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Plastik setzt hormonell aktive Substanzen frei

20.11.2000  00:00 Uhr

Plastik setzt hormonell aktive Substanzen frei

von Ulrike Wagner, Eschborn

Das Umweltbundesamt fordert, die Verwendung von Bisphenol A einzuschränken. Bei der hormonell wirksamen Substanz handelt es sich um ein Ausgangsprodukt für Kunststoffe. Eine internationale Tagung am Universitätsklinikum Benjamin Franklin der Freien Universität Berlin beschäftigte sich Anfang der Woche mit dem Thema.

Bisphenol A wird von der chemischen Industrie für die Produktion von Polycarbonat und Epoxyharzen hergestellt. Es ist Ausgangsstoff für Plastikverpackungen, Babyflaschen aus Plastik, Innenbeschichtungen von Konservendosen sowie zahnmedizinisches Material und inzwischen überall in der Umwelt nachweisbar.

Die estrogene Wirkung der Substanz sei schon seit den 30er Jahren bekannt, sagt Dr. Andreas Gies vom Umweltbundesamt in einer Pressemitteilung. Aber erst als Wissenschaftler beobachteten, dass Bisphenol A aus Plastikschalen in Zellkulturen übertrat und dort hormonelle Wirkungen zeigte, begannen mehrere Arbeitsgruppen, sich mit den Effekten dieses Stoffes zu beschäftigen. Bis zum Ende der 90er Jahre seien mehrmals die Risiken für Umwelt und Gesundheit bewertet worden. Die Einschätzung der Behörden hatte regelmäßig ergeben, dass die Stoffkonzentrationen in der Umwelt mehrere Größenordnungen unter denen lagen, bei denen eine Gefahr zu vermuten sei.

Allerdings fanden amerikanische Wissenschaftler bei Mäusen, dass Bisphenol A bereits in sehr viel niedrigeren Dosen hormonell wirkt. Mehrere andere Universitätslabors seien zu ähnlichen Ergebnissen gekommen, meldet das Umweltbundesamt. Bisher nicht erklärbar bleibt, warum die Hersteller in streng qualitätskontollierten Studien diese Ergebnisse nicht reproduzieren konnten.

Ähnliches scheint sich bei der Prüfung der hormonellen Wirkung dieses Stoffes auf frei lebende Organismen anzubahnen. Auch hier deuten neue Untersuchungen an, dass niedrige Dosen ähnliche Effekte bei Amphibien und Weichtieren hervorrufen. Sollten sich diese Ergebnisse bestätigen, wäre mit Effekten auf frei lebende Tier bei Konzentrationen zu rechnen, wie sie in der Umwelt vorkommen. Laut dpa-Berichten wies der Verband der chemischen Industrie die Untersuchungen als nicht ausgewogen zurück.

Gies hält es für unverantwortlich, solche Testergebnisse abzuwarten und fordert die Verwendung von Bisphenol A schon vorher einzuschränken. Seine Begründung: Mehrere große Studien haben in den letzten Jahren gezeigt, dass sich die Qualität der Spermien deutscher Männer zunehmend verschlechtert. Auch die Krebsregister lieferten Hinweise: Hormonabhänige Krebsarten wie Hoden- oder Brustkrebs nehmen weiter zu. In deutschen Flüssen finde man auf weiten Strecken Fischmännchen mit Symptomen von Verweiblichung. Es gebe Anzeichen, dass Umweltchemikalien an der Entstehung dieser Phämomene beteiligt sind.

Hauptrisikogruppe für hormonell aktive Substanzen sind Kinder, betonte Professor Dr. Ibrahim Chahoud, Institut für Toxikologie der FU Berlin. Sind männliche Feten hormonellen Störungen ausgesetzt, kann es im Erwachsenenalter zu einer verminderten Spermienproduktion beziehungsweise Zeugungsfähigkeit kommen. Die Effekte seien allerdings wegen der langen Zeitspanne zwischen der Exposition während der Schwangerschaft und der Manifestation nur in seltenen Fällen nachweisbar. Top

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