einer Widerspruchsfrist von den Ergebnissen unterrichtet. Von einem Hersteller wurde um Wiedergabe folgender Stellungnahme gebeten: Lindopharm GmbH: Die Markenanmeldung Enalind wurde am 3. Juni 2003 zurückgezogen. Das Präparat wird ab dem 30. Juni 2003 unter der Bezeichnung Enacoril® vertrieben (sinngemäße Wiedergabe).
Literatur
© 2004 GOVI-Verlag
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