Diabetes-Epidemie in Deutschland |
06.09.2004 00:00 Uhr |
Diabetes mellitus breitet sich weiter aus. Derzeit leben 6 Millionen Patienten in Deutschland, 90 Prozent davon sind Typ-2-Diabetiker. Bis zum Jahr 2010 werden es 10 Millionen Betroffene sein, die die Krankenversicherungen mit etwa 40 Milliarden Euro pro Jahr belasten werden. Das Lebenszeitrisiko, einen Diabetes zu entwickeln, liegt für die heute Geborenen bei 35 Prozent, sagte Professor Dr. Eberhard Standl, Vizepräsident der Europäischen Diabetes-Gesellschaft (EASD), im Vorfeld des 40. EASD-Jahreskongresses in München.
30 bis 40 Prozent der Bevölkerung haben eine erbliche Veranlagung für die Stoffwechselstörung. Angetrieben wird die Epidemie von Übergewicht und mangelnder Bewegung. Bereits jetzt könne man von einer dreifachen Epidemie sprechen: Übergewicht, Diabetes und Herz-Kreislauf-Krankheiten gehen miteinander her. Ein Bindeglied zwischen ihnen könne das kürzlich entdeckte Adiponectin sein. Wenn die Fettspeicher des Körpers gut gefüllt sind, werde dieses Hormon herunterreguliert, erklärte Standl im Münchner Presse-Club. Damit sinke die Empfindlichkeit der Zielgewebe gegenüber Insulin. Auf Gefäßebene könne eine endotheliale Dysfunktion entstehen.
Die Ursachen eines Diabetes sind noch unbekannt, sagte EASD-Direktor Dr. Viktor Jörgens. Bislang seien nur Manifestationsfaktoren zu beeinflussen – dies aber effektiv. Wird die Erkrankung auf der Stufe der gestörten Glukosetoleranz entdeckt, kann das Ausbrechen des Typ-2-Diabetes um mindestens zehn Jahre hinausgezögert werden. Voraussetzung ist, dass der Patient 7 Prozent oder 5 kg vom Ausgangskörpergewicht abnimmt und jede Woche mindestens 150 Minuten lang körperlich aktiv ist. Traurige Realität: Die Diagnose Diabetes wird meist 5 bis 10 Jahre zu spät gestellt, wenn die Patienten bereits Folgeerkrankungen, speziell an Herz und Niere, haben, beklagte Standl. Vier von fünf Herzinfarktpatienten leiden an Diabetes mellitus oder einer gestörten Glukosetoleranz.
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