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Zytostatika individuell dosieren

14.06.2004  00:00 Uhr
. Pharmacon Meran 2004

Zytostatika individuell dosieren

In der Tumortherapie werden die meisten Zytostatika nach der Körperoberfläche des Patienten dosiert. Dieses Verfahren ist jedoch wenig rational. Eine individualisierte Dosierung, die sich an einer definierten Ziel-AUC des Arzneistoffs orientiert, bringt den Patienten klare Vorteile, erläuterte Privatdozentin Dr. Charlotte Kloft, Leiterin der Abteilung Klinische Pharmazie am Institut für Pharmazie der Freien Universität Berlin.

Monotherapien sind eine Rarität in der Tumorbehandlung. Meist werden zwei bis acht Arzneistoffe nach einem festen Schema kombiniert. In diesen Therapieprotokollen sind für jeden Wirkstoff Dosis und Applikationsart, Dosierungsintervall, Therapiedauer sowie zeitliche Abfolge der Kombipartner, Dauer und Wiederholung der Zyklen festgelegt.

Nur bei wenigen Wirkstoffen – zum Beispiel Bleomycin – wird eine absolute Dosis in Milligramm angegeben. Bei Kleinkindern unter einem Jahr dosieren die Mediziner Zytostatika oft nach Körpergewicht in mg/kg. In der Regel wird die Dosierung jedoch auf die Körperoberfläche (KOF) bezogen und in mg/m2 angegeben. Die KOF errechnet sich aus Körpergewicht und Körpergröße, wobei die Formel von DuBois auf Untersuchungen von 1916 an neun Erwachsenen basiert. Zu Grunde liegt die empirische Beobachtung, dass die KOF mit Organgröße und -funktion und dadurch auch mit der Clearance von Arzneimitteln korreliert, was für viele Zytostatika heute jedoch eher widerlegt als bewiesen ist. Als Standard-KOF gelten weltweit heute 1,73 m2, der „Standardmensch“ ist 1,75 m groß und 60 kg schwer. Alles wenig rational und nicht wissenschaftlich, resümierte die Apothekerin.

Die empirische Strategie führt oft nicht zum Erfolg. Auf Grund individueller Einflüsse, zum Beispiel Vorbehandlung, Organfunktion oder Genetik, variiert die Pharmakokinetik des Arzneistoffs im Körper. Manche Patienten sprechen gut an, andere kaum oder erleiden schwere Nebenwirkungen.

Eine Alternative bietet die Dosisanpassung anhand der gemessenen Organfunktion. Wenn ein Zytostatikum zu mehr als 30 Prozent renal ausgeschieden wird, sollte man die Dosis bei niereninsuffizienten Patienten reduzieren, erklärte Kloft am Beispiel von Bleomycin. Die volle Dosis wird bis zu einer Kreatininclearance größer 50 ml/min gegeben (normal 70 bis 130). Bei einem Wert zwischen 10 und 50 ml/min wird die Dosis auf 75 Prozent herabgesetzt. Ist die Nierenleistung noch geringer – das heißt, der Patient ist dialysepflichtig –, wird nur die Hälfte der Normdosis verabreicht. Schwieriger ist die Adaptation an die Leberfunktion, die für die Kinetik stark metabolisierter Arzneistoffe beeinflusst. Hier werden Parameter wie Transaminasen und Bilirubin in die Dosisfindung einbezogen.

Optimal ist eine maßgeschneiderte Dosierung nach der individuellen Exposition, gemessen als AUC (area under the curve) des Arzneistoffs im Blut des Patienten. Diese Individualisierung nach einer Ziel-AUC ist bislang nur für Carboplatin realisiert und zugelassen. Man rechnet hier nach der Calvert-Formel:

Dosis (mg) = Ziel-AUC x (Nierenfunktion + 25)

Die gewählte Ziel-AUC soll einen guten therapeutischen Effekt bei akzeptablen Nebenwirkungen gewährleisten. Sie liegt zwischen 4 und 6 mg x min/ml, wobei die niedrigeren Werte für vorbehandelte Patienten gelten. Berücksichtigt werden müssen somit die jeweilige Nierenfunktion (korreliert mit der Carboplatin-Elimination) sowie die Vorbehandlung (korreliert mit der Myelosuppression). Der Faktor 25 bezieht den nicht renal eliminierten Anteil der Carboplatin-Dosis in die Formel ein.

Studien haben gezeigt, dass die Dosisindividualisierung dem einzelnen Patienten direkt nützt. Nach Klofts Ansicht wäre ein solches Vorgehen auch bei Arzneistoffen mit geringer therapeutischer Breite wie Antiepileptika oder Antiarrhythmika wichtig. /

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