Pharmazeutische Zeitung online

Thrombin ist eine faszinierende Zielscheibe

02.06.2003  00:00 Uhr
Pharmacon Meran 2003

Thrombin ist eine faszinierende Zielscheibe

Heparine und Vitamin-K-Antagonisten waren über viele Jahrzehnte hinweg die einzigen verfügbaren Antikoagulanzien. Obwohl die beiden Substanzgruppen von enormem medizinischen Nutzen sind, weisen sie doch einige Nachteile auf, sagte Professor Dr. Dr. Sylvia Haas von der Technischen Universität München.

So beginnt und endet die Wirkung mit einer Verzögerung, die bei einer Therapie einkalkuliert werden muss. Außerdem gehen beide Stoffgruppen Wechselwirkungen mit anderen Arzneistoffen und Nahrungsmitteln ein. Auch das Monitoring der Gerinnungsfähigkeit durch regelmäßige Bestimmung des International Normalized Ratio (INR) ist problematisch. Ein weiterer Nachteil der Vitamin-K-Antagonisten ist, dass eine Therapie mit diesen Substanzen, obwohl sie schon seit Jahrzehnten in Gebrauch sind, immer noch einen Drahtseilakt darstellen, sagte die Referentin. Bei einer Überdosierung drohen lebensgefährliche Blutungen, bei einer Unterdosierung Thromboembolien. Die Patienten seien schwierig einzustellen. Die Therapie gleiche dem Steuern eines Ozeandampfers – nach einer kleinen Bewegung mit dem Steuer dauere es sehr lange, bis sich der Kurs ändert.

„Wir brauchen neue, schnell wirksame Antikoagulanzien“, erklärte Haas daher. Die Entwicklung neuer gerinnungshemmender Substanzen konzentrierte sich in den letzten Jahren vor allem auf die Targets Gerinnungsfaktor X und Thrombin. Letzteres ist der zentrale Faktor der Blutgerinnung und „eine faszinierende Zielscheibe“ für neue Pharmaka, so Haas. Thrombin katalysiert nicht nur den letzten Schritt der Fibrinsynthese, die Umwandlung von Fibrinogen zu Fibrin, es aktiviert auch Faktor XI, der eine bedeutende Rolle im Gerinnungsprozess spielt, und reguliert seine eigene Synthese. Als potentester Thrombozytenaktivator bildet Thrombin ein ideales Target für Thrombininhibitoren.

Mit Hirudin, das mittlerweile auch rekombinant hergestellt wird, und Bivalirudin stehen bereits Thrombininhibitoren zur Verfügung, die allerdings parenteral angewandt werden müssen, das Enzym irreversibel hemmen und ein enges therapeutisches Fenster haben.

Der neu entwickelte Wirkstoff Melagatran, der demnächst auf den Markt kommen wird, ist ein niedermolekularer direkter Thrombininhibitor, berichtete Haas. Er bindet ausschließlich an das aktive Zentrum des Enzyms und blockiert nicht die beiden anderen Zentren Exosite 1, die Fibrinerkennungsregion, und Exosite 2, die Heparinbindungsstelle. Es wird peroral in Form des Prodrugs Ximelagatran verabreicht, das eine Bioverfügbarkeit von 20 Prozent besitzt und über Esterase und Hydroxyamidin-Reduktasen zur aktiven Form Melagatran umgesetzt wird. Ein Vorteil des Wirkstoffs ist, dass er reversibel an das Enzym bindet und das aktive Zentrum von Thrombin daher wiederhergestellt werden kann.

Bisherige Studien zur Prävention und Therapie venöser Thromboembolien sowie zur Prävention des Schlaganfalls bei Patienten mit chronischem Vorhofflimmern haben viel versprechende Ergebnisse geliefert. Ein Vergleich mit dem Vitamin-K-Antagonisten Warfarin zeigte, dass Ximelagatran ein deutlich größeres therapeutisches Fenster hat. Es besitzt außerdem noch den Vorteil, dass es in fixer Dosierung ohne regelmäßige Gerinnungskontrollen eingesetzt werden kann. Die Wirkung tritt rasch ein, bereits nach zwei bis drei Stunden wird der maximale Spiegel erreicht. Da die Halbwertszeit relativ kurz ist, endet die Wirkung auch sehr schnell, weshalb die Substanz zweimal täglich gegeben werden muss. Neben den bisher getesteten Indikationen Prävention und Prophylaxe von venösen Thromboembolien und Schlaganfall-Prophylaxe bei Patienten mit Vorhofflimmern wird Melagatran auch auf seinen Nutzen bei weiteren Indikationen wie zum Beispiel der chronisch peripheren arteriellen Verschlusskrankheit, Myokardinfarkt, Patienten mit künstlichen Herzklappen, in der Onkologie oder in der Thrombophiliebehandlung untersucht.

 

Zurück zur Übersicht

 

Top

© 2003 GOVI-Verlag
E-Mail: redaktion@govi.de

Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
SENDEN
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.

Mehr von Avoxa