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In meinen Tönen spreche ich zu Dir

02.06.2003  00:00 Uhr
Pharmacon Meran 2003

"In meinen Tönen spreche ich zu Dir"

An einer der „schönsten und größten Liebesgeschichten aller Zeiten“ ließ Professor Dr. Sucharit Bhakdi vom Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz die Zuhörer teilhaben.

Der ungewöhnliche Auftakt des wissenschaftlichen Teils des Pharmacons gehört zur Vorlesungsreihe der Mainzer Universität „Krankheiten berühmter Persönlichkeiten“ und behandelt das Leben und Sterben von Johannes Brahms.

Der berühmte Komponist wurde im Mai 1833 in eine ungewöhnliche Ehe hinein geboren – seine Mutter war 17 Jahre älter als der Vater, ein Hamburger Musiker. „Brahms ging nie wirklich zur Schule – er war ein Autodidakt, der sich vieles selber angelesen hat“, berichtete Bhakdi. Ab seinem siebten Lebensjahr erhielt er Klavierunterricht und gab bereits 1848, im Alter von 15 Jahren, erste Konzerte, auf denen er eigene Kompositionen vorstellte.

1853 traf Brahms eine folgenreiche Entscheidung. Freunde überredeten den jungen Musiker, sein Idol Robert Schumann aufzusuchen. Er besuchte den Komponisten in Düsseldorf. „Zu diesem Zeitpunkt war Schumann bereits todkrank, er litt an Syphilis“, erläuterte Bhakdi. Vom Klavierspiel des jungen Mannes war Schumann so begeistert, dass er nach wenigen Takten aufsprang und mit den Worten „Das muss Clara hören!“ seine Ehefrau holen ließ. Auch sie war von Brahms Klavierspiel „sehr gerührt“ und schrieb später in ihr Tagebuch, er sei „wie eigens von Gott gesandt“. Schumann erkannte das musikalische Talent und notierte knapp: „Brahms zu Besuch, ein Genius“.

Wenige Monate nach dieser ersten Begegnung des damals 20-jährigen Brahms mit der 13 Jahre älteren Clara Schumann versuchte sich Robert Schumann, der an starken Halluzinationen litt, Ende Februar 1854 das Leben zu nehmen. Daraufhin ließen seine Ehefrau und Brahms ihn in eine Nervenheilanstalt einliefern. Der junge Musiker zog ins Haus der Schumanns und betreute die insgesamt sieben Kinder. „In dieser Zeit verliebten sich die beiden ineinander und wurden schließlich ein Paar“, berichtete Bhakdi. Der behandelnde Arzt von Robert Schumann kannte die Diagnose Syphilis, hielt sie aber streng geheim und reichte alle Akten zu diesem berühmten Fall unter dem Siegel der Verschwiegenheit an seine Kinder weiter. Erst ein Enkel des Mediziners veröffentlichte die Unterlagen, um den Vorwurf zu entkräften, der lange Zeit gegen Brahms und Clara Schumann bestand, die beiden hätten den Ehemann aus egoistischen Gründen in die Anstalt einliefern lassen.

In dieser Zeit schrieb Brahms eine Reihe von Kammermusikstücken, „Liebeserklärungen in Tönen“, wie etwa das Streichsextett Nr. 1 in B-Dur, op.18. „In meinen Tönen spreche ich zu Dir“, schrieb Brahms in einem Brief an Clara. Doch die beiden standen unter enormem Druck der Öffentlichkeit, weshalb sie sich schließlich – hauptsächlich auf Wunsch von Clara Schumann – trennten. Brahms zog fort, feierte große Erfolge als Pianist und Komponist und ging schließlich 1863 nach Wien, wo er über zwölf Jahre zuerst die Wiener Singakademie und dann den Wiener Singverein leitete. Immer wieder kehrte Brahms für einige Wochen ins Haus der Schumanns zurück, musizierte und unterrichtete die Kinder.

Erst als Clara eine Stelle in Berlin annahm und somit zu weit entfernt wohnte, konnte Brahms sie nicht mehr besuchen. „Er ließ sich gehen, wurde dick und rauchte übermäßig viel“, sagte Bhakdi.

In der Stadt Meiningen, nahe Fulda, fand Brahms in Fürst Georg II einen Förderer, der ihm ein hohes Gehalt ohne jegliche Verpflichtungen zahlte. Hier komponierte Brahms seine späten Werke, von denen er viele für Clara schrieb. Ein letztes Mal besuchte er sie 1895 in Berlin. Sie war mittlerweile 75 Jahre alt und schwer krank. Nach ihrem Tod im Mai 1896 war Brahms ein „alter und gebrochener Mann“, erklärte Bhakdi. Er nahm stark ab. Sein Arzt, alarmiert von dem rasanten Gewichtsverlust und der gelblichen Hautfarbe, untersuchte Brahms gründlich und stellte schließlich die Diagnose: Pankreaskopfkarzinom. Im April 1897 starb Brahms völlig abgemagert an den Folgen der Krankheit.

 

Wider die Unwissenheit Der Vortrag ist Teil der Vorlesungsreihe „Krankheiten berühmter Persönlichkeiten“ der Universität Mainz, die immer montags von 17 bis 18 Uhr stattfindet und für jedermann offen ist. Professor Dr. Sucharit Bhakdi rief diese Vorlesungsreihe ins Leben, um gegen den „Verfall der Allgemeinbildung“ anzukämpfen. Mittlerweile hat sich sein Projekt zu einer der bestbesuchten Vorlesungen mit über 250 Zuhörern entwickelt. Weitere Persönlichkeiten, deren Leben und Sterben vorgestellt werden, sind unter anderem Dostojewski, Lenin und Beethoven.

 

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