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Wie Tumoren entstehen und zu bekämpfen sind

14.06.2004  00:00 Uhr
. Pharmacon Meran 2004

Wie Tumoren entstehen und zu bekämpfen sind

Die Ätiologie der Tumorerkrankungen ist ausgesprochen komplex, sagte Professor Dr. Theodor Dingermann vom Institut für Pharmazeutische Biologie der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt. Erbliche Faktoren sind ebenso für die Tumormanifestation verantwortlich wie exogene Ursachen, zu denen ionisierende Strahlen, chemische Karzinogene und bestimmte Viren zählen.

Häufig kommt es bei wiederholter Exposition mit diesen Faktoren zu Veränderungen im genetischen Material einer individuellen Zelle, wobei regulatorische Mechanismen so verändert werden können, dass die Wachstumskontrolle verloren geht und der Zellklon Gewebsgrenzen ignoriert. Tumore sind zwar eine genetische Erkrankung aber keine Erbkrankheit, machte Dingermann deutlich.

Die Wachstumskontrolle geht dann verloren, wenn Wachstumsaktivatoren nicht mehr inaktiviert oder wenn Wachstumsinhibitoren nicht mehr aktiviert werden können. In einer Tumorzelle ist meistens beides zu finden. Dabei verursachen letztendlich Mutationen in den Genen die Störungen der Wachstumskontrolle. Derartige Gene bezeichnet man entweder als Proto-Onkogene oder als Tumor-Suppressorgene.

Proto-Onkogene sind essenzielle Gene, die regulatorische Funktionen in Wachstums-, Differenzierungs- und Entwicklungsprozessen normaler Zellen steuern. Werden sie inaktiviert, kann die Zelle nicht mehr überleben. Werden sie verändert, so entstehen Onkogene, die dafür verantwortlich sind, dass die Zelle ihre Wachstumskontrolle verliert.

Die von Tumor-Suppressorgenen codierten Proteine verhindern die Zellproliferation. Tumorrelevanz erlangen diese Genabschnitte dann, wenn beide Allele einer diploiden Zelle defekt sind. Solange nur eines defekt ist, kann das noch intakte Allel eines Tumor-Suppressorgens noch so viel zytostatische Faktoren produzieren, dass die Proliferation unter Kontrolle bleibt.

Dingermann betonte allerdings, dass Krebs niemals nur durch ein einziges Ereignis verursacht wird, sondern dass Tumorzellen in der Regel massiv genetisch geschädigt sind und man mehrere aktivierte Onkogene und meistens auch den kompletten Verlust von mindestens einem der bekannten Tumor-Suppressorgene findet.

Diese neuen Erkenntnisse der Tumorforschung lassen sich diagnostisch nutzen. So kann eine Prädisposition für eine Tumorerkrankung abgeleitet werden, wenn der Allelverlust eines Tumor-Suppressorgens oder eine funktionelle Aktivierung beziehungsweise eine Amplifikation eines Proto-Onkogens nachzuweisen ist.

Die Erkenntnisse der modernen Tumorforschung haben einen Paradigmenwechsel in der Therapie eingeleitet, erklärte Dingermann. Während die klassischen Therapieformen, wie Operation, Strahlentherapie und Chemotherapie, ausschließlich die Eliminierung der Tumorzelle zum Ziel haben, sind die neuen Ansätze darauf gerichtet, eine Wachstumsinhibition zu erreichen. Die Arzneimittelforschung folge dem Konzept „Stoppen statt Töten“. Spezifische Wirkstoffe sollen die Signaltransduktionskette unterbrechen, die permanent Proliferationssignale in die Tumorzelle leitet. Antihormone wie Tamoxifen hätten bereits dieses Konzept verfolgt. Neuere Beispiele sind die Inhibitoren von Rezeptor-Tyrosinkinasen wie Imatinib oder Antikörper wie Rituximab oder Herceptin mit jeweils unterschiedlichen Spezifikationen und Modifikationen. Voraussetzung für den Einsatz dieser modernen Arzneimittel, die in der Regel teuerer sind als die klassischen Chemotherapeutika, ist nach Meinung Dingermanns eine möglichst genaue Diagnose, die den Einsatz rechtfertigt. Er forderte daher, jede Tumortherapie im Rahmen einer Studie stattfinden zu lassen. /

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